«Untitled» von Cameron Crowe (Blu-ray)

Nachdem ich gestern am frühen Abend durch «Gigi» herb enttäuscht wurde, habe ich mir anschliessend unbedingt einen Film ansehen wollen, den ich bestimmt geniessen würde. Da fiel meine Wahl ganz schnell auf «Untitled». Dabei handelt es sich um die von Regisseur und Drehbuchautor Cameron Crowe nachträglich bearbeitete Fassung von seinem autobiografischen Musikfilm «Almost Famous». Die Betrachtung auf Blu-ray-Disc hat meinen Anspruch natürlich nicht enttäuscht. Daher erkläre ich dieses Wochenende zum «Untitled»-Wochenende.

Als ich «Almost Famous» im Herbst 2000 in Bloomington, Illinois erstmals im Kino gesehen habe, war ich davon nicht wirklich begeistert. Zuvor hatte ich schon jede Menge enthusiastische Berichte über diesen als heissen Oscar-Anwärter gehandelten Nachfolgefilm von «Jerry Maguire» gelesen. Aber die so geschürten Erwartungen konnte «Almost Famous» nur bedingt erfüllen. Irgendwie fehlte der notwendige Schwung, die Handlung wirkte abgehackt und nicht immer schlüssig.

Obschon der Film dann nur 32,5 Millionen Dollar einspielte, durfte Crowe einen «Director’s Cut» anfertigen, den er in Anspielung an das Thema als «Bootleg Cut» bezeichnete und «Untitled» taufte. In der etwa 40 Minuten längeren Fassung erhalten die Figuren und die Musik tatsächlich genügend Raum zur vollen Entfaltung. Es entsteht auch der notwendige Platz, die zerbrechlichen, betörend schönen Aufnahmen von Kameramann John Toll richtig in Szene zu setzen, sie atmen zu lassen.

Crowe erzählt in «Untitled» von seinen eigenen Erfahrungen als junger Musik-Journalist. Noch bevor er die Schule abgeschlossen hatte, lieferte Crowe Beiträge für die Zeitschrift «Creem». Gerade einmal 16 Jahre alt reiste er dann für drei Wochen mit The Allman Brothers Band durch die USA und verfasste dabei seine erste Titelgeschichte für «Rolling Stone». In «Untitled» lässt Crowe diese Zeit und ihre Musik aufleben.

Im Zentrum steht der junge William Miller (Patrick Fugit), der erste Gehversuche als Musikjournalist absolviert. Er sammelt Ratschläge von Lester Bangs (Philip Seymour Hoffman) und erhält den Auftrag, die aufsteigende Band Stillwater auf ihrer Tour zu begleiten. So wird er Zeuge von Konflikten zwischen Frontsänger Jeff Bebe (Jason Lee) und Gitarrist Russell Hammond (Billy Crudup), erhält einen pikanten Einblick in das Liebesleben der Band und verliebt sich in das legendäre Groupie, entschuldigung, Band Aid Penny Lane (Kate Hudson).

«Untitled» gefällt mir bei jeder Betrachtung besser. Neben der himmlischen Kameraarbeit stechen vor allem die nuancierten Darbietungen der zahlreichen, meist noch recht jungen Darsteller auf. Es zeigt sich immer wieder, dass es Crowe meisterhaft versteht, seine Schauspieler zu Bestleistungen zu führen. Frances McDormand und Philip Seymour Hoffman sind natürlich sichere Werte, aber auch Kate Hudson ruft hier eine Leistung ab, die man basierend auf ihre übrigen Auftritte von ihr gar nicht erwarten würde.

Verbunden werden diese herausragenden Elemente durch das vorzügliche, mit einem Oscar ausgezeichnete Drehbuch von Crowe. Das kombiniert nicht nur gekonnt die unterschiedlichen Handlungsstränge, sondern enthält auch noch zahlreiche einprägsame Zitate, die teilweise auch köstlich die Kommerzialisierung der Musikindustrie aufs Korn nehmen. So bemerkt ein Manager an einer Stelle: «If you think Mick Jagger’ll still be out there, trying to be a rock star at age 50, you’re sadly, sadly mistaken.» Fünf weitere Zitate werde ich in den nächsten Tagen mit den passenden Bildern aufschalten.

Die Blu-ray-Disc bietet zwar nicht gerade Referenzmaterial, aber dennoch eine dem Film angemessene, hochstehende Bild- und Tonqualität. Das hingegen magere Bonusmaterial besteht aus zwei Minuten Interviews mit Lester Bangs und einigen Probeaufnahmen. Wenn ich mich recht erinnere, gibt es eine DVD, auf der ein Audiokommentar von Crowe mit seiner Mutter enthalten ist. Obschon ich das Gefühl habe, dass ich diesen Audiokommentar einmal gehört habe, bin ich nicht mehr im Besitz einer solchen Ausgabe. Auf der «Award Winner Collection» soll diese Tonspur angeblich enthalten sein.

Film: 6 Sterne
Bild-/Tonqualität (Blu-ray): 5 Sterne
Bonusmaterial (Blu-ray): 2 Sterne

(Bilder: ©Sony)

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