Was kann ich noch über einen Film schreiben, den sowieso schon alle gesehen habe. «Everyone has seen the movie,» lautet zumindest die ein wenig einschüchternde Einschätzung von Filmkritiker Mick LaSalle im Bonusmaterial zur Blu-ray-Disc-Edition von «The Godfather: The Coppola Restoration». Die Aussage wird aber gleich anschliessend durch Trey Parker relativiert, der von Mitarbeitern erzählt, die zwar Szenen aus «The Godfather»-Trilogie erkennen, die Filme aber nicht gesehen haben.
So gehe ich nun einmal davon aus, dass es auch hier genügend Leser gibt, die sich «The Godfather»-Trilogie noch nicht angeschaut haben. Die restaurierten Blu-ray-Discs sind nun die ideale Gelegenheit, die Filme in einer Qualiät zu erfahren, wie es Francis Ford Coppola und sein Team beabsichtigt haben. Das neue Bonusmaterial gewährt zudem spannende Einblicke in die sich stets wandelnde Welt des Paten.
Ende der 60er-Jahre war Hollywood im Umbruch. Die Rezepte des klassischen Kinos waren nicht mehr erfolgreich und die Kinos verloren immer mehr Zuschauer an das Fernsehen. 1970 gründete Francis Ford Coppola zusammen mit George Lucas in San Francisco das unabhängige Studio American Zoetrope. Sie waren nicht nur wegen der Entfernung von Hollywood Aussenseiter der Filmindustrie. Als ihm die Regie von «The Godfather» angeboten wurde, wollte Coppola eigentlich ablehnen, da die Firma aber verschuldet war, nahm er auf Rat von Lucas das Angebot an. So entstand der angesehenste und einflussreichste Mafia-Film-Reihe.
Die Handlung dreht sich um die Corleone-Familie, deren Oberhaupt, der geachtete Don Vito (Marlon Brando), für Gerechtigkeit und Ordnung in seinem Gebiet sorgt. Doch wie es bei Verbrecherorganisationen häufig der Fall ist, versuchen gegnerische Anführer immer ihren Einfluss auf Kosten von anderen Familien zu vergrössern. Als Don Vito sich weigert, einem aufstrebenden Drogenhändler seinen Schutz und seine Unterstützung zu gewähren, wird er zur Zielscheibe.
Als der Vater verletzt im Spital liegt, beschliesst sein Sohn Michael (Al Pacino) entgegen früheren Absichten, in die Fussstapfen seines Erzeugers zu treten. Er entwirft den Plan zur Rache an den Urhebern des Attentats auf seinen Vater. Nachdem er sie in einem Restaurant erschossen hat, muss er zuerst untertauchen. Michael flüchtet nach Sizilien, in die Heimat seiner Ahnen. Doch der Aufenthalt ist trotz Hochzeit mit einer bezaubernden Schönheit zeitlich beschränkt. Michael strebt die Kontrolle der Geschäfte in den USA an.
Der erste Teil der Trilogie ist ganz klar in vier Teile gegliedert. Die Übergänge werden durch gewaltsame Ereignisse markiert. Dazwischen legt Coppola aber vor allem Wert auf die Stimmung und die Figuren. Die Verwandlung von Michael von einem zahmen Kriegshelden in einen skrupellosen Verbrecherboss ist zwar ein wenig abrupt, wird aber durch die sorgfältig inszenierte und unnachahmliche Atmosphäre voll und ganz aufgewogen.
Durch den kommerziellen Erfolg von «The Godfather» genoss Coppola, der bei den Dreharbeiten zum ersten Teil noch unter strenger Überwachung durch das Studio stand, bei der Umsetzung von «The Godfather: Part II» mehr Freiheiten. So konnte er der Fortsetzung eine ausgeklügelte Struktur verpassen, die zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart abwechselt und den Aufstieg und (Beinahe-)Fall des Corleone-Imperiums schildert. Für die Rolle des jungen Vito Corleone konnte Robert De Niro engagiert werden.
Die ausführlichen Rückblenden erzählen, wie Vito Corleone als Kind aus Sizilien flüchten musste und 1901 in New York ankommt. Als junger Erwachsener schliesst er sich einem Kleinkriminellen an. Ihre Raubtouren erregen bald die Aufmerksamkeit des lokalen Erpressers Don Fanucci, der von den Geschäften Schutzgeld verlangt. Auch die Einbrecher sollen ihm Abgaben leisten, doch Vito Corleone hat andere Vorstellungen.
Daneben wird das Schicksal der Corleones Ende der 50er-Jahre beschrieben. Michael Corleone ist immer noch der Anführer. Er beabsichtigt, das Familienunternehmen in eine legitime Zukunft zu führen. Dazu erhöht er die Investitionen in die Casinos in Las Vegas und sucht nach weiteren Geschäftsmöglichkeiten. Gleichzeitig muss er sich aber auch immer wieder gegen die Angriffe von anderen Clans wehren und die Behörden fordern ihn zum Erscheinen vor einem Ausschuss des Senats auf, wo er Rechenschaft über seine Aktivitäten ablegen muss.
