Heute schon eine Pause gemacht? So eine richtige, ohne Zigarette oder WC-Besuch. Einfach nur fünf oder zehn Minuten dasitzen und ausspannen. Ist so etwas überhaupt noch möglich? Oder nötig? Diesen Fragen geht Dieter Gränicher in seinem Dokumentarfilm «Pausenlos» nach. Er versucht, anhand von Einzelschicksalen das Phänomen der Pausenlosgkeit zu ergründen.
Eine Informatikerin berichtet, wie sie ohne Unterbruch an ihrer Arbeit sitzt und erst am Abend wirklich abschalten kann. Den Sportgeschäftsinhabern Ana Elisa und Andres Gomez läuft nach der Überflutung ihres Ladens die Zeit davon. Und doch bringt es ihnen nichts, wenn sie das renovierte Geschäft öffnen, bevor nicht auch die übrigen Läden in der Einkaufszone ihren Betrieb wieder aufnehmen.
Diese Momentaufnahmen dienen Gränicher als Beispiele für den Umgang mit der Zeit. Der wohl prominenteste Interviewpartner ist der ehemalige Skirennfahrer Didier Plaschy, der nun als Trainer seine Philosophie der Zeit weitergibt. Für ihn gibt es unterschiedliche Zeitwahrnehmungen. So kann er sich vom Start eines Slaloms direkt ins Ziel transportieren oder aber den Lauf in Zeitlupe vorbereiten.
Als wissenschaftlicher Anker verknüpft der Zeitforscher Karlheinz A. Geissler die einzelnen Geschichten und Erfahrungen und gibt so prägnante Bemerkungen wie «Pausen müssten unter Artenschutz gestellt werden» von sich. Ganz überzeugen kann Geissler mit seinen Beobachtungen nicht immer, zumal sie manchmal reichlich zusammenhangslos wirken. Einige treffende Feststellungen macht er aber trotzdem, etwa dass die Pausen immer organisierter werden. Anstatt mit Raum für wirkliche Erholung werden sie ökonomisch «wertvoll» mit Tai-Chi-Kursen, Yoga oder Meditation gefüllt.
In der zweiten Hälfte verlässt der Film für eine Weile den Pfad der Analyse und begibt sich mit zwei gestressten Frauen auf den esoterisch-spirituell angehauchten Weg ins Rückzugskloster. Auch dies ist eine Möglichkeit, um der Zeitlosigkeit der modernen Gesellschaft zu begegnen. Am Schluss wird die Bedeutung der Zeit durch einen Forstwart relativiert: «Zeit ist für den Wald eigentlich egal.» Für die Menschen an sich auch.
«Pausenlos» ist gemäss Regisseur Gränicher «ein Plädoyer für die Kunst des Atemholens neben dem oft selbst auferlegten Leistungs- und Zeitdruck.» Diesen Anspruch löst er ganz bestimmt ein. Seiner eigenen Forderung folgend bietet er neben Aussagen der Porträtierten auch genügend Pausen ein, etwa durch eine Katze, die sich an einem Ast kratzt, oder durch Liebespaare am See. Und wenn das Thema der zeitlosigkeit ein wenig beliebig behandelt wird, dann liegt das wohl an seiner Vielfältigkeit. Eine Sekunde kann sich schliesslich manchmal wie eine Minute anfühlen.
Fazit: «Pausenlos» ist ein kurzweiliger Dokumentarfilm über die unterschiedlichen Wahrnehmungen und Umgangsformen mit der Zeit.
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