Von den Oscar-Anwärtern in diesem Jahr hat mich bisher keiner so restlos überzeugt wie das meisterliche Trio aus dem letzten Jahr, angeführt von «There Will Be Blood» und ergänzt durch «No Country for Old Men» und «Juno». Das Coen-Drama muss ich mir erst noch einmal ansehen, aber von den Vorzügen von «Juno» habe ich mich nun auch auf Blu-ray-Disc beeindrucken lassen können. Auch bei der zweiten Betrachtung musste ich an mehreren Stellen laut lachen. Die Komödie von Regisseur Jason Reitman («Thank You for Smoking») und Drehbuchautorin Diablo Cody ist ungeheuer witzig und erfrischend frech. Ganz so, wie es mir gefällt. Daneben ist es aber auch eine unheimlich süsse Liebesgeschichte.
Die 16-jährige Juno MacGuff (Ellen Page) ist eine punkige, selbstbewusste und offenherzige Schülerin, die nach ihren eigenen Regeln lebt. Ein typisch langweiliger Nachmittag endet sehr aufregend, als Juno beschliesst, den unauffälligen, Tic-Tac-schluckenden Paulie Bleeker (Michael Cera) ins Sexleben einzuführen. Juno wird schwanger und entschliesst sich in letzter Minute gegen eine Abtreibung.
Da sie aber das «Ding» in ihrem Bauch nicht behalten möchte, brütet Juno gemeinsam mit ihrer besten Freundin Leah (Olivia Thirlby) einen Plan aus, um das perfekte Elternpaar für das ungeborene Kind zu finden. Dabei stossen sie auf Mark (Jason Bateman) und Vanessa Loring (Jennifer Garner), ein wohlhabendes Pärchen aus der Vorstadt, dem zum Glück einzig noch ein Kind fehlt. Doch während Juno sich ganz gelassen der neuen Situation anpasst, braut sich um sie herum ein Sturm zusammen. Mark hat plötzlich Zweifel, ob er Vater werden möchte.
Diablo Cody erzählt in ihrem ersten verfilmten Drehbuch ganz bestimmt keine ungewöhnliche Geschichte. Unkonventionell ist aber mit Sicherheit die lockere Herangehensweise an das Thema. Die Handlungsstränge werden zudem ganz bestimmt nicht den üblichen Erwartungen entsprechend aufgelöst. In dieser leicht rebellischen Unverkrampftheit liegt sicher auch das Geheimnis des Erfolgs von «Juno». Die Newcomerin Cody wurde dafür zurecht mit einem Oscar für das beste Original-Drehbuch ausgezeichnet.
Für die Entfaltung der Wirkung der Figuren und der Handlung ist aber nicht zuletzt Regisseur Jason Reitman verantwortlich, der nach seinem Debütfilm «Thank You for Smoking» schon wieder grandioses Talent für einfühlsamen Umgang mit den Schauspielern und ein perfektes Timing für witzige Szenen unter Beweis stellt. Die Szene in der Abtreibungsklinik ist in dieser Hinsicht ein absoluter Knüller. Aber auch sonst setzt Reitman seine filmischen Mittel ungewöhnlich wirkungsvoll ein.
Ebenso passend besetzt wie die Hauptdarstellerin sind auch die zahlreichen Nebenfiguren, angefangen von Cera und Thirlby über Bateman und Garner bis hin zu J.K. Simmons und Allison Janney, die Vater und Stiefmutter spielen. Wie Janney beim Arztbesuch die Ultraschalltechnikerin zurechtstaucht, ist einfach köstlich. Es gibt übrigens einen guten Grund, weshalb man nicht allzu laut lachen sollte: die geschliffenen Dialoge von Cody lassen die Pointen manchmal so scharf aufeinander folgen, dass schnell einmal eine köstliche Zeile übertönt wird. Und dann sind da noch die treffenden Lieder auf der Tonspur.
Lohnt es sich, eine eher intime Komödie auf Blu-ray-Disc zu kaufen? In «Juno» kommen zwar keine Explosionen vor, die Augen und Ohren betören, dafür fängt das klare Bild aber natürlich auch die geringsten Nuancen im Ausdruck der Schauspieler ein. Wer zudem einmal auf Blu-ray-Disc umgestellt hat, wird auch für weniger aufreizende Filme nicht mehr auf das weniger detailliertere Format zurückkehren.
20th Century Fox hat allerdings beim Bonusmaterial verpasst, die Vorteile von Blu-ray voll hervorzuheben. Die durchwegs ansprechenden Extras sind nämlich lediglich in Standardauflösung enthalten und erhalten nur daher nicht die Höchstnote. Besonders gelungen sind die entfallenen Szenen (20 Minuten) mit aufschlussreichem Kommentar von Reitman und Cody sowie die Testaufnahmen (22 Minuten), welche die Entwicklung des Drehbuchs veranschaulichen. Von der ersten bis zur letzten Minute habe ich mir auch den sehr kurzweiligen Audiokommentar von Reitman und Cody angehört, die höchst bescheiden hinter die Kulissen der Produktion blicken lassen.
Film:
Bild-/Tonqualität (Blu-ray):
Bonusmaterial (Blu-ray):
(Bilder: ©Fox)
Die “geschliffenen Dialoge” waren mir ehrlich gesagt ein wenig zu pointiert und gewitzt. Die trockene Sprüche und ironischen Seitenhiebe von Juno sind zwar immer wieder ganz lustig, wirken aber mit der Zeit auch ein wenig nervig und angestrengt – und auch wirklichkeitsfremd: so geschliffen redet keine 16-jährige, zumindest nicht non-stop.