Propaganda, Sake, Sex und Säbel in Genf

19. Filmfestival Black MovieDie Solothurner Filmtage dauern zwar noch bis am Sonntag, doch ich blicke schon auf das nächste Schweizer Festival voraus. Bereits nächste Woche beginnt nämlich in Genf das 19. Filmfestival Black Movie. Ursprünglich hatte ich gar nicht beabsichtigt, den weiten Weg nach Genf auf mich zu nehmen. Dann liess ich mich jedoch vom Programm überzeugen, ein paar Tage in die Calvinstadt zu reisen. Hier ein paar Angaben zum Festival sowie die Pressemitteilung.

Anfangs bestimmte der Name des Festivals das Programm: Black Movie zeigte Filme aus Afrika. 1999 übernahmen dann Virginie Bercher und Maria Watzlawick die Leitung und dehnten die Auswahl auf ausseramerikanische Filme aus. Von damals stammt auch der Zusatz «Filme aus einer anderen Welt», der nun aber wieder wegfiel, weil «in der Schweiz und insbesondere in Genf die neue Identität von Black Movie inzwischen klar» ist, wie Watzlawick in der letzten Ausgabe von «Ciné-Bulletin» erklärte.

Wie definiert sich denn nun dieses Festival, dass vom 30. Januar bis zum 8. Februar 2009 eine Auswahl der besten Filme aus Lateinamerika, Afrika und Asien präsentiert? Hier der Wortlaut der Pressemitteilung:

Das Filmfestival verkörpert das dynamische Filmschaffen dieser Kontinente und zeigt uns dieses Jahr eine besondere Vielfalt an poetischen, ungewöhnlichen, aufbegehrenden, merkwürdigen und packenden Werken. Die Filme wurden aus den verschiedensten Genres, Themen und Epochen vorurteilsfrei und unvoreingenommen ausgewählt. Die zehn Sektionen des Festivalprogramms bieten einen Überblick über das Filmschaffen des vergangenen Jahres, welches mehr als je zuvor den Problemen unserer Zeit gewidmet ist.

«Fils de…» («Sohn/Tochter von…»). Filme aus Asien, Afrika und Lateinamerika.
Wie Kinder, die mit eigenen Kräften ihre Selbständigkeit erwerben müssen, ergründen viele Filmschaffende ihre kulturelle und künstlerische Herkunft mit einem Blick auf ihre Eltern als Vorbild. Diese Lebensberichte enthüllen die Ablehnung oder die Anerkennung ihres elterlichen Erbes, wie dies u.a. die hervorragenden Filme Desierto Adentro von Rodrigo Plà («La Zona») und «12 Lotus» von Royston Tan zeigen.

Sake, Sex und Säbel – Japanisches Kino der 70er-Jahre
Um gegen den wachsenden Erfolg des Fernsehens in den 1960er-Jahren anzukämpfen, versuchte die japanische Filmproduktion dazumal das Publikum mit Genrefilmen zurückzugewinnen. Die Darstellung von Schwertkampfszenen und gewalttätigen, blutrünstigen Yakuzas, von erotisch-masochistischen oder psychedelisch-halluzinierenden Themen wurde tiefgreifender, aufreizender und gewagter als je zuvor. Die Autoren der Filme konnten dabei ihrer Einbildungskraft freien Lauf lassen und wurden so zum Vorbild für die Nachfolgegeneration.

Diese Sektion ist in mehrere Sparten unterteilt, darunter ist ein Panorama der schönsten Genrefilme der 1970er–Jahre (Yakuzas, Ungeheuer, Horrorthemen) anzufinden sowie ein Rückblick auf die «pink-eigas», sehr gewagte erotische Filme von Tanaka Noboru, Yasao Masumura und anderen Künstlern.

