Ist eine Figur wie John J. Rambo heute noch zeitgemäss? Vom politischen Ballast zwischen Neokonservatismus und Kalter Krieg der früheren Filme weitgehend befreit, wirkt Rambo in seinem vierten Abenteuer ehrlich gesagt so frisch wie noch nie. Die Kriegsmaschine ist natürlich immer noch gewalt(tä)ig reaktionär. Aber alles der Reihe nach.
1982 durchstreift John J. Rambo (Sylvester Stallone) in «First Blood» die Landstriche an der nördlichen Westküste der USA. Für das Publikum wird er gleich zu Beginn als Vietnam-Veteran deklariert. Als er dann aber eine kleine Ortschaft durchqueren möchte, wird er vom lokalen Sheriff (Brian Dennehy) als Landstreicher identifiziert, den er so schnell wie möglich aus seinem brav langweiligen Zuständigkeitsbereich entfernen möchte.
Rambo lässt sich aber nicht vorschreiben, wo er sich aufhalten darf. So wird er verhaftet und wird von den Polizeibeamten misshandelt. An seine Gefangenschaft in Vietnam erinnert, drehen Rambo die Sicherungen durch. Er schlägt die Polizisten nieder und entkommt in die Berge. Der Sheriff bläst zur Hetzjagd, muss aber nach Misslingen der Mission die Nationalgarde anfordern. Da taucht auch noch Colonel Trautman (Richard Crenna) auf, der frühere Vorgesetzte von Rambo.
Die erste Hälfte von «First Blood» ist packend und gradlinig inszeniert. Die Darstellung der übereifrigen und inkompetenten Polizisten lässt fast schon eine Kritik am Missbrauch der Staatsgewalt vermuten. Bald schon wird aber klar, dass die Dorfpolizisten die harmoniebedürftigen Liberalen darstellen sollen, die gemäss Rambo für die Niederlage in Vietnam verantwortlich waren: «Somebody wouldn’t let us win.» Mit dieser Anschuldigung des Landesverrats durch die Demokraten konnten die Republikaner in den 80er-Jahren mit Ronald Reagan und George H. W. Bush ihre Macht ausbauen.
Spätestens mit dem Erscheinen der noch unfähigeren Hobby-Soldaten der Nationalgarde wird der Film völlig zu einer Farce. Dazu trägt auch Richard Crenna bei, der seine Figur (Unfreiwillig?) als Karikatur eines Berufssoldaten spielt. Am Ende vernichtet das Selbstmitleid von Rambo auch noch die letzten positiven Eindrücke. Heulend jammert er, dass er sich als Zivilist ohne Aufgabe fühlt. Die Kriegsmaschine leidet an einem Minderwertigkeitskomplex. Doch anstatt seine eigenen Unzulänglichkeiten zu konfrontieren, schiebt er die Schuld auf andere ab.
Bewertung:
So wird Rambo als Strafe in einen Steinbruch geschickt. Dort wird er drei Jahre später in «Rambo: First Blood Part II» von Trautman besucht, weil der Colonel einen Auftrag für Rambo hat. Die Kriegsmaschine soll in Vietnam amerikanische Kriegsgefange suchen. Rambo hat nur eine Frage: «Do we get to win this time?». Die schwülstige Antwort: «This time it is up to you.» Rambo kann nun endlich den verlorenen Krieg gewinnen. Doch die Mission ist nur vorgetäuscht. So schiesst Rambo zwar erstmals gegen die Sowjets, als Feinde entpuppen sich aber wieder die Bürokraten aus Washington.
In der zweiten Episode durchläuft Rambo einen Wandel von der Kriegsmaschine zum humanitären Wohltäter. Er tötet, weil er sich um die Menschen sorgt. Dieser Widerspruch ist weniger störend als die noch deutlicher vermittelte Propaganda gegen sanfte Politiker. Die Lügen in «Rambo: First Blood Part II» sind noch unerträglicher als die deutlich gewachsenen Muskeln von Stallone. Da sorgen nicht einmal die Schusswechsel und die Explosionen für Zerstreuung.
Bewertung:
Leichter verdaulich ist in dieser Hinsicht «Rambo III» (1988). Die Handlung ist zwar immer noch von den Ängsten des Kalten Kriegs geprägt, aber sie ist auch derart übertrieben, dass der dritte Teil fast schon eine Parodie ist. Für die Geschichte bedienten sich die Filmemacher zudem bei zahlreichen Zeitgenossen. Der Auftakt erinnert an Jean-Claude van Damme, der im gleiche Jahr in «Bloodsport» aufräumte, und die Ereignisse in Afghanistan könnten schon fast aus einem Abenteuer von 007 stammen, der ein Jahr zuvor in «The Living Daylights» dorthin reisen musste.
