Einer meiner Lieblingsfilme von 2007 (wegen der verschobenen Auswertung in der Schweiz eigentlich von 2008) ist die verschrobene Tragikomödie «Lars and the Real Girl». Darin bringt ein Aussenseiter ein kleines, ordentliches Dorf mit einer seltsamen neuen Freundin aus dem labilen Gleichgewicht.
Die Mutter von Lars (Ryan Gosling) ist bei seiner Geburt gestorben. Der ältere Bruder Gus (Paul Schneider, «The Assassination of Jesse James») hat den trauernden Vater sobald wie möglich im Stich gelassen. Erst nach dessen Tod kehrt Gus mit seiner Frau Karin (Emily Mortimer) ins Elternhaus zurück. Lars ist inzwischen zu einem Einzelgänger geworden und zieht sich in das Zimmer bei der Garage neben dem Haus zurück.
Auch bei der Arbeit kapselt sich Lars so gut wie möglich ab, und selbst für die schüchternen Annäherungsversuche der Kollegin Margo (Kelli Garner, «Thumbsucker») zeigt er sich nicht empfänglich. Völlig überraschend klopft Lars eines Tages an der Türe von Gus und der schwangeren Karin. Er möchte ihnen seine neue Freundin Bianca vorstellen. Sie ist eine bildschöne Brasilianerin, die als Missionarin gearbeitet hat, nun aber in einem Rollstuhl sitzt. Der Schock von Gus und Karin ist gross, denn Bianca ist auch eine lebensgrosse Puppe, die sich Lars aus dem Internet bestellt hat.
Irritiert holen sich Gus und Karin Rat bei der Ärztin Dagmar (Patricia Clarkson, «No Reservations»), die eine überraschende Diagnose stellt: Lars kann nur geholfen werden, wenn sie und die ganze Gemeinde die Freundin von Lars behandeln, als sei Bianca tatsächlich lebendig. Schnell steht die Schönheit im Mittelpunkt des öffentlichen Lebens, ganz zum Missfallen von Lars, der zwar seinen Mitmenschen immer näher kommt, aber Angst hat, er könnte Bianca verlieren.
Was sich vielleicht wie die Ausgangslage für eine billige Komödie anhört, ist alles andere als plump. Die wunderbarsten Szenen aus dem Oscar-nominierten Drehbuch von Nancy Oliver («Six Feet Under») sind nämlich gleichzeitig herrlich komisch und herzerwärmend traurig. Die Puppe von Lars dient als Katalysator, um die Trauer über den Tod seiner Mutter und die Angst vor der Schwangerschaft seiner Schwägerin zu verarbeiten. Aber nicht nur Lars, sondern auch die Dorfbewohner finden in Bianca ein Mittel, um verborgene Gefühle an den Tag zu bringen.
Regisseur Craig Gillespie hat die stille Tragikomödie sehr zurückhaltend und gefühlvoll gestaltet. In meiner Lieblingsszene reden Lars und Gus über ihren Vater, während Gus im Keller die Wäsche sortiert. Zuerst steht Lars auf der Treppe. Nur sein Körper ist im Bild, während sein Kopf von der Decke abgeschnitten wird, sich sozusagen in einem anderen Raum befindet. Mit solch wunderschön zerbrechlichen Einstellungen erzählt Gillespie einfühlsam die zarte Liebes- und Lebensgeschichte.
Fazit: «Lars and the Real Girl» ist eine herrlich traurige und berührende Tragikomödie.
Bewertung:
(Bilder: ©Rialto)