Immer wieder «I Am Legend». Wer auf keinen Fall zu viele Informationen über den apokalyptischen Thriller in Erfahrung bringen möchte, liest an dieser Stelle besser nicht weiter. Hier geht es um die Vorlage von Richard Matheson mit dem gleichen Titel, die bereits als «The Last Man on Earth» (1964) und «The Omega Man» (1971) verfilmt worden ist. Beide Versionen sind ziemlich missglückt, vor allem gemessen an der Wirkung der Novelle von Matheson.
Ich gehöre keineswegs zu den Menschen, die immer behaupten, das Buch ist sowieso besser als der Film. Viele Literaturadaptionen treffen den Kern der Vorlage wunderbar, obschon vielleicht viele Handlungselemente weggelassen werden mussten. Wie Matheson in einem Beitrag auf der DVD von «The Last Man on Earth» bemerkt, ist aber bereits bei der ersten Verfilmung sein Drehbuch so stark abgeändert worden, dass er am liebsten seinen Namen entfernt hätte. So ist er jetzt unter dem Pseudonym Logan Swanson aufgeführt. «The Omega Man» hat dann nur noch die Grundidee der Geschichte übernommen.
Dabei würde ich der Aussage, die Matheson gegenüber «Cinefantastique» gemacht hat, durchaus zustimmen: «If they just shot the novel, step by step, it would make a good picture.» Aus der Novelle liesse sich durch eine werkgetreue Umsetzung ein guter Film machen. Da ist es nachvollziehbar, dass sich Matheson im Interview ziemlich negativ über die Fassung von Heston äussert: «I wonder if Charlton Heston even realized he was doing my book when he did ‘The Omega Man’? If he liked the book, he certainly didn’t allow much of it to remain on screen!» Die Drehbuchautoren von «The Omega Man» haben die Vorlage unkenntlich gemacht.
Matheson erzählt in seiner Novelle «I Am Legend» von Robert Neville, einem Mann in Los Angeles, der scheinbar als einziger Mensch eine Seuche überlebt hat. In seinem Haus hat er sich nun verschanzt, weil sich die an der Seuche erkrankten Menschen in Vampire verwandelt haben. Sie lassen sich durch den Geruch von Knoblauch abschrecken, bewegen sich nur in der Nacht und lassen sich durch einen Keil ins Herz töten.
Doch Neville gibt sich mit den althergebrachten Erklärungen über Vampire nicht zufrieden und findet bald heraus, dass es für die Verwandlung und das Verhalten eine wissenschaftliche Erklärung gibt. Die Vampire gibt es in zwei Stufen. Zuerst wird der Körper infiziert. Nach einer Weile stirbt dann der Körper, und die Person wird zu einem «living dead». Matheson hat damit eine Vorstufe der Zombies aus «Night of the Living Dead» von George A. Romero geschaffen.
Seltsamerweise ist die Hauptfigur in allen Filmfassungen, auch in «I Am Legend», ein Wissenschaftler. Dabei arbeitet Neville in der Version von Matheson in einer «plant», einer Fabrik. Sein Wissen eignet er sich einerseits durch Bücher an, die er sich in der verlassenen Bibliothek besorgt, andererseits durch das Bekämpfen der Vampire. Die Novelle besticht durch ihre nüchterne Darstellung des Schreckens, die sogar bei mir für Albträume gesorgt hat. Zu kurz vor dem Einschlafen empfiehlt sich diese Geschichte von 1954 bestimmt nicht.
Kurz nach der Veröffentlichung hätte «I Am Legend» bereits verfilmt werden sollen. Matheson selbst verfasste ein Drehbuch. Ursprünglich wollte das legendäre britische Horrorfilm-Studio Hammer Films die Produktion übernehmen. Das hätte aufgrund des Themas auch gut gepasst. Da aber die Zensurbehörde keine Bewilligung erteilte, zögerte sich die Produktion heraus und wurde schliesslich von Robert L. Lippert ausgeführt.
«The Last Man on Earth» wurde in Italien mit Vincent Price in der Hauptrolle gedreht. Die minimalistische Inszenierung, die sich ganz an den Horrorklassikern von Hammer Films orientiert, erzeugt eine wirkungsvolle Spannung und hält sich über weite Strecken an die Vorlage. Aber ausgerechnet das bedeutende Finale wurde komplett verunstaltet.
Der gesamte Film wirkt aber irgendwie ziemlich altmodisch. Die Schauspieler agieren meist sehr melodramatisch – auch der gleichzeitig seltsam emotionslos spielende Price. Absolut schrecklich ist die übersteuerte Filmmusik. Eindrücklich sind hingegen die verlassenen Strassen und die bereits erwähnten Vorstufen der Zombies. Das vorherrschende Gefühl der Paranoia kann Regisseur Sidney Salkow mit seiner Inszenierung jedoch nicht einfangen.
Keine zehn Jahre später folgte bereits die nächste Verfilmung. «The Omega Man» wirkt gegenüber «The Last Man on Earth» geradezu hypermodern. Gedreht wurde in Farbe in Los Angeles mit Charlton Heston in der Hauptrolle. Die Handlung wurde aber ganz über den Haufen geworfen. Darauf lässt bereits der Text auf der Hülle der Blu-ray-Disc schliessen, in dem eine Frau erwähnt wird, die sich um eine Gruppe Kinder kümmert. Davon ist in «I Am Legend» nun wirklich überhaupt keine Rede. Die Erwähnung von Mathesons Novelle als Quelle hätte sich also erübrigt.
Denn auch sonst ist die Stimmung vollkommen anders. Heston spielt einen aktiven Zerstörer voller Tatendrang. Er muss sich nicht gegen instinktgesteuerte Vampire wehren, sondern gegen eine Organisation von Nachtgestalten, welche eine neue Gesellschaft aufbauen möchten. Von der Vorlage von Matheson ist tatsächlich höchstens noch der Grundgedanke einer seuchenzerstörten Menschheit vorhanden. Der Film ist dafür an vielen Stellen unfreiwillig komisch. Ganz besonders amüsant sind die Einstellungen mit sich bewegenden Fahrzeugen im Hintergrund.
Auf der Blu-ray-Disc von «The Omega Man» sind eine kurze, enthusiastische Einführung durch die Darsteller Eric Laneuville und Paul Koslo sowie Drehbuchautorin Joyce H. Corrington enthalten. Auch ein Drehbericht mit Heston fehlt nicht. Die Bildqualität ist tadellos.
«The Last Man on Earth»:
Bild-/Tonqualität:
Bonusmaterial:
«The Omega Man»:
Bildqualität (Blu-ray):
Tonqualität (Blu-ray):
Bonusmaterial (Blu-ray):