«Angels & Demons» von Ron Howard (Blu-ray)

Tom Hanks und Ayelet Zurer in «Angels & Demons»

Oh geez, you guys don’t even read your own history, do you?

Wie schon «The Da Vinci Code» hat auch der Nachfolgefilm «Angels & Demons» im Vatikan für reichlich Aufregung gesorgt. Nach der völlig misslungenen Kommunikation bei der Veröffentlichung von «The Da Vinci Code» hielten sich die Geistlichen dieses Mal jedoch mit Boykottaufrufen zurück. Dazu haben sie auch nicht wirklich einen Grund, denn «Angels & Demons» ist fast schon ein Werbefilm für ihren Glauben. Unterhaltsam ist der Thriller trotzdem.

Dan Brown hat «Angels & Demons» vor «The Da Vinci Code» geschrieben. Das auch die zeitliche Sequenz dieser Reihenfolge entspricht, wird in «The Da Vinci Code» durch den Satz «last year Lagndon’s visibility had increased a hundredfold after his involvement in a widely publicized incident at the Vatican» angedeutet. Da Regisseur Ron Howard die Bücher nun aber in umgekehrter Abfolge verfilmt hat, vermutet Robert Langdon (Tom Hanks) in «Angels & Demons», dass sie ihn im Vatikan nach den «recent events» nicht besonders gerne sehen.

Welche Ereignisse nun zuerst stattgefunden haben, spielt aber nicht wirklich eine Rolle. Ausser der Hauptfigur und der dominanten Rolle von Symbolik und der katholischen Kirche bestehen nämlich nicht viele inhaltliche Gemeinsamkeiten. Dieses Mal muss Langdon nicht den Gral finden, sondern den Vatikan vor der Vernichtung retten. Im Forschungszentrum CERN in Genf haben die Wissenschaftler bei einem Experiment Antimaterie erzeugt. Doch nach dem Experiment wird ein Forscher ermordet und ein Teil der Antimaterie entwendet. Das ist ziemlich gefährlich.

In einer geringen Menge Antimaterie steckt so viel Energie, dass daraus eine ganze Stadt für einen Monat mit Strom versorgt werden kann. Kommt Antimaterie jedoch mit Materie in Kontakt, gibt es eine gewaltige Explosion, die eine ganze Stadt auslöschen kann. Der Dieb hat eine ganz bestimmte Stadt im Sinn, die in den Himmel befördert werden soll: Vatikanstadt. Dort ist gerade der Papst gestorben und die Kardinäle versammeln sich, um in der Konklave ein neues Kirchenoberhaupt zu bestimmen.

Tom Hanks und Ayelet Zurer in «Angels & Demons»

Allerdings sind gleichzeitig vier Anwärter auf diesen Titel, sogenannte Preferiti, entführt worden. Das hört sich schon einmal unheimlich kompliziert an und wird im Film gleich in den ersten Minuten alles eingeführt. An dieser Stelle kommt auch Robert Langdon ins Spiel, der gefeierte Symboliker, der in der Folge alle Zusammenhänge entschlüsseln darf. Verdächtigt wird nämlich der Geheimbund der Illuminati, der sich für die Misshandlung durch die katholische Kirche rächen möchte. Langdon zur Seite darf wieder eine Frau die Schnitzeljagd unterstützend begleiten. Dabei handelt es sich dieses Mal um die im CERN tätige Biologin und Physikerin Vittoria Vetra (Ayelet Zurer).

Nun benötigen wir nur noch die Bösewichte. Darunter befindet sich neben dem bereits erwähnten Mörder möglicherweise auch ein Vertreter des Vatikans. Zur Auswahl stehen in erster Linie drei Figuren. Da ist zunächst einmal Richter (Stellan Skarsgård), Kommandant der Schweizergarde, der überhaupt keine Freude daran hat, dass Langdon in seinem Revier rumschnüffelt. Oder führt etwa Patrick McKenna (Ewan McGregor, «Cassandra’s Dream»), der Camerlengo, sprich der oberste Assistent des Papstes, etwas Dunkles im Schilde? Vielleicht sind aber auch die Absichten des machthungrig wirkenden Kardinal Strauss (Armin Mueller-Stahl) nicht ganz ehrsam.

In diesem undurchsichtigen Machtgefüge muss Langdon seine Nachforschungen anstellen und die Zeit drängt. Am gleichen Abend soll jede Stunde ein Preferiti ermordet werden und um Mitternacht droht die Explosion der Antimaterie. So macht sich Langdon zusammen mit Vetra in der aus «The Da Vinci Code» gewohnten Art auf die Suche nach Hinweisen und jagt von einer Kirche zur nächsten. Immer im Wettkampf mit der Zeit und einem furchtbar gnadenlossen Mörder.

Was lässt sich von «Angels & Demons» berichten, das nicht auch für «The Da Vinci Code» gilt? Nicht wirklich viel. Ron Howard stellt erneut seine Fähigkeiten als Regisseur von tadellosen Unterhaltungsfilmen unter Beweis. «Angels & Demons» ist von der ersten bis zur letzten Minute spannend und schwungvoll inszeniert. Das Drehbuch ist gleichsam elegant und zweckdienlich. So wird Langdon gleich zu Beginn klar gemacht, dass er nicht zu lange zögern soll: «How much longer are we going to pretend you have not already decided to come?» Langdon weiss genausogut wie das Publikum, dass er sich nach Rom begeben wird.

