Vielfältiges Programm am Jubiläums-NIFFF

Mads Mikkelsen in in «Valhalla Rising»

Wer Fussball und fantastische Filme liebt, steht in der ersten Woche im Juli vor einer schweren Entscheidung. Die 10. Ausgabe des Neuchâtel International Fantastic Film Festival (NIFFF) findet dieses Jahr nämlich vom 4. bis 11. Juli statt, ausgerechnet in der Endphase des Fifa World Cup 2010. Doch auch in Neuenburg wird sich bestimmt ein Fernseher finden lassen, auf dem ich zumindest die beiden Halbfinalspiele verfolgen kann, so dass ich ansonsten in den Genuss des fantastisch reichhaltigen Programms des NIFFF kommen werde. Im Internationalen Wettbewerb kommt es in «Valhalla Rising» mit Mads Mikkelsen («Casino Royale») vielleicht sogar zum Aufstand der nordischen Götter. Weitere Angaben zur Jubiläums-Ausgabe des NIFFF in der Pressemitteilung nach dem Sprung.

NIFFF 2010: 10 Jahre Fantastischer Film

Das Neuenburger Internationale Festival des Fantastischen Films feiert sein 10-jähriges Bestehen und bestätigt mehr denn je seine wichtige Rolle in der Schweizer Filmlandschaft. Dank einem zusätzlichen Saal kann das NIFFF sein Programm ausweiten und der Vielfalt des renommierten und aufstrebenden Genrekinos in aller Welt noch besser gerecht werden. Mit rund 10 Europa- und 2 Weltpremieren beweist das starke, abwechslungsreiche Programm 2010, dass heute in fast allen Filmgattungen fantastische Elemente auftauchen. Seinem interdisziplinären Ansatz gemäss verfolgt das NIFFF auch die Entwicklung der fantastischen Literatur (Literaturtag) und die entsprechenden Ansätze in der Modernen Kunst (ITF und CAN), bietet aber auch musikalische Anlässe (live vertonte Filme).

Das NIFFF 2010 in einigen Zahlen

Mit einem Gesamtbudget von 1,3 Millionen Franken bietet das NIFFF 2010 ganze 8 Projektionstage, 5 Kinosäle (simultane Aufnahmekapazität: 1250 Zuschauer) und ein Open Air mit 800 Plätzen. Die 118 Vorführungen umfassen 80 Spielfilme und 50 Kurzfilme aus 19 verschiedenen Ländern.

Gäste

Die diesjährige Jury des NIFFF wird präsidiert von Douglas Trumbull, einem US-Regisseur und Produzenten, aber auch Effektgestalter in den 70ern und 80ern («2001: A Space Odyssey», «Silent Running»). Ebenfalls in der Jury sitzen die US-Schauspielerin Nancy Allen («RoboCop»), der neuseeländische Conceptual Designer Greg Broadmore («King Kong», «District 9»), die französische Produzentin Vérane Frédiani, der Schweizer Kameramann Ueli Steiger («Godzilla», «10,000 B.C.», «Austin Powers»), der französische Musiker und Sänger Sébastien Tellier sowie Mans Marlind, der schwedische Regisseur von «Storm» und von «Shelter», der als Special Screening gezeigt wird. Schliesslich werden Jurypräsident Douglas Trumbull und Greg Broadmore auch aktiv am Symposium Imaging the Future teilnehmen.

Als Ehrengast der diesjährigen Ausgabe präsentiert der japanische Regisseur Sogo Ishii eine Retrospektive, die das NIFFF seinem schrillen Punkkino widmet. Sogo Ishii war bereits 2000 mit «Electric Dragon 80’000 V» in Neuchatel vertreten und wird seinen Film «The Codename Is Asia Strikes Back» an einer Spezialvorführung persönlich live vertonen. Zahlreiche Schweizer Regisseure wie Bettina Oberli oder Clemens Klopfenstein werden anlässlich der umfangreichen Retrospektive des heimischen fantastischen Filmschaffens erwartet. Éric Tessier («5150 Rue des Ormes«) und Sylvain Guy («Détour») vertreten das Genrekino aus Quebec, dem eine weitere Spezialreihe gewidmet ist. Für den Internationalen Wettbewerb anwesend sind Christopher Smith («Black Death»), Sandra und Hugues Martin («Djinns»), Gaspard Noé («Enter the Void»), Nicolas Winding Refn («Valhalla Rising») und Nick Cohen («The Reeds»). Auch der französische Regisseur Frank Richard dürfte vor Ort sein, um «La Meute» vorzustellen, der das Festival beschliessen wird.

