I am the original Sam!
Wenn es einen Schauspieler gibt, der ruhig ein wenig geklont werden sollte, dann ist das Sam Rockwell. Er ist kein wirklich auffälliger Schauspieler, und wird vermutlich nie ein Star werden. Dafür kann er in seinen sorgfältig ausgesuchten Rollen immer überzeugen, sei das in Hauptrollen in «Snow Angels» und «Joshua» oder in bedeutenden Nebenrollen in «The Hitchhiker’s Guide to the Galaxy», «Frost/Nixon» und «The Assassination of Jesse James by the Coward Robert Ford». Begeistern kann er auch in der vielfältigen Hauptrolle im Science-Fiction-Thriller «Moon».
Astronaut Sam Bell (Rockwell) lebt auf der entfernten Seite des Mondes. Er hat sich für drei Jahre verpflichtet, für Lunar Industries die Mondstation Sarang zu betreiben. Dort wird Helium-3 abgebaut, das auf der Erde durch Kernfusion eine saubere Erzeugung von Energie ermöglicht. Die einsame Aufgabe wird durch die defekte Satellitenverbindung zur Erde noch zusätzlich erschwert. So sind nur aufgezeichnete Übertragungen möglich. Sein einziger direkter Kontakt ist der in der Station für den reibungslosen Alltag zuständige Computer Gerty (Stimme von Kevin Spacey).
Wenigstens dauert der Vertrag nur noch zwei Wochen. Dann kann er auf die Erde zu seiner Frau und seiner dreijährigen Tochter zurück. Doch langsam beginnt die Einsamkeit an den Kräften von Sam zu zehren. Er sieht Halluzinationen und auch sonst lässt ihn sein Körper langsam im Stich. Bei einer Kontrollfahrt kommt es beinahe zu einem tödlichen Unfall. Zurück in der Station beginnt sich Sam zu erholen. Da stellt er plötzlich fest, dass ein Fahrzeug fehlt. Als er sich zur Unfallstelle begibt, findet er dort eine weitere Person.
Wer nicht erfahren möchte, was sich in der Folge abspielt, überspringt einfach einmal diesen Abschnitt. Die andere Person ist scheinbar ein Klon von Sam. Wer nun das Original und die Kopie ist, steht in der Folge im Zentrum der Handlung. Beide beanspruchen für sich, der Original-Sam zu sein und somit auch das Recht auf die Rückkehr zur Erde. Beide versuchen für sich herauszufinden, was genau das Unternehmen auf der Mondstation beabsichtigt hat. Wurden etwa für die Reduktion der Kosten Klone erschaffen, die nach ihrer dreijährigen Tätigkeit einfach ersetzt werden? Und welche Rolle spielt dabei Gerty?
Regisseur Duncan Jones hat mit seinem Spielfilmdebüt ein visuell verblüffendes Drama geschaffen. Er erinnert damit an die grossen Science-Fiction-Klassiker «2001: A Space Odyssey», «Alien» und «Silent Running». Den Vergleich muss Jones weder formal, noch inhaltlich scheuen. Obschon für die Umsetzung nur beschränkte Mittel zur Verfügung gestanden sind (im Presseheft wird ein Budget von 5 Millionen Dollar genannt), entstand durch kluge Kombination von Modellen und digitalen Effekten optisch glaubhafte und gestalterisch wunderschöne Mondlandschaften. So sollten Science-Fiction-Filme aussehen.
Einerseits ist durch die behutsame Entwicklung der Handlung für Spannung gesorgt – sofern beim Betrachter ausreichend Neugier vorhanden ist. Andererseits wagt es Jones, in seinen Science-Fiction-Film in bester Genre-Tradition philosophische Fragen über die menschliche Existenz zu verpacken. Wie definiert sich ein Mensch? Wie überstehen wir eine Konfrontation mit dem eigenen Ich? Sind Emotionen reproduzierbar? Nicht zuletzt: Ist das Vorgehen des Unternehmens gerechtfertigt?
«Moon» ist nicht zuletzt eine ideale Plattform für Sam Rockwell, der in der Rolle glänzt. In einer Variante gibt er sich langsam dem Zerfall von Körper und Geist hin. Genüsslich lässt er sein Auftreten von der sich auflösenden Kraft steuern. Für solche zittrigen Rollen ist er ansonsten bekannt. In der anderen Verkörperung erinnert er dafür mit seinem Tatendrang und seiner Entschlossenheit schon fast ein wenig an Tom Cruise aus «Top Gun». Ob fiebrig oder energisch, intensiv stellt Rockwell beide Versionen von Sam dar. Eine vorzügliche Parforce-Leistung.
Fazit: «Moon» ist ein packender Science-Fiction-Thriller, der formschön wissenschaftliche Möglichkeiten hinterfragt.
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