Vermisst habe ich allerdings die opulenten Visusalisierungen der historischen Ereignisse, die in «The Da Vinci Code» einfallsreich eingestreut sind. Ob wohl die Gage von Hanks das Budget für diese Spezialeffekte aufgefressen hat? Vielleicht haben die Filmemacher auch auf Grund der vielen im Film enthaltenen Informationen auf zusätzliche Abstecher verzichten wollen. Auch so bietet «Angels & Demons» schon reichlich packende Ausflüge zu und unter die religiösen Denkmäler der ewigen Stadt.

Das Thema der Religion wird zu Beginn eigentlich so weit wie möglich umschifft. Langdon findet an einer Stelle eine ziemlich wendige Umschreibung für seinen Atheismus: «Faith is a gift that I have yet to receive.» Am Ende werden dann allerdings Religion und Wissenschaft miteinander versöhnt. In der heutigen Welt bedarf es beides, meint der Camerlengo des neu gewählten Papstes. Langdon steht zustimmend daneben. Da bin ich zwar ganz deutlich anderer Ansicht, störe mich aber auch nicht weiter an der wenig überzeugenden Äusserung.

Erfreut kann ich zum Schluss noch melden, dass sich Schweizerdeutsch langsam als Sprache in Hollywood-Filmen durchsetzt. Schon in «Quantum of Solace» waren einige Sätze zu hören, in «Angels & Demons» wird zwischendurch sogar recht fleissig in Schweizerdeutsch parliert. Die authentisch Schweizerdeutsch sprechenden Personen sind jedoch nie im Bild zu sehen. Was der Schwede Stellan Skarsgård von sich gibt, wenn er nicht Englisch spricht, hört sich hingegen nicht einmal Deutsch an. Und der von Thure Lindhardt geäusserte Satz «gehörst du mich» ist überhaupt nicht Schweizer Dialekt. Offensichtlich wurde der Däne falsch instruiert. Das müsste «Khörsch mi» oder so ähnlich lauten. Aber immerhin haben sie es versucht.

Fazit: «Angels & Demons» ist wie schon «The Da Vinci Code» ein kurzweiliger Thriller über Religion, Mysthik und Symbole.

Auf Blu-ray-Disc ist der Film in einer relativ üppigen Extended Edition mit zwei Scheiben erschienen, der auch ein 24-seitiges Beiheft beigefügt ist. Auf der ersten Disc ist der um sieben Minuten verlängerte Film enthalten. Welche Szenen genau hinzugefügt wurden, konnte ich nicht genau erkennen. Vermutlich wurde hauptsächlich einige Szenen verlängert und ergänzt. Auch die Kinoversion lässt sich auswählen. Die Bildqualität ist hervorragend. Die Tonabmischung besticht in erster Linie durch die sehr lebendig präsentierte Filmmusik, aber auch die Effekte kommen wirkungsvoll zur Geltung.

Auf der ersten Disc sind auch noch zwei je 10-minütige Beiträge über die Produktion von «Angels & Demons» enthalten. In einem davon bezeichnet Hanks den Film als «one fabulous game of Trivial Pursuit». Die soliden Extras auf der  zweiten Disc bestehen aus fünf weiteren Beiträgen (alle hochauflösend, zwischen 5 und 17 Minuten) und einem interaktiven «Pfad der Erleuchtung», der kurze Schnipsel und ganz viele Textinformationen enthält. Die weiteren Berichte behandeln die Dreharbeiten, die Figuren, das CERN, die Requisiten und die Ambigramme, die von John Langdon für den Film entworfen wurden.

«Diagramma Veritatis»

Im Zusammenhang mit den Requisiten muss ich noch den haarsträubendsten Patzer in diesem Film erwähnen. Für gewöhnlich achte ich mich nicht besonders auf Anschlussfehler, dieser ist mir aber schon im Kino aufgefallen und ist für mich überhaupt nicht nachvollziehbar. Im Archiv des Vatikans stösst Langdon auf ein Dokument von Galileo, von dem womöglich nur noch ein Exemplar existiert. Als es das erste Mal erblickt wird, lautet die Überschrift «Diagramma Veritatis» (Bild oben). Am Schluss erhält Langdon ein Exemplar mit der Überschrift «Diagramma della verità» (Bild unten). Vermutlich haben die Priester in der Zwischenzeit extra eine Übersetzung für Langdon angefertigt.

«Diagramma della verità»

Die Blu-ray-Disc ist ausserdem mit zwei neuen über eine Internetverbindung nutzbare BD-Technologien ausgestattet, denen ich aber nicht wirklich viel abgewinnen kann. Noch halbwegs nützlich stelle ich mir die Funktion «movieIQ» vor, die es ermöglicht, während des Films diverse Informationen abzurufen. Allerdings kann ich dafür auch nachher das Internet nutzen. Völliger Schwachsinn ist hingegen die Funktion «cinechat», die es ermöglicht, während dem Betrachten des Films weltweit Nachrichten an Kollegen zu versenden, die sich den gleichen Film ansehen. Jetzt erzieht Sony also das Filmpublikum regelrecht dazu, sich während dem Betrachten des Films zu unterhalten. Vollkommen idiotisch!

Bewertung: 4 Sterne
Bild-/Tonqualität (Blu-ray): 6 Sterne
Bonusmaterial (Blu-ray):
5 Sterne

(Fotos: ©Sony)

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