Lärm im Kopf. Das haben Filmjournalisten, wenn sie sich zu viele Filme angesehen haben, über die sie noch schreiben möchten. Lärm im Kopf hat auch die Hauptfigur aus dem entsprechend benannten Drama «Du bruit dans la tête» von Vincent Pluss. Der Lärm sind widerspenstige Gedanken, die sich aber nicht nur im Kopf befinden, sondern in unpassenden Momenten auch geäussert werden.
Die 30-jährige Laura (Céline Bolomey) arbeitet nach dem Abschluss ihres Studiums und ihrer Rückkehr nach Genf probeweise als Journalistin. Auf der Redaktion fühlt sie sich allerdings nicht sonderlich wohl, da sie sich nicht akzeptiert fühlt. Eines Abends trifft sie auf dem Heimweg den Gratiszeitungsverkäufer Simon (Gabriel Bonnefoy). Sie lädt ihn zu einem Imbiss ein und bietet ihm schliesslich bei sich zu Hause eine Unterkunft an. So hat sich ein seltsames Paar gefunden.
Simon ist ein Ausreisser. Er ist nach Genf geflüchtet und versteckt sich dort hinter durchschaubaren Lügen, um nicht nach Hause geschickt zu werden. Laura erkennt sich im Schicksal des Jungen wieder. Sie fühlt sich nicht zuletzt wegen ihren Gedankenausbrüchen mit Simon verbunden. Zu anderen Personen kann sie kaum eine vernünftige Beziehung aufbauen. Auch nicht mit ihrem Ex-Freund Jérôme (Frédéric Landenberg) oder mit dem eines Tages auftauchenden Bruno (François Nadin), dem Onkel von Simon.
Regisseur Vincent Pluss thematisiert in «Du bruit dans la tête» die Belastung der Einzelperson in der modernen Gesellschaft. Behutsam dringt er in den Kopf seiner Hauptfigur ein und schildert vielfältig ihre Orientierungslosigkeit, ihre unkontrollierte Abtrennung von den übrigen Menschen. Nahe an der Person macht Pluss den Zustand von Laura unmittelbar erlebbar, bietet sozusagen einen Blick in ihren Kopf. Wunderbar unangenehm und verunsichernd ist das intime Erlebnis.
Das von Patrick Claudet und Vincent Pluss verfasste Drehbuch entstand in Proben mit den Schauspielern. Céline Bolomey wurde auf Grund dieser Rolle zu einem der europäischen Shooting Stars von 2009 gewählt und wurde zudem im März 2009 absolut verdient mit dem Schweizer Filmpreis für die beste Schauspielerin ausgezeichnet. Aber auch die übrigen Darsteller tragen zur gelungenen Wirkung des Films bei, allen voran der junge Gabriel Bonnefoy, der als Gegenpol zu Laura kritisch beobachtend in ihr Leben eindringt. Ein grossartiger Schauspielerfilm, und ein eindrückliches Porträt einer jungen Frau. Und ich habe jetzt den Lärm in meinem Kopf ein wenig reduziert.
Fazit: «Du bruit dans la tête» ist ein einfühlsames und eindringliches Drama über Menschen im Kampf mit dem Druck der Gesellschaft.
Bewertung:
(Fotos: ©Frenetic)