Music’s the only thing that makes sense anymore. Play it loud enough, it keeps the demons at bay.
You say you want a revolution? Ganz sicher? Diese Frage haben 1968 John Lennon und Paul McCartney gestellt. Knapp 30 Jahre später wurde sie von Julie Taymor in ihrem Musical «Across the Universe» wieder aufgeworfen. Die Zeiten haben sich unterdessen zwar verändert, aber dennoch ist vieles gleich geblieben. Die USA führen immer noch weltweit Kriege und gewisse Gesellschaftskreise versuchen den anderen Menschen ihre Lebensweise aufzudrängen. Höchste Zeit für eine neue Revolution. Aber bitte gewaltfrei und ohne Bilder von Mao Zedong, dafür mit möglichst viel Musik der Beatles. Das Resultat ist berauschend.
Von den Docks in Liverpool bricht der Hafenarbeiter Jude (Jim Sturgess) nach New Jersey an die renommierte Princeton University auf, wo er seinen Vater treffen möchte. Der ist aber nicht wie erhofft ein Professor, sondern ein Abwart und hat zudem eine Familie. Dafür trifft Jude auf den lebensfreudigen Max (Joe Anderson), der ihn für Thanksgiving zu seiner konservativen Familie in Massachussetts einlädt. Dort verliebt sich Jude in Lucy (Evan Rachel Wood, «Whatever Works»), die Schwester von Max. Die hat allerdings schon einen Freund.
So machen sich Jude und Max auf den Weg nach New York, wo sie in einer bunt gemischten WG auf Gleichgesinnte stossen, etwa die Sängerin Sadie (Dana Fuchs), die schüchterne Künstlerin Prudence (T. V. Carpio) oder der Gitarrist Jo-Jo (Martin Luther). Zusammen durchleben sie die brisante politische Zeit Mitte der 60er-Jahre mit Rassenunruhen und den Protesten gegen den Vietnamkrieg. Schliesslich kommt auch Lucy nach New York und erwidert die Liebe von Jude. Doch nicht nur die politischen Ansichten, sondern auch die Emotionen sorgen für kräftige Konfrontationen.
Wenn die Figuren Jude, Lucy, Sadie und Prudence heissen, dann ist schon früh klar, welche Lieder hier aus den Lautsprechern erklingen werden. Ganz so selbstverständlich werden «Dear Prudence» und «Hey Jude» aber nicht besungen, «Lucy in the Sky with Diamonds» erklingt sogar erst über den Abspann. Und Sadie ist zwar sexy, aber nur im Bild und nicht auf der Tonspur. Dafür werden sonst alle Stichworte aufgenommen, um über Liebe und Revolution zu singen. Das ist meist vorhersehbar, aber irgendwie auch amüsant, manchmal aufwühlend.
Wer schon immer genau zugehört hat, weiss natürlich, wie vorzüglich die Lieder von John Lennon, Paul McCartney und George Harrison wirklich sind. Wie nun Julie Taymor beweist, eignen sich die Texte fast ideal, um eine Geschichte zu erzählen. Wieso wohl noch niemand auf diese Idee gekommen ist? Neu ist diese Kombination keineswegs. Zuerst waren da schon einmal die Beatles selbst, die in respektlosen Musikkomödien ungestüm ihre freche Jugendlichkeit ausgelebt haben und etwa in «A Hard Day’s Night» unter der Regie von Richard Lester ebenso dynamisch über die Leinwand gestürmt sind wie nun die Helden aus Taymors Fantasie.
Damals waren die Lieder allerdings noch nicht wirklich in eine Handlung eingebunden. Wie diese Verbindung funktioniert, haben dafür vor «Across the Universe» zwei moderne Musicals bereits gezeigt. «Moulin Rouge» und «Hedwig and the Angry Inch» haben die Handlung unwiderstehlich durch Pop- und Rock-Musik vorangetrieben. Ältere Semester werden auch an das Musical «Hair» zurückdenken, dessen Geschichte zudem gewisse Ähnlichkeiten mit «Across the Universe» vorweist.
Das Musical von Julie Taymor wirkt aber dennoch unbändig frisch. Höhepunkte sind sicherlich die Auftritte von Bono als Dr. Robert, der eine sehr psychedelische Version von «I Am the Walrus» singen darf und dazu aufruft, den Bus(c)h zu überwinden. Verzückend sind auch Eddie Izzard als Mr. Kite, der – wie könnte es anders sein – «The Benefit of Mr. Kite» intoniert, und Joe Cocker, der «Come Together» brüllt. Die übrigen Lieder werden nicht weniger betörend von den Hauptdarstellern Evan Rachel Wood, Jim Sturgess, Joe Anderson, Dana Fuchs, T. V. Carpio und Martin Luther angestimmt.
Getragen wird der Film von der fesselnden Geschichte von Lucy und Jude. Einige Nebenstränge lenken eher unvorteilhaft von dieser mitreissenden Romanze ab. Dennoch vermag die wilde Reise in die 60er-Jahre, in den Bann zu ziehen. Besonders die jungen, mit Ausnahme von Rachel Evan Wood fast gänzlich unbekannten Hauptdarsteller begeistern durch ihre unverbrauchte Interpretation der Figuren. «Across the Universe» ist ein schillerndes Musical, dass zwischendurch ein wenig zähflüssig daherkommt, aber immer wieder überwältigt.
Die Bildqualität der Blu-ray-Disc ist abgesehen von leichtem Flimmern an Kanten und Übergängen tadellos. Die Tonspur (Dolby True HD 5.1) ist meist eher dezent, bietet aber dennoch einige überzeugende Effekte und mischt vor allem die Musik wunderbar auf die Kanäle. Das Bonusmaterial beschäftigt sich umfassend mit den einzelnen Aspekten der Produktion. Neben einem allgemeinen Drehbericht (29 Minuten) stehen die jungen Schauspieler (27 Minuten), die Musik (15 Minuten), die Choreografien (9 Minuten) und die Spezialeffekte (6 Minuten) im Zentrum. Von acht Gesangseinlagen sind zudem ausführlichere Varianten vorhanden und auch eine entfallene Szene (52 Sekunden) fehlt nicht. Teilweise etwas zu schweigsam ist der (deutsch untertitelte) Audiokommentar von Taymor und Komponist Elliot Goldenthal.
Bewertung:
Bild-/Tonqualität (Blu-ray):
Bonusmaterial (Blu-ray):
(Bilder: ©Sony)
Ha, einer meiner Lieblingsfilme! Du hast diese Woche ein glückliches Händchen (oder die BR-VÖ-Daten sind günstig).
Ich war schon bei den ersten Takten von “Girl” gefangen. Es hätte schief gehen können, aber die Musik wurde wirklich hervorragend verarbeitet. Der Soundtrack ist auch sehr empfehlenswert, denn (zumindest bei der Doppel-CD) sind alle Lieder in chronologischer Reihenfolge drauf.