Der in Thailand lebende Rambo wird wieder von Trautman besucht, der tatkräftige Hilfe für eine Mission nach Afghanistan zur Unterstützung der gegen die einmarschierenden Sowjets kämpfenden Mujaheddin sucht. Rambo lehnt zwar ab, als aber Trautman in Gefangenschaft gerät, stürzt sich der Vietnam-Veteran in einen neuen Krieg. Bewaffnet mit einem Pfeilbogen lässt er die feindlichen Helikopter abstürzen. Bei seiner Abreise wird er von den Einheimischen gelobt: «You fight good for a tourist.»
Bewertung:
Zwanzig Jahre dauerte es dann, bis Rambo wieder auf der Leinwand auftauchte. Das vierte Abenteuer heisst schlicht «Rambo». Da schon die vorherigen Episoden keine klare Namensstruktur erkennen lassen, gehe ich nicht weiter auf diesen unsinnigen Titel ein. Rambo arbeitet als genügssamer Schlangenfänger in Thailand, als sich eine Gruppe von Missionaren mit einer Bitte an ihn wendet. Sie möchten Nahrungsmittel und ärztliche Hilfe nach Burma bringen und benötigen dafür das Boot von Rambo.
Widerwillig stellt sich Rambo für diesen Auftrag bereit. Kaum hat er die Helfer im Krisengebiet abgeladen, werden sie natürlich von mordenden und vergewaltigenden Soldaten gefangen genommen. Nun soll Rambo einen Söldnertrupp zur Befreiung der Ausländer in die Gegend bringen. Da kommt Rambo zur Erkenntnis: «War is in your blood. Don’t fight it. You didn’t kill for your country, you killed for yourself.» Die Kriegsmaschine ist wieder erwacht.
Die Handlung von «Rambo» ist nicht viel durchdachter als die vorhergehenden Teile. Vielmehr ist eine Wiederverwertung von Motiven aus Teil 2 und 3 auszumachen. Als Regisseur versteht es Sylvester Stallone allerdings, diese Komponenten visuell äusserst reizvoll umzusetzen. Da stört es auch nicht weiter, dass am Schluss Rambo alleine ungefähr 200 Gegner niedermetzelt, obschon die Zahl der Feinde einmal auf 100 geschätzt worden ist. Da aber auch Verstärkungen erwähnt werden, fliegen in «Rambo» fleissig Körperteile durch die Luft. Durch die vielen Enthauptungen und Blutspritzer ist «Rambo» beinahe als Splatterfilm einzuordnen.
Störend übertrieben ist einzig die Explosion einer Tallboy-Bombe, die eine Durchschlagskraft einer Atombombe entwickelt. Dann lässt sich natürlich über die konservative Botschaft des Films diskutieren. Die ist so gewaltorientiert, dass am Ende selbst der Missionar die Notwendigkeit der Morderei anerkennt, obschon er zuvor Rambo wegen der Erschiessung von Piraten die Sinnlosigkeit des Tötens belehrt hat. «Rambo» ist ganz klar gewaltverherrlichend. Viel packender lässt sich so eine Schlachterei allerdings nicht umsetzen.
Die Bildqualität der Blu-ray-Disc ist wunderbar knackig und klar, obschon der Film zu einem grossen Teil in der Nacht spielt. Die englische Tonspur in DTS HD Master Audio 5.1 ist raumfüllend abgemischt, hört sich aber bei manchen Geräuschen seltsam metallisch an. Lausig ist das Bonusmaterial, dass lediglich aus einem Trailer und einer 20-minütigen Dokumentation besteht, die mehr Werbefilm als Drehbericht ist. Darin wird witzigerweise mehrmals darauf hingewiesen, dass es sich bei «Rambo» um das letzte Kapitel handeln soll.
Bewertung:
Bildqualität (Blu-ray):
Tonqualität (Blu-ray):
Bonusmaterial (Blu-ray):
Als Abschluss des Stallone-Marathons habe ich mir dann auch noch erstmals «Rocky» (1976) angeschaut. Endlich, muss ich sagen. Denn das Boxer-Drama, in dem Stallone seinen Durchbruch feierte, ist nicht nur eine einfühlsame Milieustudie, sondern auch ein zynischer Kommentar über die Instrumentalisierung des «American Dream» und die unwürdige Verwandlung einer Sportart in eine Zirkusdarbietung. Wer einen verwundbaren und zugleich schauspielerisch überzeugenden Stallone sehen möchte, wird von «Rocky» nicht enttäuscht werden.
Bewertung: