When you grow up, your heart dies.
Die Übertragung der 82nd Annual Academy Awards war für mich ein neues Erlebnis. Anfang der 90er-Jahre habe ich einige Austragungen live geschaut und auch in den letzten drei Jahren habe ich mich jeweils in der Nacht aus dem Bett gequält. Wirklich 4seohunt.com/www/www.filmsprung.ch spannend waren die Veranstaltungen aber nie. Die Oscars sind vielmehr ein gigantisches, glamouröses Familientreffen. Daher habe ich mir dieses Jahr die Show erstmals erst am Abend danach angeschaut. Das werde ich fortan so halten. Hier noch einige Anmerkungen zur Show, den bewegendsten Momenten, einige Ausschnitte aus den besten Reden und viele Bilder, natürlich auch vom schönsten Kleid.
Neil Patrick Harris («How I Met Your Mother») fiel die Ehre zu, mit einer glitzernden Gesangseinlage die Show zu eröffnen. Zum Glück stellt die Academy of Motion Picture Arts and Sciences von den meisten Beiträgen ein Transkript zur Verfügung. Sonst hätte ich nicht wirklich gehört, von was Harris gesungen hat. Die Tonabmischung war nämlich lausig. Besonders amüsant war der Text dann aber doch nicht. Dafür war anschliessend die Einführung von den beiden Gastgebern Steve Martin und Alec Baldwin wunderbar bissig.
Der Scherz mit James Cameron und den (alten) 3D-Brillen war dabei noch eher plump. Dafür war Meryl Streep ein dankbares Ziel der Scherze. Wie Martin und Baldwin erklärten, werden zuerst die Stimmunterlagen verschickt, dann geben die Mitglieder der Academy ihre Stimmen ab, die anschliessend von Pricewaterhouse ausgezählt werden. Am Schluss wird so oder so Streep nominiert. Wie Martin weiter ausführte, hält Streep den Rekord für die meisten Nominationen: «Or as I like to think of it, most losses.» Die möglicherweise beste Schauspielerin aller Zeiten schien sich köstlich zu amüsieren. Oder war das nur gespielt? Dann hätte sie auch dafür einen Oscar verdient.
Am Schluss machte sich Martin auch noch über Menschen lustig, die gerne ein Abschrift der Show haben möchten: «And if you’d like a transcript of tonight’s show, you should really think about getting a live.» Martin zeigte sich als schlagfertiger und gewohnt selbst-ironischer Moderator, beispielsweise als er später an die etwas verblüffte Rede von Drehbuchautor Geoffrey Fletcher («Precious») anfügte: «I wrote that speech for him.» Steve Martin ist sicherlich eine Bereicherung für die Show. Vielleicht sollte er nächstes Jahr wieder alleine oder an der Seite von Hugh Jackman moderieren.
Ein erster Höhepunkt der Show war die Hommage an John Hughes, dem am 6. August 2009 verstorbenen König der Teenager-Komödien. Jon Cryer, Anthony Michael Hall, Molly Ringwald, Judd Nelson, Ally Sheedy, Macaulay Culkin und Matthew Broderick waren die Schauspieler, die sich auf der Bühne des Kodak Theatre an ihren Mentor erinnerten. Berührend, witzig und wegen der wenig schmeichelhaften Frisur von Ringwald und dem blassen Gesicht von Culkin auch ein wenig erschreckend.
Ein wenig enttäuschend waren die etwas einfallslosen Kleider der weiblichen Schauspielerinnen. Die vielen silbernen und altmodischen Designs waren sogar ziemlich eintönig. Einige Eindrücke folgen am Ende des Eintrags. Da war es auch nicht wirklich überraschend, dass eine Kostüm-Designerin durch das wundervollste Kleid auffallen konnte. Überzeugend war auch die kurze und treffende Rede der mittlerweile dreifachen Oscar-Gewinnerin Sandy Powell, die ihre Auszeichnung den Kostüm-Designern widmete, die ihre Kleider nicht für übervorteilte Filme über tote Monarchen und glitzernde Musicals entwerfen:
Wow. Well, I already have two of these. So I’m feeling greedy. I’d like to dedicate this one to the costume designers that don’t do movies about dead monarchs or glittery musicals. The designers that do the contemporary films and the low-budget ones actually don’t get as recognized as they should do, and they work as hard. So this is for you, but I’m gonna take it home tonight. Thank you.
Immer noch die überzeugendste Neuerung aus dem letzten Jahr ist die Würdigung der nominierten Hauptdarsteller durch fünf Kollegen. Tim Robbins erinnerte sich daran, wie ihm Morgan Freeman am Ende der Dreharbeiten von «The Shawshank Redemption» erklärte, dass Freundschaft darauf basiert, einen Kaffee zu holen. Dazu habe Freeman angefügt: «Will you do that for me, Ted?» Colin Farrell seinerseits erwähnte einen Ausflug mit Jeremy Renner nach Mexiko, vom dem ihm allerdings nicht mehr allzu viel im Gedächtnis geblieben ist, ausser dass sie sich ein Bett geteilt haben. Um Gerüchte zu vermeiden fügte er hinzu: «There was only spooning.» Stanley Tucci nutzte die Gelegenheit, um sich ebenfalls über Meryl Streep zu amüsieren, die ein wenig egoistisch sei. Er habe daher eine Gruppe gebildet, die eine Klausel einführen möchte, damit man nicht mehr als 16 Nominationen erhalten dürfe.
