Solche Publizität hat sich das Zurich Film Festival ganz bestimmt nicht gewünscht. Heute Abend hätte Roman Polanski («Chinatown») den Preis für sein Lebenswerk entgegennehmen sollen. Die Preisverleihung musste jedoch auf einen unbestimmten Zeitpunkt verschoben worden. Polanski ist nämlich am Samstag bei seiner Einreise in die Schweiz auf Grund eines Begehrens der US-Behörden im Zusammenhang mit einem Haftbefehl aus dem Jahre 1978 festgenommen worden.
Die Leitung des Zurich Film Festival hat mit Bestürzung und grosser Betroffenheit von dieser Festnahme erfahren. Die Stellungsnahme der Festivalleitung:
Wir können die rechtlichen Hintergründe der Festnahme von Roman Polanski nicht beurteilen. Aber wird sind schockiert über den Vorfall, den wir nicht nachvollziehen können und der uns zutiefst betroffen macht. Mit der geplanten Würdigung des filmischen Schaffens von Roman Polanski heute Abend wollen wir unsere Solidarität mit ihm als einem der herausragenden Filmschaffenden unserer Zeit zum Ausdruck bringen. Der «A Tribute to…»-Award für sein Regie-Lebenswerk wird ihm bei der nächstmöglichen Gelegenheit übergeben. Auf den weiteren Verlauf des Zurich Film Festivals hat der Vorfall keine Auswirkungen. Das Programm des Festivals wird wie geplant und angekündigt ablaufen.
Gemäss Michael Sennhauser ist die Verhaftung absurd, weil Polanski seit 1978 immer wieder in der Schweiz gewesen sei, unter anderem 1995 am ersten Cinemusic Festival in Gstaad. Der Verband Filmregie und Drehbuch Schweiz (ARF/FDS) meldet, dass Schweizer Filmer vehement protestieren: «Die Verhaftung Polanskis ist nicht nur eine groteske Justizposse, sondern auch ein ungeheuerer Kulturskandal.»
Was ist davon zu halten? Polanski ist zweifellos einer der bedeutendsten Filmemacher der Welt und ich bewundere seine Filme. Andererseits hat er 1977 als 44-Jähriger mit einer 13-Jährigen Sex gehabt und ist vor der Verurteilung nach Frankreich geflüchtet, weil er als Staatsbürger von Frankreich nicht an die USA ausgeliefert wird. Darüber darf man eigentlich keine Witze machen. Aber können wir jetzt vielleicht Polanski gegen die Geiseln in Lybien austauschen? Oder werden jetzt dann auch in Frankreich ein paar Schweizer als Pfand genommen? Sicher wird dieser Vorfall in den nächsten Tagen noch für etliche Schlagzeilen sorgen.
Ich möchte daran erinnern, dass das Opfer im Dokumentarfilm «Roman Polanski: Wanted and Desired» (letztes Jahr am ZFF zu sehen!) selber sagt, man sollen ihn nicht länger verfolgen. Abgesehen davon ist das Ganze ein Debakel der Sonderklasse für die Schweiz und vor allem das Zurich Film Festival. Waren die in ihrer Star-Geilheit so naiv, dass sie nicht abgeklärt haben, ob für Polanski bei der Einreise Gefahr besteht? Jetzt könnte das Image des Festivals nachhaltig zerstört sein.
Wie klärt man ab, ob für eine Person, auf die ein Haftbefehl ausgestellt ist, bei der Einreise Gefahr besteht? Guten Tag Herr Notter, haben ihre Beamten vor, Polanski bei der Ankunft am Flughafen zu verhaften?
Hat man mit Polanskis Juristen abgeklärt, ob das Risiko einer Verhaftung besteht? Immerhin wurde der Haftbefehl 2005 erneuert, und erst kürzlich hat ein Riohter die Einstellung des Verfahrens abgelehnt. Falls ja, wäre das ZFF wohl entlastet. Den Imageschaden hat es trotzdem. Angeblich hat Harrison Ford schon auf Fox News die Schweiz beschimpft.
Die Schuld liegt einzig bei Polanski, wenn er in ein Land einreist, das von den USA gesuchte Vergewaltiger ausliefert. Dass dies nicht schon früher geschah scheint einfach Glück oder falscher Respekt vor dem Künstler Polanski gewesen zu sein.
Peinlich, dass das Festival in Zürich keine Stellung bezieht zu diesem Fall. Sie schickt die Jury vor (wie heute im Blick zu lesen war) und diverse andere Künstler, aber selber kann sich das Festival nicht zu einer Protestverantsltung durchringen, man könnte ja das Publikum vergraulen welches für die Verhaftung ist, bzw. es sich mit den internationalen Stars verscherzen die gegen die Verhaftung sind. Diese Stars sind in Zukunft ja so wichtig für das Festival. Traurig und Schade, geradezu peinlich die Posse des Festivals. Die Reputation ist sngekratzt, wenn nicht gar schon hinüber.
Das ist ja schon fast rührend, wie man sich um das Image und den Ruf des Festivals kümmert, um dann mächtig auf das Festival einzuhauen. Ich fordere wie Flo ein wenig Eigenverantwortung. Das ist wirklich nicht zu viel verlangt. Auch nicht von einem Meisterregisseur. Wir werden sicher auch noch hören, wie Polanski den Vorfall beurteilt und wem er die Schuld gibt.