Nouvelle Vague der Philippinen
Im Jahre 2008 hat sich die philippinische Filmproduktion mehr als verdoppelt. Junge, völlig unabhängige Filmschaffende nutzten dies als Chance, die hergebrachten Regeln umzustürzen. Ausgelassene und aussergewöhnliche Talente warfen die alten Systeme der Produktion und Vermarktung von Filmen über Bord und nutzten ihre neue Freiheit für ideenreiche Schöpfungen wie der provozierende Film «Jay» von Francis Xavier Pasion und das faszinierende Werk «Baby Angelo» von Joel Ruiz.

Einladung der Rizoma Films
Dieses Jahr wurde die kleine argentinische Produktion Rizoma Films, die unter anderen die Filme «Los guantes mágicos» von Martin Retjman und «Whisky» von Juan Pablo Rebella und Pablo Stoll hervorbrachte, vom Festival eingeladen, um ihre in der Schweiz noch unbekannten Filme zu zeigen.

Ecrans Noirs, the best of
Das best of der letzten Festivaleditionen widmet sich den Regisseurinnen und Regisseuren, die rastlos und mit spärlichsten Mitteln, aber mit einer unglaublichen Energie Filme drehen. Der ausgezeichnete Film Divizion Z über die Vorstädte in Uganda vom dem Rapper-Künstler-Kollektiv Yes! That’s Us ist dafür ein gutes Beispiel.

Propagandakino
Entgegen allen Erwartungen entdeckten wir eine bedeutende Filmproduktion in Nordkorea. Ihre Hauptaufgabe ist es, «den Menschen die Einheitsideologie der Partei einzuprägen und die gesamte Gesellschaft im Sinne der grossen Ideen des Juche zu vereinheitlichen» (Kim Jong-Il in «Von der Filmkunst»). In diesen Filmen werden das Opfer für die Heimat, die Liebe zur Familie, der Respekt für Frauen und die Gleichheit zwischen Reichen und Armen idealisiert.

Neben dieser Rückschau wird ein ergreifender Film aus Südkorea über die Heimsuchungen eines Flüchtlings aus Nordkorea gezeigt, «Hello Stranger» von Kim Dong-hyun. Schliesslich präsentiert uns diese Sektion einen Dokumentarfilm über das Schicksal von drei amerikanischen Kriegsgefangenen in Nordkorea, die im Lande blieben und sich als Schauspieler auf Rollen von Bösewichten aus dem Westen spezialisierten.

«A suivre…» («Fortsetzung folgt…»)
Die Lieblingssektion von Black Movie zeigt neue Werke von Filmschaffenden, die bereits in vergangenen Editionen des Festivals gefeiert wurden. Dieses Jahr werden zehn Glanzstücke von Filmemachern vorgestellt, die auf dem Höhepunkt ihres Schaffens stehen, wie etwa Rabah Ameur-Zaïmeche mit dem eindringlichen Werk «Dernier Maquis» oder Amat Escalante mit dem bemerkenswerten Film «Los bastardos», der bereits Kultstatus erreicht hat.

Nuits blanches (Durchwachte Nächte)
Nachtschwärmer auf der Suche nach starken Eindrücken werden es geniessen, die nächtlichen Stunden in Gesellschaft der Crème de la Crème der asiatischen Filmkreativen verbringen zu können. Neben einer Auswahl explosiver Filme aus Südkorea beehrt uns in diesem Jahr der leidenschaftliche Regisseur Takashi Miike mit seinen neuesten Filmen.

Le Petit Black Movie
Auch wenn die Programmverantwortlichen des Petit Black Movie inzwischen volljährig geworden sind, wendet sich diese Sektion immer noch an die 4- bis 12-Jährigen. Wie immer wird es auch in diesem Jahr Spielprogramme und Unterhaltungen geben, die unseren lieben Kleinen den Hintergrund des Filmschaffens nahebringen sollen, z.B. ein Tonatelier.

Daneben finden Sonderveranstaltungen wie Vorträge, Tischrunden und Konzerte statt. Mein Augenmerk habe ich zunächst auf die japanischen und nordkoreanischen Filme gelegt, doch wenn alles klappt, werde ich auch einige Beiträge aus den anderen Sektionen sehen.

Leave a comment