Völlig entspannt nahm Jeff Bridges seine Trophäe entgegen und bedankte sich bei seinen Eltern, Lloyd Bridges und Dorothy Dean Bridges, «for turning me on to such a groovy profession.» Leicht schockiert sah hingegen Sandra Bullock aus, als ihr Name tatsächlich aufgerufen. War die Schrecksekunde nur gespielt? Vermutlich nicht, wie die anschliessende Ansprache verriet, die emotionalste und gleichzeitig witzigste des ganzen Abends. Zunächst erkundigte sie sich: «Did I really earn this or did I just wear you all down?» Ob sie die Auszeichnung verdient hat oder nicht lässt sich aus der Schweiz noch schlecht beurteilen, weil Filme, in denen Football vorkommt, hier nicht in die Kinos kommen.
Wenn ich an Sandra Bullock denke, dann ist sie in erster Linie Annie mit dem Fuss auf dem Gaspedal oder eine niedliche junge Frau, in die ich mich nicht im Schlaf, sondern eben im Kino verliebt habe. Daran werden sich wohl auch die Mitglieder der Academy erinnert haben, als sie ihren Namen angekreuzt haben und sich womöglich die Frage gestellt haben, wie häufig Bullock wieder in Rollen zu sehen sein, für die sie ausgezeichnet werden kann. Vermutlich nicht besonders viele. Meryl Streep hingegen erhält durchschnittlich jedes zweite Jahr eine Nomination. Da besteht noch ausreichend Gelegenheit, ihr eine dritte Auszeichnung zu überreichen.
Aber Bullock hat sich ihren Oscar alleine schon durch ihren Auftritt und ihre Rede verdient:
I would like to thank the Academy for allowing me in the last month to have the most incredible ride with rooms full of artists that I see tonight and that I’ve worked with before and I hope to work with in the future, who inspire me and blaze trails for us. Four of them that I’ve fallen deeply in love with I share this night with and I share this award with. Gabby, I love you so much. You are exquisite. You are beyond words to me. Carey, your grace and your elegance and your beauty and your talent makes me sick. Helen, I feel like we are family through family and I don’t have the words to express just what I think of you. And Meryl, you know what I think of you and you are such a good kisser.
I would like to thank what this film is about for me which are the moms that take care of the babies and the children no matter where they come from. Those moms and parents never get thanked. I, in particular, failed to thank one. So… if I can take this moment to thank Helga B. for not letting me ride in cars with boys until I was 18 because she was right. I would’ve done what she said I was gonna do. For making me practice every day when I got home. She said to be an artist, you had to practice every day, and for reminding her daughters that there’s no race, no religion, no class system, no color, nothing, no sexual orientation that makes us better than anyone else. We are all deserving of love. So, to that trailblazer, who allowed me to have that.
Noch viel berechtigter ist sowieso die Frage, ob «The Hurt Locker» die sechs Oscars verdient hat. Auf keinen Fall. Insbesondere das mit einigen kitschigen Szenen angereicherte Drehbuch ist das schwächste Element des Films. Aber der Kriegsfilm entspricht gerade dem Zeitgeist in Hollywood, und obschon Samuel Goldwyn einmal gesagt haben soll, «if you want to send a message, use Western Union,» so eignet sich diese Kunstform eben doch ideal für das Vermitteln von Botschaften. Die meisten Mitglieder der Academy haben sich zumindest in diesem Jahr auf diesen Standpunkt gestellt und mit ihrer Wahl diese Botschaft verstärken wollen. Aus künstlerischer Sicht ist das ein wenig enttäuschend, aber menschlich durchaus nachvollziehbar und sogar in gewissem Masse lobenswert.
Was habe ich jetzt noch vergessen? Die Trophäen wurden dieses Jahr wieder mit dem Satz «And the winner is…» verliehen. Passt irgendwie zur Metapher des Oscar-Rennens, aber nicht wirklich zum Anspruch, eine künstlerische Auszeichnung zu sein. Die Parodie von «Paranormal Activity» war köstlich, die Hommage an das Genre des Horrorfilms hingegen ein wenig uninspiriert. Und können die Schauspielerinnen bitte in diesem Jahr wieder ein bisschen besser gefüttert werden. Bezeichnend dafür ein Scherz von Steve Martin über Sarah Jessica Parker («she weighs a single pound»), die sich zudem schrecklich im Schminkkasten und in der Garderobe vergriffen hat. Als Beweis dafür das erste Bild vom roten Teppich:
Die beste Figur im sprichwörtlichen und buchstäblichen Sinn machte da Kate Winslet:
Hübsch anzusehen waren aber auch Carey Mulligan, Peter Sarsgaard und Maggie Gyllenhaal, Amanda Seyfried und Kristen Stewart, obschon sie allesamt zu mager sind:
(Fotos: Matt Petit, Michael Yada, Greg Harbaugh, Richard Harbaugh/©A.M.P.A.S.)
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