Trickfilmwettbewerb Suissimage SSA 2009

«Flowerpots» von Rafael Sommerhalder

Wie schon vor einem Jahr habe ich mich an den Solothurner Filmtagen besonders auf den Trickfilmwettbewerb Suissimage SSA gefreut. Die Schweizer Trickfilmgruppe STFG hat für diesen Wettbewerb zwölf Werke ausgewählt. Daraus durfte das Publikum seinen Liebling bestimmen. Der Siegerfilm und das letztplatzierte Werk kann auch hier betrachtet werden.

Im Vorfeld verlieh die Jury der SSA-Suissimage bereits den Nachwuchspreis 2009 an «Signalis» von Adrian Flückiger. Das unfehlbare Timing und die liebevollen Details des vergnüglichen Stop-Motion-Films, in dem ein Wiesel in einem Lichtsignal inmitten Verkehrsgeriesel sitzt und den Verkehr regelt, gab es dann am Donnerstagnachmittag in der Reithalle leider nicht mehr zu bewundern. Aber auch sonst liessen sich einige Leckerbissen entdecken, von denen ich die Hälfte allerdings schon letztes Jahr gesehen habe.

Stark vertreten war die Hochschule Luzern – Design und Kunst mit gleich drei Abschlussfilmen ihrer Animationsfilmstudenten. Positiv habe ich mich an anderer Stelle schon über die wunderbar poetischen Werke «The House» von Milan Hofstetter und «Die Kinder im Mond» von Ursula Ulmi geäussert. Auch den sehr kurzen, sehr morbid vergnüglichen Episodenfilm «Jungle Seasoning» von Dustin Rees und Filomena Alder habe ich letztes Jahr schon mehrmals auf einer Leinwand bestaunen können.

In der Abstimmung des Publikums schwang jedoch «Flowerpots» von Rafael Sommerhalder obenauf. Der in Lenzburg aufgewachsene Animationskünstler wurde 2005 für «Herr Würfel» mit dem Nachwuchspreis für den besten Trickfilm ausgezeichnet und hat den Trailer für Fantoche 07 geschaffen. Sein letztes Jahr im Londoner Atelier des Aargauer Kuratoriums entstandener Kurzfilm «Flowerpots» kann als Reduktion aufs Notwendigste charakterisiert werden, eine an La Linea erinnernde Fantasie. Ein Mann in einem Blumentopf ist die zentrale Figur.

Der Mann mit dem besonderen Schuhwerk hüpft durch die Gegend, zaubert so manchen Gegenstand aus seinem Mantel und erinnert an die Kreisförmigkeit des Lebens. So simpel die Animation wirkt, so perfekt spielt Sommerhalder mit dem zeitlichen Ablauf. Zuvor habe ich den Strichfilm schon im Internet gesehen, nun durfte ich feststellen, dass die Animation auch auf Grossleinwand bestens funktioniert. Besonders ausgeklügelt ist die Tonspur, die – ohne Übertreibung – mindestens die Hälfte der Wirkung ausmacht. Ein verdienter Sieger, den es hier in voller Länge zu sehen gibt:

Nur gerade im Mittelfeld landete Altmeister Georges Schwizgebel mit «Retouches». Eine leichte Ermüdungserscheinung? Ich muss sagen, dass mir das rastlose Farbenspiel immer besser gefällt. Der Kurzfilm setzt sich explizit mit der künstlerischen und künstlichen Entstehung von Bewegung auseinander. Ein in den Wellen des Meeres schwimmender Stock verwandelt sich allmählich in den Scheibenwischer eines Autos. Dann greift die Hand des Zeichners selbst ein, jagt Striche eine Rolltreppe hinauf – bis aus den Strichen schliesslich eine Person entsteht.

In «Retouches» spielt Schwizgebel mit Formen, assoziert frei mit den vorhergehenden Strukturen und auch der dazu ertönenden Musik. Auf der Tonebene interagieren die verträumten Kompositionen von Normand Roger mit den Bildern: Bald treiben sie die Zeichnungen an, bald nehmen sie den Takt der Bewegungen auf. Dazwischen mischen sich das Rauschen des Meeres oder Vogelgezwitscher, Geräusche eines Besens oder Scheibenwischers.

Die treibende Kraft hinter den Verwandlungen sind assoziative Verbindungen, etwa vom gleichmässigen hin und her eines Balles zu flatternden Blättern. Die markanten Striche von Schwizgebel bewegen sich dabei verspielt im Raum und beflügeln die Fantasie. Durch das Aufgreifen zahlreicher Motive aus seinen früheren Arbeiten fügt sich «Retouches» zudem nahtlos in das Werk von Schwizgebel.

Wie schon letztes Jahr wurde auf der Seite der STFG die volle Liste der Abstimmungsresultate publiziert. Die Zahlen bestätigen mein Eindruck, dass die Reithalle dieses Jahr nicht ganz so gut gefüllt war wie noch 2008. Wurden letztes Jahr insgesamt 438 Stimmzettel abgegeben (oder zumindest für gültig erklärt), waren es dieses Jahr nur 389. Hier die Resultate:

1. «Flowerpots» von Rafael Sommerhalder (80 Stimmen)
2. «Radostki» von Magdalena Osiska (60 Stimmen)
3. «Tango Lola» von Isabela Rieben und Sami ben Youssef (58 Stimmen)
4. «Die Kinder im Mond» von Ursula Ulmi (43 Stimmen)
5. «Jungle Seasoning» von Dustin Rees und Filomena Alder (39 Stimmen)
6. «Chrigi» von Anja Kofmel (34 Stimmen)
7. «Retouches» von Georges Schwizgebel (25 Stimmen)
8. «The House» von Milan Hofstetter (14 Stimmen)
9. «Lullaby» von Andrey Zolotukhin (12 Stimmen)
10. «3 notes de clarinette» von Anne Baillod (10 Stimmen)
11. «In Limbo» von Michèle Ettelin (9 Stimmen)
12. «Odio Terz» von Margaux Renaudin (5 Stimmen)

Nicht wirklich überrascht hat der letzte Platz für «Odio Terz» von Margaux Renaudin. Das experimentelle Musikvideo flimmerte zum Abschluss über die Leinwand und forderte vom Publikum noch einmal höchste konzentration ab. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch die Aufnahmefähigkeit für diese strukturierte Erforschung von Abstraktion vermutlich schlicht nicht mehr wirklich vorhanden. Für eine entspanntere Beurteilung lässt sich das Formenspiel hier noch einmal in Ruhe betrachten:

Leave a comment