Es ist schon bald ein halbes Jahrhundert vergangen, seit Tomi Ungerer, Illustrator von Bilderbüchern für Kinder und Erwachsene aus dem Elsass, 1961 den Kinderbuchklassiker «Die drei Räuber» veröffentlicht hat. Seit 2007 gibt es die Geschichte von den grimmigen Räubern und dem Waisenkind Tiffany auch auch als Animationsfilm.
Es waren einmal drei grimmige Räuber mit weiten schwarzen Mänteln und hohen schwarzen Hüten. Der erste hatte eine Donnerbüchse. Der zweite hatte einen Blasebalg mit Pfeffer. Der dritte hatte ein riesiges rotes Beil. In der Nacht, wenn es dunkel war, lagen sie am Wegrand auf der Lauer. Es waren schreckliche Kerle. Wenn sie auftauchten, fielen die Frauen um vor Angst, die Hunde zogen den Schwanz ein, und selbst die mutigsten Männer ergriffen die Flucht.
Da geschah es einmal, dass sie in einer tiefschwarzen Nacht eine Kutsche überfielen, in der nur ein einziger Reisender sass. Und das war ein trauriges kleines Mädchen, das Tiffany hiess. Sie war ein Waisenkind und war auf dem Weg zu einer wunderlichen alten Tante, bei der sie in Zukunft leben sollte. Das gefiel Tiffany gar nicht. Und deshalb freute sie sich, als plötzlich die drei Räuber vor ihr standen.
So beginnt die Geschichte von Tomi Ungerer. Der Leser ist an dieser Stelle auch schon etwa in der Hälfte der Handlung angelangt. Für einen abendfüllenden Film reicht das natürlich nicht. Daher tauchen im Film nicht nur die drei Räuber auf, auch die wunderliche alte Tante wird zu einer Figur. Sie führt ein Waisenhaus, in dem die Kinder wie Sklaven Zuckerrüben ernten müssen, aus denen die Tante feinstes Zuckergebäck herstellt, das sie im Turm für sich hortet. Zwei Jungen fliehen aus dem Schloss und verirren sich im düsteren Wald, wo Tiffany die Höhle der drei Räuber bemalt und ihnen Schreiben und Lesen beibringt.
Animiert im Stil des Zeichners spinnt die Kinoadaption die Geschichte von Tiffany und den drei Räubern also kunstvoll weiter. Schauspieler wie Joachim Król, Katharina Thalbach oder Charly Hübner sowie Bela B. Felsenheimer von der Band Die Ärzte haben ihre Stimmen für den Zeichentrickfilm zur Verfügung gestellt. Ausserdem fungiert Tomi Ungerer als Erzähler. Als Ungerer die erste Rohfassung des Films vorgeführt wurde, sei er total begeistert gewesen und habe vor Rührung Tränen in den Augen gehabt.
«Die drei Räuber» entspricht also ganz den Vorstellungen des Schöpfers. Die Filmfassung trifft den Ton der Vorlage tatsächlich ziemlich exakt. Besonders die Stimmung im Wald ist durch viele Details wie Wasserhähnen an den Bäumen, kopulierende Hasen oder einem feststeckenden Specht überaus liebevoll und augenzwinkernd gestaltet worden. Der trockene Humor aus dem Kinderbuch ist jedoch durch einige Ergänzungen etwas verwässert worden. So ist das Kleid von Tiffany rosa, und im Schloss gibt es eine Tortenschlacht.
Auch die wunderliche Tante hat mich nicht ganz überzeugt. Sie hätte ruhig ein wenig böser sein dürfen, obschon sie sogar selbst feststellen muss, dass es in dieser Geschichte keinen Platz für eine böse Tante gibt. So oder so ist das reizvollste am Film die Erzählstimme von Ungerer und die Reise durch den sorgsam gefüllten Wald.
Fazit: «Die drei Räuber» ist ein süsser Animationsfilm, zwar nicht durchgehend so schelmisch wie die Vorlage, aber beinahe so charmant.
Bewertung:
(Bilder: ©Filmcoopi)