Everything’s gonna lead to the same place.
Nachdem Independent-Regisseur Gus Van Sant («Milk», «Paranoid Park») in «Psycho» und «Finding Forrester» mit den Formen des Hollywood-Films experimentiert hatte, kehrte er 2002 zu seinen Wurzeln zurück. Gemeinsam mit Matt Damon und Casey Affleck (dem ungleich talentierteren jüngeren Bruder von Ben Affleck) zog es ihn in die Wüste. Ein hypnotisierendes Meisterwerk.
In «Gerry» begeben sich zwei junge Männer auf einen Wanderweg in einem Naturpark, um sich eine Sehenswürdigkeit anzuschauen. Doch nach einem Abstecher abseits des markierten Pfads finden sie plötzlich nicht mehr zu ihrem Auto zurück. Schnell bricht die Nacht herein, und am folgenden Tag gleiten sie immer tiefer in die Orientierungslosigkeit einer kargen Wüstenlandschaft.
Gespräche über Videospiele und Fernsehsendungen weichen langsam verzweifelten Diskussionen über mögliche Lösungsvorschläge, doch je aussichtsloser die Situation wird, so verschwiegener werden die beiden an sich schon nicht sehr gesprächigen Kerle. Das Rauschen des Windes und die Schritte der Figuren sind dann auch die prägenden Elemente auf der Tonspur von «Gerry». Bis jeweils die erhabene Musik von Arvo Pärt einsetzt, die wie für den minimalistischen Film komponiert zu sein scheint.
Oft ist der Film aber einfach ein Bild-/Tongedicht, wie in folgender dreieinhalb-minütigen Einstellung: Zwei Köpfe in der Wüste. Auf und ab im gleichen Takt. In einer langen Sequenz begleitet die Kamera in Grossaufnahme die vor einem unscharfen Hintergrund auf und ab wippenden Gesichter. Ihre Augen sind meist starr auf den Boden vor ihnen gerichtet. Auf der Tonspur sind nur die rhythmisch auf dem Sand knirschenden Schritte der Männer zu hören, dann und wann wieder das sanfte Rauschen des Windes – eine Sinfonie der Verlorenheit.
Zwischendurch suchen sie mit den Augen den Horizont ab – mal kurz, mal länger. Dann dreht sich einer zurück. Doch auch dort findet er keine Rettung aus seiner Isolation. Nun wippen die Köpfe zeitlich verschoben auf und ab. Der Gegentakt macht sich auch auf der Tonspur bemerkbar. Das Rauschen des Windes wirkt noch unheilvoller. Der andere wischt sich mit einem blauen Kleidungsstück den Schweiss vom Gesicht. Ein kleiner Farbtupfer. Ist da ein Schmunzeln auf dem Gesicht? Schliesslich verschwinden die Köpfe aus dem Bild; die Umgebung bleibt verschwommen.
Für die Kamerarbeit zeichnete sich Harris Savides verantwortlich, der auch bei «Finding Forrester», «Elephant», «Last Days» und «Milk» für Van Sant hinter der Kamera stand. Die Wüstenlandschaften boten ihm die ideale Spielfläche für erhabene Aufnahmen trostloser Verlorenheit. Der visuell betörende Film, der 2002 in Locarno im Internationalen Wettbewerb lief, ist ein Meisterwerk der Reduktion.
Als einziges Extra bietet die DVD Aufnahmen von den Dreharbeiten. Die spärliche Ausstattung unterstreicht in diesem Fall die Aussage des Films. Erklärungen wären sowieso nicht angebracht. Bild- und Tonqualität sind ausreichend.
Bewertung:
Bild-/Tonqualität:
Bonusmaterial:
(Bilder: ©Plazavista)