Der Western wird regelmässig für tot erklärt. Bis dann wieder einige vorzügliche Vertreter des Genres auftauchen, die eindrücklich die vibrierende Energie dieser Gattung von Filmen unter Beweis stellen. Auch «3:10 to Yuma» ist ein packender Western mit perfekter Struktur und einem exzellentem Ensemble an Schauspielern. Auf der Blu-ray-Disc kommen die Vorzüge voll zur Geltung.
Hauptfigur von «3:10 to Yuma» ist der rechtschaffene Rancher Dan Evans (Christian Bale, «Reign of Fire», «The Dark Knight»). Mit seiner Frau Alice (Gretchen Mol) und seinen zwei Söhnen wohnt er abgeschieden auf einer Farm in Arizona. Der Familie fehlt es am Nötigsten und die Widrigkeiten des trockenen Klimas sowie Ärger mit dem Besitzer seiner Ranch machen Evans das Leben zusätzlich schwer.
Eines Tages wird Evans mit seinen Söhnen Zeuge eines Raubüberfalls auf eine Postkutsche. Der berüchtigte Bandit Ben Wade (Russell Crowe, «Body of Lies») und seine Gang töten alle Mitreisenden. Nur einer überlebt: Kopfgeldjäger Byron McElroy (Peter Fonda), der von Wades gnadenlosem Kollegen Charlie Prince (Ben Foster) mit einem Bauchschuss zu Fall gebracht worden ist.
Evans bringt McElroy in das Städtchen Bisbee zu einem Arzt (Alan Tudyk, «Death at a Funeral»). Doch auch Wades Bande ist bereits hier. Durch einen Zufall kann Evans dem Sheriff helfen, Wade gefangenzunehmen und lässt sich daraufhin auf einen gefährlichen Deal ein: Für 200 Dollar soll er gemeinsam mit einer Handvoll Männer den Gangster zu einer Bahnstation im Ort Contention bringen. Der Zug zum Staatsgefängnis nach Yuma fährt um 3.10 Uhr dort ab. Aber je näher die Gesetzeshüter dem Zielort kommen, umso verlockender wird die Versuchung, den Outlaw gegen Bestechungsgeld laufen zu lassen.
Regisseur James Mangold lässt sich nicht auf ein Genre festlegen. Ob Copthriller («Cop Land»), Drama («Girl, Interrupted»), romantische Zeitreisekomödie («Kate & Leopold») oder Horrorthriller («Identity») – Mangold versucht immer wieder etwas Neues. Zwischendurch hat er sogar die Pilotfolge für die Sitcom «Men in Trees» inszeniert. Nun liefert er auch noch einen astreinen Western ab. Auch in «3:10 to Yuma» stellt er unter Beweis, dass er von seinen Schauspielern für gewöhnlich Bestleistungen abruft.
Die Vorlage zum Film ist eine Kurzgeschichte von Elmore Leonard. In der knapp zwanzig Seiten langen Erzählung ist allerdings gerade einmal die Schlussszene aus dem Film in einer ähnlichen Form enthalten. Vielmehr orientiert sich Mangold am Drehbuch von Halsted Welles, der die Handlung für die erste Verfilmung von Delmer Daves aus dem Jahr 1957 bearbeitet hat. Die anfänglich klaren Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen bald einmal, obschon Wade deutlich erklärt, dass er durch und durch böse ist.
Zur Diskussion stehen dann auch Werte wie Moral und Mut. Ähnliche Themen sind auch schon in «The Assassination of Jesse James by the Coward Robert Ford» behandelt worden. Während jedoch der Neo-Western von Andrew Dominik in philosophischer Gemächlichkeit Pro und Kontra abwägt, treibt Mangold die Handlung in strikter, gradliniger Western-Manier zügig von einem Schusswechsel zum nächsten voran. Düster und schonungslos kommt es zur finalen Konfrontation der rauchenden Colts. Die Schlussszene wirkt dann zwar widersprüchlich, regt aber zu angeregten Debatten an.
Das zeitliche Ablauf und die Verdichtung der Handlung ist den Drehbuchautoren Michael Brandt und Derek Haas hervorragend gelungen. Leben wird dem Text aber vor allem durch die brillante Besetzung eingehaucht. Da sind zum einen die charismatischen Hauptdarsteller Bale und Crowe. Doch selbst die kleinsten Nebenrollen sind von nuanciert agierenden Schauspielern besetzt. Neben den bereits erwähnten Figuren sind da sicher auch noch der 15-jährige Logan Lerman als Sohn von Evans sowie Dallas Roberts als Pinkerton-Detektiv zu nennen.
Die Blu-ray-Disc ist eine der besten Veröffentlichungen von 2008. Wegen der knackigen und detailreichen Bildqualität lasse ich mich sogar zu der Behauptung hinreissen, dass der Film auf Blu-ray-Disc besser aussieht als in der analogen Vorführung im Kino. Das Bonusmaterial ist ausserdem in ziemlich exakt der wünschenswerten Quantität (etwa 86 Minuten Berichte in HD sowie ein Audiokommentar) und vor allem überzeugender Qualität vorhanden.
Der Drehbericht «Destination Yuma» (21 Minuten) konzentriert sich hauptsächlich auf die technischen Aspekte, wie den Überfall der Postkutsche oder die Verfolgung durch die Eisenbahntunnels, enthält aber auch einige witzige Anekdoten. Fünf weitere Berichte (zwischen 6 und 20 Minuten) beleuchten historische Aspekte der Handlung, wie die Konventionen des Genres, die Authentizität der verwendeten Waffen oder die Rolle der Transcontinental Railroad in der Erschliessung des Westens.
Besonders faszinierend ist auch die Dokumentation «Outlaws, Gangs & Posses», in der die Ursprünge der Verbrecherbanden analysiert werden. Dabei wird auch darauf hingewiesen, dass bei der Schiesserei am OK Corral, dem Kernstück von «Wyatt Earp», die Gegner der Earps und Doc Hollyday möglicherweise gar nicht bewaffnet gewesen sind. Eine kurze Unterhaltung mit Elmore Leonard (5 Minuten), in der er über seine ersten Gehversuche als Autor erzählt, sieben entfallene Szenen (8 Minuten) und ein Audiokommentar, in dem Mangold mit seiner klangvollen Stimme die Themen, Motive und Tricks erläutert, runden das perfekte Bonusmaterial ab.
Film:
Bildqualität (Blu-ray):
Tonqualität (Blu-ray):
Bonusmaterial (Blu-ray):
(Bilder: ©Sony)
Zum Glück habe ich mich doch gegen den für das heutige Rätsel entschieden.
Hab die limitierte Holzbox und weil ich die nicht auspacken wollte, mir letzte Woche die normale DVD davon gekauft.