I love the smell of commerce in the morning.
Nachdem 1994 das mit geringen Mitteln produzierte Regiedebüt «Clerks.» von Regisseur und Drehbuchautor Kevin Smith zum profitabelsten Film des Jahres avancierte, wurde auch Hollywood auf den Studienabbrecher aus Red Bank, New Jersey aufmerksam. Für seinen Nachfolgefilm «Mallrats» erhielt er von Universal ein Budget von 6 Millionen Dollar und einen professionellen Cutter. Die Hauptfiguren besetzte er aber wieder mit mehr oder weniger unbekannten Schauspielern. Selbst Ben Affleck war damals ein noch relativ unbeschriebenes Blatt.
«Mallrats» findet etwa ein Tag vor «Clerks.» statt – auch an einem einzigen Tag. Die Handlung spielt aber nicht vor und in einem kleinen Einkaufsladen, sondern in einem grossen Einkaufzentrum, wo T.S. (Jeremy London) und vor allem Brodie (Jason Lee) gerne ihre Freizeit verschwenden. Beide wurden am Morgen von ihren Freundinnen sitzengelassen. T.S. machte seiner Freundin Brandi (Claire Forlani) Vorwürfe, weil sie sich ihrem Vater als Teilnehmerin einer Dating-Show zur Verfügung stellte.
Rene (Shannen Doherty), die Freundin von Brodie, hatte unzählige Gründe, um mit dem Comic-Fan Schluss zu machen, der den ganzen Tag mit Sega-Spielen verbringt. Er hat sie nicht einmal seiner Mutter vorgestellt. Sie hat ihm deshalb einen ausführlichen Brief geschrieben, der nun wirklich keine positiven Elemente enthält:
T.S.: «Uh, she calls you callow in here.»
Brodie: «You say that like it’s bad.»
T.S.: «Well, it means frightened and weak-willed.»
Brodie: «Really? Shit. That was the only part of the letter I thought was complimentary.»
Im Einkaufszentrum wollen T.S. und Brodie ihren Frust vergessen und treffen dabei auf zahlreiche schräge Figuren. Darunter ist auch Willam Black (Ethan Suplee), die eigentlich Verkörperung des durchschnittlichen Mannes aus dem Universum von Kevin Smith. Willam starrt den ganzen Film hindurch auf ein 3D-Bild, kann das versteckte Objekt aber einfach nicht erkennen. Daher reagiert er leicht gereizt, wenn er gestört wird: «Would you guys shut up! You’re breaking my concentration.» Die wahnhafte Fixation auf ein unerreichbares Ziel verbindet viele Figuren aus dem View Askewniverse.
Im Einkaufszentrum soll auch die Dating-Show durchgeführt werden, an der Brandi teilnehmen wird. Als Brodie auf Jay (Jason Mewes) und Silent Bob (Kevin Smith) trifft, kommt ihm der Gedanke, dass sie doch die Sendung sabotieren könnte. Diesen Plan haben die beiden Unruhestifter sowieso schon gehabt – was sollen sie sonst schon anstellen. T.S. verzichtet darauf, die beiden von ihrem Vorhaben abzubringen. Er denkt nicht, dass sie dazu fähig sind. Obschon Silent Bob fleissig seinen Jedi Mind Trick übt.
Ja, Diskussionen über und Verweise auf «Star Wars» sind auch wieder reichlich vorhanden. Diese Anspielungen werden dieses Mal durch unzählige Erwähnungen von Comic-Helden ergänzt. Schliesslich hat auch noch Stan Lee einen Auftritt. Über jede Menge Nebensächlichkeiten, wie die richtige Bezeichnung für die einzelnen Teile des Einkaufszentrums oder Kinder auf Rolltreppen, wird auch noch diskutiert. Und natürlich über Liebe, Sex und Beziehungen.
Brodie: «My grandmother always said: <Why buy the cow when you get the sex for free?>.»
T.S.: «She did?!»
Brodie: «All the time. Before she became a lesbian on her 60th birthday, but that’s beside the point.»
«Mallrats» ist nicht ganz so einheitlich wie das Regiedebüt von Smith. Es fühlt sich fast ein wenig so an, als ob er die populärsten Elemente aus «Clerks.» noch ein wenig ausbauen wollte. Vielleicht wurde er vom Studio dazu gedrängt, vielleicht spürte er einfach selbst den Druck, einen Kassenschlager abzuliefern. Durch die vielschichtigen Figuren und die ausgeprägten Dialoge ist aber auch «Mallrats» ein kurzweiliger Genuss. Einzig der von Michael Rooker gespielte Vater von Brandi ist eine ärgerliche Karikatur.
Auch von «Mallrats» ist eine «10th Anniversary Edition» erschienen, die ihr Geld vor allem wegen des umfangreichen Bonusmaterials wert ist. Enthalten ist zwar auch eine um eine halbe Stunde verlängerte Version des Films. Doch die ist bedeutend schlechter als die Kinofassung. Sie fängt mit einem sehr schwerfälligen Prolog an und beinhaltet noch mehr nervende Szenen mit Rooker. Als «Mallrats – The Version that Should Never Have Been» wird diese Fassung dann auch von Kevin Smith bezeichnet. Da Smith und Produzent Scott Mosier den Film nicht selbst geschnitten hatten, wollte Smith in einem Experiment testen, ob er eine bessere Fassung zusammenstellen könnte. Nach zwei Stunden habe er dann festgestellt, was für ein «tremendous waste of time» dieses Unternehmen war.
Dafür liegt in der «10th Anniversary Extended Edition» auch ausführliches Hintergrundmaterial vor. Empfehlenswert ist natürlich wieder der Audiokommentar. Herrlich ist aber auch die 50-minütige Fragerunde im Anschluss an eine Jubiläumsvorstellung von «Mallrats». Mit bewundernswerter Gelassenheit und gewohnter Selbstironie beantworten Smith und weitere Beteiligte einige kluge und auch mehrere sehr eigenartige Fragen aus dem Publikum. Besonders eine bizarre Französin aus Texas sorgt für Erheiterung.
Bewertung:
Bild-/Tonqualität (10th Anniversary Edition):
Bonusmaterial (10th Anniversary Edition):
(Bilder: ©1995 Universal Studios)