«Ricky» von François Ozon mit fliegendem Baby

Das fliegende Baby in «Ricky»

Kinder sind Engel. Dieser Ansicht sind zumindest sicher nicht wenige Eltern – egal wie ungezogen oder einfach unerzogen ihre Bengel sind. Mit ganz besonderen Schwierigkeiten bei der Aufzucht ihres Nachwuchses sehen sich die Hauptfiguren aus «Ricky» von Regisseur und Drehbuchautor François Ozon konfrontiert. Dieser Bengel ist nämlich wirklich ein Engel oder zumindest etwas ähnliches.

Katie (Alexandra Lamy) ist eine ganz normale Frau, die ihre Tochter Lisa (Mélusine Mayance) am Morgen in die Schule bringt und dann zur Arbeit geht. Dort begegnet sie eines Tages Paco (Sergi López), einem ganz normalen Mann. Katie und Paco verlieben sich leidenschaftlich ineinander und konsumieren ihre Liebe gleich einmal auf der Toilette der Fabrik, in der sie arbeiten. Das Resultat der unverhüteten Leidenschaft: das alles andere als normale Kind Ricky.

Sergi López, Alexandra Lamy und das fliegende Baby in «Ricky»

Zunächst ist das Familienleben in neuer Konstellation noch ungestört. Doch Ricky stellt sich als «schwieriges» Kind heraus. Durch sein Geschrei stellt es die Nerven der Eltern auf eine harte Probe. Als dann Katie auf dem Rücken von Ricky Blutergüsse entdeckt, beschuldigt sie Paco, das gemeinsame Kind misshandelt zu haben. Der zieht seine Konsequenzen und verlässt Katie und sein Kind. Erst später stellt sich heraus, dass Ricky Flügel wachsen. Und je grösser sie werden, umso stärker wird seine Fluglust.

Die Ausgangslage von diesem Film bietet an und für sich reichlich Gelegenheit für absurde Szenen. Doch Ozon beschränkt sich auf wenige skurrile Momente (die Vermessung der Flügel eines Huhns, das entflogene Baby im Supermarkt) und hält auch in der zweiten Hälfte des Films den Gestus des Sozialdramas aufrecht. So erscheint «Ricky» ein wenig wie ein Kommentar von Ozon über die soziale Bedeutung des Kinderhabens und die (übertriebene) mediale Aufmerksamkeit, die ihr gegenwärtig geschenkt wird.

Als Schauspielerfilm und Charakterdrama vermag «Ricky» durchaus zu entzücken. Doch irgendwie fehlt diesem Geflügel trotzdem ein wenig das Fleisch am Knochen. Die ausgefallene Handlung macht Lust auf überraschende Augenblicke. Doch Ozon lässt zwar der Titelfigur die Flügel ungehemmt wachsen (tricktechnisch wunderbar umgesetzt), die Inszenierung bleibt aber eben auf die Erzähltechnik des Sozialdramas beschränkt. Logisch: Das fliegende Baby muss man fast gesehen haben. Aber durch eine Portion mehr märchenhafte Fantasie wäre der Film letztlich ein erfüllenderes Erlebnis gewesen.

Fazit: «Ricky» ist ein aussergewöhnliches Sozialdrama, aber nur ein beschränkt überzeugender Fantasy-Streifen.

Bewertung: 3 Sterne

(Fotos: ©Filmcoopi Zürich AG)

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