De Reiz der Fortsetzung liegt vor allem in der opulenten, sich über mehrere Jahrzehnte erstreckenden Erzählweise. Vielschichtig und ausschweifend wird auf diese Weise das Vorgehen der kriminellen Machthaber seziert. Daneben überzeugt aber auch wieder die unübertreffliche Figurenzeichnung und die betörende Milieuschilderung. Zurecht wurde «The Godfather: Part II» 1975 mit sechs Oscars ausgezeichnet.
Fünfzehn Jahre später durfte sich Coppola erneut seiner Mafia-Familie zuwenden. Die Filmindustrie stand 1990 wieder auf solideren Füssen und so musste er sich dieses Mal wieder mehr Einmischungen gefallen lassen. Befreit vom dramaturgischen Schnickschnack der ersten beiden Teile wird in «The Godfather: Part III» gradlinig die bisher grösste Herausforderung der Corleones geschildert. Das Ende vorausnehmend wollte Coppola diesen Teil sogar «The Death of Michael Corleone» nennen.
Der Tod von Michael Corleone erfolgt entgegen den Erwartungen nicht gewaltsam. Bevor er im Rollstuhl stirbt, muss er aber zunächst noch die schwersten Schläge seines Lebens einstecken. Zu Beginn scheint Don Michael auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Er erhält vom Vatikan eine Auszeichnung für seine wohltätigen Werke. Zudem ist es ihm beinahe gelungen, die kriminellen Verbindungen zu trennen. Als letzter Schritt steht die Übernahme der International Immoboliare, einer gigantischen Grundstücksgesellschaft, die vom Vatikan verwaltet wird.
Gegen diese Übernahme regen sich aber bald Widerstände. Einerseits sind die Anführer der übrigen Familien neidisch auf den Erfolg von Don Michael und fordern den ihnen angeblich zustehenden Anteil. Andererseits beunruhigt das Vorgehen auch die geistlichen Machthaber in Italien, die es nicht gewohnt sind, solche Einmischungen zu tolerieren. Zur Abwicklung des Geschäfts reist Michael im zweiten Teil des Films nach Sizilien, wo sich die Ereignisse zuspitzen. Das Finale ist Filmkunst in Perfektion.
Der letzte Teil der Trilogie wird häufig völlig unverdient unterbewertet. Während die ersten beiden Teile in der Benotung der Benutzer der IMDb zur Zeit den 2. und 3. Platz belegen, kommt «The Godfather: Part III» nicht einmal in die Nähe dieser Rangliste. Dabei steht der dritte Teil den Vorgängern praktisch in nichts nach. Coppola hat sogar noch mehr Augenmerk auf die Konstruktion der Figuren und die Ausgestaltung der Stimmung gelegt. Die unheilvolle Verknüpfung von Kirche und Verbrechen ist zudem ein Geniestreich, die auch zu meinem liebsten Motiv aus der ganzen Serie führt:
Für die neue Ausgabe, «The Godfather: The Coppola Restoration», die eben nicht nur auf DVD, sondern vor allem auf Blu-ray-Disc erhältlich ist, wurden die ersten beiden Teile sorgfältig restauriert. Für den dritten Teil war der Aufwand nicht so gross, weil die Negative noch in einem deutlich besseren Zustand waren. Die Bildqualität von Teil 1 und 2 ist zwar immer noch nicht ganz makellos, aber besser werden die Filme nie erstrahlen. Wie eine Restauratorin im Bonusmaterial erklärt, ist es gar nicht so einfach, völlige Reinheit zu erlangen. Sobald nämlich die ganz groben Verunreinigungen entfernt sind, fallen die kleineren Verschmutzungen umso stärker auf und immer so weiter.
Die Filme sind wieder mit den kurzweilien Audiokommentaren von Coppola ausgestattet. Er stellt beim dritten Teil eine Analogie zwischen der Ermordung von Michael zu den heftigen Attacken gegen seine Tochter Sofia her, die im dritten Teil die Tochter von Michael Corleone spielt. Viel Schauspieltalent kann die mittlerweile angesehene Regisseurin tatsächlich nicht vorweisen, für die Rolle war sie trotzdem perfekt. Daneben berichtet Coppola auch offenherzig von den Erwartungen von Studio und Publikum oder beklagt sich über den Geiz von Robert Duvall, der wegen seiner Gagenforderung im dritten Teil nicht mehr auftaucht.
Das ausführliche Bonusmaterial der DVD-Ausgabe von 2001 ist vollständig auf einer vierten Blu-ray-Disc enthalten, die zudem 85 Minuten ganz neue Dokumentationen bietet. Das frische Material, das etwa die gefährdete Entstehung des ersten Teils oder auch die Restauration schildert, aber auch den Einfluss und die Wirkung diskutiert, ist vollständig hochauflösend vorhanden. Der merkwürdigste Beitrag stammt bestimmt von der Premiere von «Cloverfield», an der die jungen Darsteller und Filmemacher des Monsterfilms ihre Sicht auf den Klassiker verraten.
Filme:
Bildqualität I & II (Blu-ray):
Bildqualität III (Blu-ray):
Tonqualität (Blu-ray):
Bonusmaterial (Blu-ray):
(Bilder: ©Paramount Pictures)