Auch ein nachgestellter Krieg ist immer noch ein Krieg. Die Materialschlacht führt zwar in den wenigsten Fällen zu Todesopfern, aber der Aufwand und die Wirkung sind meistens ebenfalls enorm. So auch im Fall der von Steven Spielberg und Tom Hanks für HBO produzierten Fernsehserie «Band of Brothers». Das Unternehmen war nicht nur äusserst ambitioniert, es wurde auch tatsächlich meisterhaft umgesetzt.
Die 2001 ausgestrahlte Serie wurde für 19 Emmy Awards nominiert. Schliesslich erhielt sie immerhin sechs Auszeichnungen. 2002 wurde die Serie dann auf DVD veröffentlicht, nun ist sie auch auf Blu-ray-Disc erhältlich. Das war Grund genug, dass ich sie mir mit einem Studienkollegen in zwei Sitzungen (je gut fünf Stunden) noch einmal angeschaut habe.
Das zehnteilige Epos folgt den Einsätzen der amerikanischen Fallschirmspringer in der Easy Company, 506th Regiment der 101st Airborne Division, die im letzten Jahr des Zweiten Weltriegs in Europa dauernd an der Front eingesetzt wurden. Von der Grundausbildung im Camp Toccoa begleitet der Betrachter die Einheit nach England. Auf die Invasion in der Normandie am 6. Juni 1944 folgt die Befreiung von Holland nach der verlustvollen Operation «Market Garden». Und nach der Battle of the Bulge wird die Easy Company auch zur Eroberung von Hitlers Adlerhorst eingesetzt.
Während John Wayne und Sylvester Stallone das Medium Film dazu benutzten, um verlorene Schlachten nachträglich zu beschönigen («The Green Berets», «Rambo: First Blood Part II»), ist die auf Zeugenaussagen beruhende Schilderung in «Band of Brothers» um einiges ausgewogener – obschon die Rollenverteilung um einiges eindeutiger war: auf der feindlichen Seite die teuflischen Nazis, auf der Seite der Erzähler die heldenhaften Soldaten der Easy Company. Doch die Serienmacher vermeiden eine solche Schwarzweiss-Zeichnung weitgehend und thematisieren vielmehr den Sinn einiger zweifelhaften Entscheidungen.
Besonders deutlich wird das in der Episode «The Last Patrol», in der gegen Ende des Krieges vollkommene unnütze Missionen erfüllt werden müssen. Sinn oder Unsinn des Krieges wird natürlich weniger hinterfragt als in Filmen über spätere Kriege. Schliesslich wird in der Episode «Why We Fight» deutlich vor Augen geführt, weshalb der Einsatz notwendig war: Hitler hatte nicht nur halb Europa unterworfen, sondern auch Millionen von «Unerwünschten» beseitigt. Aber auch Kriegsverbrechen der «Befreier» werden schonungslos gezeigt, teilweise jedoch durch die Umstände des Krieges entschuldigt. Neben der physischen wird nämlich auch die psychische Belastung immer wieder in den Vordergrund gerückt.
Die TV-Produktion lehnt sich in ihrer Schlachtästhetik eng an Spielbergs Kriegsdrama «Saving Private Ryan» an. Die einzelnen Episoden sind für gewöhnlich einzelnen Manövern gewidmet. So wird etwa in der Folge «Carentan» über den Absprung in der Normandie ausführlich die Eroberung einer deutschen Stellung geschildert. Die grösseren Zusammenhänge werden daher nur am Rande erwähnt. Stattdessen verfolgt das Publikum das Geschehen durch den Blickwinkel der Angehörigen der Kompanie.
Da sich für jede Episode eine anderes Gespann aus Regisseur und Drehbuchautor verantwortlich zeichnete, ist die Erzählweise nicht immer konsistent. So folgt beispielsweise auf die vorzügliche Episode «Bastogne» die nicht ganz so gelungene Folge «The Breaking Point», in der eine zu häufig verwendete, leicht nervende Erzählstimme selbst auf der Bildebene deutlich erkennbare Sachverhalte erklärt. Dann wird etwa eine Figur in einer Episode als Dolmetscher eingesetzt, versteht dann aber in der anschliessenden Episode den deutschen Bäcker nicht…
Damit ich jetzt auch noch ein wenig eine patriotische Perspektive in diese Besprechung bringen kann, weise ich darauf hin, dass anstatt im österreichischen Zell am See die Szenen in den letzten beiden Episoden im Berner Oberland gedreht wurden. Dabei steht im Abspann lediglich, dass die Serie «on locations in and around London and at Hatfield Business Park, Hertofordshire» gefilmt worden sei.
Als ich mir vor einigen Jahren die DVDs angeschaut habe, war ich mir noch nicht ganz sicher, welche Szenen in der Schweiz entstanden sind. Seither bin ich aber schon mindestens drei Mal an Brienz vorbeigereist und so konnte ich dieses Mal die Szenen relativ gut in die Landschaft einordnen. Das Hauptquartier bezieht Major Winters im Grandhotel Giessbach, wohin ich im letzten Sommer meine Ex-Freundin an eine Hochzeit begleitete, und das Lager der Easy Company befindet sich auf dem Flugplatz von Interlaken, wo ich kurz zuvor am Greenfield Festival war.
Die Blu-ray-Disc-Box ist zunächst einmal mit dem identischen Bonusmaterial der DVD-Box ausgestattet. Da ist eine 78-minütige Dokumentation (in HD) enthalten, in der zusätzliche Interviews mit den Überlebenden der Easy Company und Original-Bildmaterial verwendet werden. Sehr unterhaltsam ist das 56-minütige Videotagebuch von Ron Livingston, in dem er die anstrengende Militärausbildung der Schauspieler durch Dale Dye festgehalten hat. Ein 30-minütiger Drehbericht konzentriert sich hauptsächlich auf die technischen und logistischen Aspekte der Produktion.
Gesteigert wird auf der Blu-ray-Disc hauptsächlich die Bildqualität, die zwar teilweise die beschränkten Mittel der Fernsehproduktion aufdeckt, aber den körnigen Aufnahmen auch eine knackigere Wirkung verleiht. Die wuchtige Tonspur in DTS-HD Master Audio 5.1 ist für meinen Geschmack ein wenig zu stark auf die vorderen Lautsprecher eingeschränkt. Das Bonusmaterial wird durch zu spärlich eingesetzte Videokommentare der Veteranen und eine informative Zeitschiene mit Fakten, Karten und Bildern ergänzt. Im Idealfall wären diese beiden Elemente zu einer einzigen Zusatzfunktion kombiniert worden. In der verwendeten Form führt der Videokommentar jedoch zu einem Stern Abzug.
Serie:
Bildqualität (Blu-ray):
Tonqualität (Blu-ray):
Bonusmaterial (Blu-ray):
(Bilder: ©Warner Bros.)