«Robin Hood» von Ridley Scott mit Russell Crowe

Russell Crowe in «Robin Hood»

Rise and rise again, until lambs become lions.

Wenn in Hollywood die Ideen ausgehen, bedienen sich die Filmemacher gerne bei bewährten Produkten. So spannt Russell Crowe nun den Bogen in «Robin Hood». Immerhin sind schon beinahe 20 Jahre vergangen, seit Kevin Costner in der gleichen Rolle seiner Marian – unterstützt durch Bryan Adams – geschworen hat: «Everything I do, I do it for you». Regisseur Ridley Scott setzt hingegen mehr auf Mittelalter-Rock als Schmusepop. Damit zudem keine Langeweile aufkommt, hat er sich mit Drehbuchautor Brian Helgeland («Payback») darum bemüht, die Geschichte neu zu interpretieren. Darin liegt jedoch das grösste Problem des Films, weil dadurch der Titel ein wenig irreführend ist.

Hauptfigur in «Robin Hood» ist Robin Longstride (Russell Crowe), ein ausgezeichneter Bogenschütze in Diensten von König Richard The Lionheart (Danny Huston). Der kehrt mit seinem Heer gerade von einem Kreuzzug zurück und plündert zur Aufbesserung der Kriegskasse die Schlösser und Burgen in Frankreich. Da sich Richard gerne mitten im Kampf aufhält, wird er bei einer Belagerung von einem Pfeil getroffen und stirbt. Dabei hatte bereits der zwielichtige Godfrey (Mark Strong, «Kick-Ass») vom französischen König diese Aufgabe erhalten. Der wollte dadurch die Briten schwächen und eine Invasion starten. Stattdessen gelingt es Robin Longstride und seinen Gefährten, die nach dem Krieg eigentlich nur friedlich in England leben wollten, die Krone zu Prinz John (Oscar Isaac) nach London zu bringen.

Gleichzeitig hat Robin einem gefallenen Berater des Königs das Versprechen gegeben, dessen Vater Sir Walter Loxley (Max von Sydow, «Le scaphandre et le papillon») und Gattin Marion (Cate Blanchett, «Babel», «The Curious Case of Benjamin Button») zu benachrichtigen. In Nottingham angekommen, wird Robin dazu verpflichtet, in die Rolle des Verstorbenen zu schlüpfen, damit die Ländereien nach dem Tod des altersschwachen Sir Loxley an den Staat fallen. So geraten Robin und seine Gefährten zwischen die Fronten des neuen Königs, der nördlichen Barone und der im Auftrag des britischen Königs Steuern eintreibenden Kriegern des französischen Königs.

Cate Blanchett und Russell Crowe in «Robin Hood»

Hört sich ziemlich kompliziert an und ist es auch ein wenig. Ein unvermeidlicher und für die Beurteilung relevanter Spoiler: Zum Rächer der Unterdrückten und Prinz der Diebe wird Robin Longstride erst ganz am Schluss des Films. Zuvor muss er sich mit der Politik der Landbesitzer in England auseinandersetzen, obschon der Leitspruch des Films, «Rise and rise again, until lambs become lions», eigentlich davon handelt, dass die Mittellosen sich gegen ihre Versklavung wehren sollen. Ein sehr zeitgemässes Thema. Doch im Film sind es eher die Adligen, die Rechte gegenüber der Krone und die Unterzeichnung einer Magna Carta verlangen. Das ist womöglich historisch näher an der Realität, entfernt sich dafür aber von der Legende des beliebten Gesetzeslosen und ist nicht gerade besonders revolutionär. Die Handlung ist eine regelrechte Enttäuschung für einen Film mit dem Titel «Robin Hood».

Das historische Drama hat sehr wohl andere Vorzüge, für die im Grunde der bewährte Regisseur und die vorzügliche Besetzung garantieren. Von der Machart her kann «Robin Hood» irgendwie als eine Fortsetzung von «Gladiator» bezeichnet werden, dem ersten von fünf gemeinsamen Projekten von Scott und Crowe. Der Mittelalter-Streifen ist allerdings bei weitem nicht so monumental wie das grandiose Sandalen-Epos. Dazu fehlt es «Robin Hood» auch ein wenig an der Gradlinigkeit und der nötigen Struktur. Die Intrigen und Machtkämpfe zwischen den Königen und Baronen lenken zu stark von der Geschichte der Hauptfigur ab. Dadurch wirkt der ganze Film wie ein Vorspann für die grundsätzliche Geschichte.

Fast ein wenig beliebig werden die bekannten Elemente aus der Legende, von den Hauptfiguren bis zu Friar Tuck, dem Sheriff of Nottingham, Little John und Will Scarlet, auf neue Wege in den Film eingeführt. Das wirkt deshalb zwischendurch beinahe wie eine Satire. Dabei hätte bei einer Neuinterpretation auch komplett auf diese Figuren verzichtet werden können. Wenn am Ende ein Truppe von jungen Kämpfern auf Ponys in eine Schlacht reitet, dann nimmt der Film bereits Züge von «Monty Python and the Holy Grail» an. Fehlt nur noch, dass am Rand der Schlacht ein paar Knappen stehen, die mit Kokosnüssen für das Pferdegeklapper und mit Ketchup-Flaschen für die Blutspritzer sorgen. So ist dieser «Robin Hood» eine amüsante, aber nicht ganz gelungene Ergänzung.

Fazit: «Robin Hood» ist der falsche Titel für diesen Film, der zwar durchaus unterhaltsam ist, aber weder die Erwartungen einlöst (absichtlich), noch wirklich durch neue Ideen begeistern vermag.

Bewertung: 4 Sterne

(Bilder: © 2010 Universal Pictures. All Rights Reserved.)

2 comments

  1. Stimmt´s. Der Film könnte genauso anders heiße. Es ist ein Abenteuerfilm. Die Geschichte müsste sich aber nicht unbedingt auf Robin Hood beziehen. Es könnte genauso ein neuer Serienheld erfinden werden.

  2. Ich denke genau das mit den Erwartungen ist das Problem. Ziemlich schnell begreift man dass sich um ein Prequel handelt, er spielt aber mit den erwartungen weiter, denn jeder sich das Robin Hoodsche noch in der zweiten Hälfte des Films ausdenkt.
    Wie ich bei uns kommentiert habe, war für mich der Film diskursiv sehr interessant, da er die Schnittstelle zw. Bild, Text und ie erstere untersucht.
    Gleichzeitig untersucht er aber die Starrheit des Zuschauers und dessen Erwartungen, denn es doch anzunehmen ist, dass sich jeder eine Projektion des Films irgendwo zwischen Gladiator und das Buch Robin Hood ganz früh hergestellt hat. Dass es aber nicht so ist soll den Zuschauer nicht täuschen, Scott interessiert sich eben für irgendwas spezifisches, nicht für die Erfüllung der Erwartungen des Zuschauers. Wann hat er denn das gemacht?
    Man könnte auch sagen, er kokettiere mit dem Snobben im Zuschauer, indem er seine Flexibilität testet.

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