Journée de Films de Femmes à Soleure

«Going Against Fate»

Schon einmal von einem Festival für Filme von Frauen gehört? Ich auf jeden Fall bis gestern noch nicht. Sollte mir das jetzt peinlich sein? Wie es der Zufall wollte, habe ich genau an diesem Tag an den Solothurner Filmtagen drei Filme von Frauen gesehen – und dazwischen noch einen von einem Mann. Dabei habe ich vor allem viel von einer Schweizer Filmpionierin gelernt und zugleich meine Vorlieben befriedigen können. Aber alles der Reihe nach.

Zum Auftakt entführte ein filmisches Essay nach Luzern. In «Magdi» beobachtet Christina Zulauf die letzten Tage einer legendären Altstadtbeiz vor dem Umbau. Das leicht vergammelte Lokal war offenbar ein Treffpunkt für Personen, die sich gerne als Aussenseiter betrachten. So geben sie sich zumindest vor der Kamera, schwärmen von der einzigartigen Atmosphäre im «Magdi» und einige lassen sich genüsslich volllaufen. Zulauf fängt die Stimmung in der Beiz ungeschminkt ein. Ganz eindeutig nicht meine Sorte von Menschen, aber ein vortreffliches Filmdokument.

«Magdi» wurde als Vorfilm von dem Dokumentarfilm gezeigt, dem mein eigentliches Interesse galt. Wenn ich es mir leisten kann, gönne ich mir einen Besuch beim Tonhalle-Orchester. In letzter Zeit ist das jedoch eher selten vorgekommen. Daher wollte ich mir – ein wenig als Kompensation – den Dokumentarfilm «Going Against Fate» (Bild 1) von Viviane Blumenschein nicht entgehen lassen. Der Film begleitet Dirigent David Zinman und das Tonhalle-Orchester während Proben, Konzerten und Einspielungen zur 6. Sinfonie von Gustav Mahler.

Besonders hohe Erwartungen hatte ich ehrlich gesagt nicht an den Film. Umso überraschter stellte ich fest, dass «Going Against Fate» ein vorzüglicher Dokumentarfilm ist, der durch geschickte Verknüpfung der Proben und Interviews mit Zinman und einigen Musikern nicht nur in das musikalische Werk von Mahler einführt, sondern zugleich den Charakter des Orchesters enthüllt. Auch vom Rhythmus und den Aufnahmen her ist der Film, der immer wieder aus dem Konzertsaal führt, künstlerisch sehr ansprechend gelungen.

«Isa Hesse-Rabinovitch»Am Nachmittag habe ich dann endlich entdecken wollen, wie die Filme von Anka Schmid sind. Die freischaffende Regisseurin und Drehbuchautorin ist nämlich zusammen mit mir im Vorstand vom Fantoche Förderverein. Von den seit 1991 entstandenen Spiel-, Dokumentar- und Auftragsfilmen von Anka habe ich aber noch nichts gesehen. An den Solothurner Filmtagen wurde nun dieses Jahr von ihr neben dem Experimentalfilm «Hierig-Heutig» auch der Dokumentarfilm «Isa Hesse-Rabinovitch» (Bild 2) gezeigt. Das Porträt zeigt den künstlerischen und biografischen Werdegang von Isa Hesse-Rabinovitch.

Die Tochter künstlerisch tätiger Immigranten heiratete einen Sohn von Hermann Hesse, mit dem sie drei Kinder hatte. In den 40er-jahren arbeitete sie zunächst als Illustratorin, dann auch als Reporterin und Fotografin. Als 52-Jährige begann sie 1969 zu filmen. Wie der Dokumentarfilm schildert, stiessen ihre Experimentalfilme an Festivals im Ausland auf lobende Anerkennung – auch an den in den 70er-Jahren aufkommenden Festivals für Filme von Frauen. Trotzdem bekundete die unermüdliche Filmpionierin etliche Mühe ihre Projekte in der verstaubten Schweiz zu finanzieren.

Der Dokumentarfilm verbindet umfangreiches Archivmaterial mit Ausschnitten aus den Werken von Hesse-Rabinovitch sowie Interviews mit Freunden, Verwandten und Kollegen der 2003 in Küsnacht verstorbenen Künstlerin. In seiner Kompaktheit ist der äusserst informative Dokumentarfilm ein wenig anstrengend, aber zugleich auch reichlich inspirierend. Im Frühjahr möchte die Produzentin Franziska Reck in Kombination mit Kurzfilmen von Hesse-Rabinovitch eine kleine Tournee durch Schweizer Kinos starten.

Dazwischen überzeugte auch «La mécanique des anges» von Alain Margot. Der Dokumentarfilm setzt sich mit der Arbeit des verblüffenden Kunsthandwerkers François Junod auseinander, der in Sainte-Croix ausgeklügelte mechanische Automaten und Skulpturen entwirft und konstruiert. Margot begleitete Junod und sein Team bei einem Projekt in Spanien, dass vollen Einsatz abforderte.

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