«Chloe» von Atom Egoyan und Erin Cressida Wilson

Julianne Moore und Amanda Seyfried in «Chloe»

Does this turn you on?

Alles hat sie perfekt für das rauschende Geburtstagsfest von ihrem Mann vorbereitet. Doch während sich die Gäste bereits bestens amüsieren, ruft er sie an, um ihr mitzuteilen, dass er seinen Flug verpasst hat. Versehen oder Absicht? Wahrheit oder Lüge? Die missglückte Geburtstagsfeier ist der Ausgangspunkt für den erotischen Thriller «Chloe» von Regisseur Atom Egoyan und Drehbuchautorin Erin Cressida Wilson («Fur: An Imaginary Portrait of Diane Arbus»), der verlockend in die Abgründe weiblichen Zweifelns und Verlangens führen.

Catherine Stewart (Julianne Moore, «Children of Men») hat eigentlich alles, was sie sich wünschen kann. Eine eigene Praxis als Gynäkologin, ein Traumhaus in einem ruhigen Quartier von Toronto, den talentierten Sohn Michael (Max Thieriot) und den leidenschaftlichen Mann David (Liam Neeson). Nur fragt sich Catherine eben, ob die Leidenschaft von David langsam nicht stärker seinen Studentinnen und anderen jungen Frauen gilt. Als er seine eigene Geburtstagsfeier verpasst, möchte sie endlich erfahren, ob mehr dahinter steckt. Eine Nachricht auf seinem Telefon bestätigt den Verdacht.

Catherine wendet sich an die verführerische Sexarbeiterin Chloe (Amanda Seyfried, «Mamma Mia!»). Sie soll David treffen, um herauszufinden, wie leicht verführbar er ist. Da die erste Begegnung völlig harmlos verläuft, ist Catherine fast ein wenig enttäuscht. Sie schickt Chloe noch einmal los und erhält schliesslich die erwartete Rückmeldung. Chloe berichtet, wie sie und David in einer ruhigen Ecke eines exotischen Gewächshauses geküsst haben und sie ihn mit der Hand befriedigt habe. Unter der Dusche malt sich Catherine die Szene aus. Langsam entgleitet ihr die Kontrolle über die Situation.

Amanda Seyfried und Liam Neeson in «Chloe»

Nach «Exotica» und «Where the Truth Lies» wendet sich der kanadische Regisseur Atom Egoyan in «Chloe» also einmal mehr sexuellen Obsessionen, gefährlichen Verlangen und unbefriedigten Bedürfnissen zu. Dabei beginnt die Geschichte noch ganz nüchtern. Die von Julianne Moore gespielte Gynäkologin erklärt einer Patientin, dass ein Orgasmus nichts Magisches sei, sondern lediglich die Kontraktion von Muskeln. Doch in ihrem Privatleben gelingt ihr die Unterscheidung zwischen Sex und Liebe verständlicherweise nicht ganz so einfach.

Das intime Drama analysiert eindringlich die Stolperfallen einer mehrjährigen Beziehung, in der die frühere lustvolle Leidenschaft durch ruhige Routine ersetzt wurde. Obschon sie sich ein Haus und ein Bett teilen, leben die Ehepartner nicht mehr wirklich miteinander, sondern eher nebeneinander. Durch diese Vernachlässigung schleicht sich bei Catherine langsam der Verdacht ein. Nicht einmal in ihrer Funktion als Mutter fühlt sich Catherine von ihrem beinahe erwachsenen Sohn noch benötigt. So flüchtet sie sich in ihre Vorstellungen und findet ihre Erfüllung. Fast schon wie in einem Thriller von Alfred Hitchcock entwickelt sich dieses gefährliche Spiel der einsamen Ehefrau.

Stilvoll inszeniert Egoyan diese Geschichte zwischen Vertrauen und Verlockungen und vertraut dabei auf seine gewohnten technischen Künstler. Elegant verfolgt die Kamera von Paul Sarossy das Geschehen. Die Musik von Mychael Danna sorgt für zusätzliche Spannung und wird durch Lieder von Raised by Swans stimmungsvoll ergänzt. Exquisit sind aber auch zweifellos die drei intensiven Hauptdarsteller. Besondere Beachtung verdient die teilweise unerwartete Mimik von Amanda Seyfried, durch die sie vor allem in den Szenen mit Julianne Moore eine verunsichernde Komponente hinzufügt.

Die Geschichte basiert übrigens für einmal nicht auf eine eigene Idee von Egoyan, sondern ist das Remake des französischen Dramas «Nathalie». Da ich die Vorlage nicht gesehen habe, kann ich das Remake auch nicht mit ihr vergleichen.

Fazit: «Chloe» ist ein sowohl visuell als auch intellektuell verführerischer Thriller über die Gefahren von irregeführten Gefühlen.

Bewertung: 5 Sterne

(Bilder: © Frenetic Films)

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