Der Internationale Wettbewerb

Die beiden Spielfilmwettbewerbe des NIFFF zeugen von der Qualität der aktuellen Filmproduktion und sind mittlerweile ausgezeichnete Katalysatoren für die Lancierung und Vermarktung von Filmen. Der Internationale Wettbewerb erkundet verschiedenste Aspekte des fantastischen Films, sei es in Reinkultur oder als Stilmixtur. Mit «Black Death» des Engländers Christopher Smith erwartet uns eine Heroic Fantasy, während Pang Ho-Cheung (HK) mit dem zynischen Slasher «Dream Home» aufwartet. Der Kriegsfilm «Djinns» des französischen Paars Sandra und Hugues Martin flirtet mit fantastischen Legenden, Gaspar Noé hingegen vermischt Experimentalfilm und Fantastik in «Enter the Void». Der Isländer Júliús Kemp zeigt die Gore-Komödie «Reykjavic Whale Watching Massacre» und Choi Dong-hun (KR) vermischt Action, SF und Humor in «Woochi». Fantastisches findet sich auch in Thrillern («Strayed» des Kasachen Akan Satayev und «The Reeds» des Briten Nick Cohen), Komödien («Strigoi» der Engländerin Faye Jackson) und Romanzen («Transfer» des Dänen Damir Lukacevic und «The Eclipse» des Irländers Conor McPherson – Gewinner des Irish Film and Television Award). Einen mythologischen skandinavischen Trip verspricht «Valhalla Rising» von Nicolas Winding Refn, Regisseur der harten «Pusher»-Trilogie.

New Cinema from Asia

Der Asiatische Wettbewerb reflektiert die Qualitäten und Eigenheiten des fernöstlichen Populärkinos, etwa Kampfsport, ob witzig («Gallants» der Hongkonger Clement Cheng & Derek Kwok) oder hart («Raging Phoenix» des Thailänders Rashane Limtrakul und «14 Blades» des Hongkongers Daniel Lee). Horror infiltriert das Drama in «Bedevilled» von Jang Cheol-so (KR), den Thriller in «Murderer» von Chow Hin Yeung Roy (HK) und den Actionfilm in «Tetsuo – The Bullet Man» von Shinya Tsukamoto (JP), dessen zwei Vorgänger 2000 am NIFFF gezeigt wurden. Ebenfalls im Angebot sind die fantastische Komödie «Wig» von Renpei Tsukamoto (JP) und das Gore-Spektakel «Mutant Girls Squad» der drei Japaner Noboru Iguchi, Yoshihiro Nishimura & Tak Sakaguchi.

Open Air

Das Open Air 2010 präsentiert erneut ein reichhaltiges Programm mit exklusiven Filmen und (Welschschweizer) Vorpremieren für das grosse Publikum. Gezeigt werden: Der Sandalenfilm «Agora» des Spaniers Alejandro Amenábar, der skandinavische Animationsfilm «Metropia» von Tarik Saleh, das japanische Anime «Summer Wars» von Mamoru Hosoda, die beiden Thriller «Tannöd» der Schweizerin Bettina Oberli und «The Disappearance of Alice Creed» des Engländers J. Blakeson oder der verblüffende SF-Thriller «The Door» von Anno Saul (DE). Deftige US-Action gibt es schliesslich mit «The Crazies» von Breck Eisner, einem Remake des gleichnamigen Films von George A. Romero.

Kurzfilme

Das NIFFF organisiert alljährlich zwei Kurzfilmwettbewerbe. Der Schweizer Kurzfilmwettbewerb SSA/Suissimage und der Europäische Wettbewerb bestehen jeweils aus 10 Beiträgen, die den Puls des aktuellen Filmschaffens wiedergeben.

Im Schatten des Zweifels: Der fantastische Film in der Schweiz

Der fantastische Schweizer Film ist zwar kein Genre mit eigenen Codes und Konventionen, blickt aber auf eine bewegte Geschichte zurück. Fantastische Elemente tauchen im Verlauf der Jahre sowohl in klassischen Werken als auch in den Experimenten avantgardistischer Filmemacher auf. Das exklusive Programm des NIFFF mit 30 Filmen umfasst wunderbare Raritäten wie «Die ewige Maske» von Werner Hochbaum (1935), Abgehobenes wie «L’inconnu de Shandigor», ein poppiger SF-Film von Jean-Louis Roy (1967), Werke von grossen Schweizer Regisseuren (Daniel Schmid, Fredi M. Murer, Alain Tanner, Clemens Klopfenstein, Samir) und den gegenwärtigen Bestand («Cargo» von Ivan Engler oder «La valle delle Ombre» von Mihaly Györik). Zudem werden an einigen Diskussionsrunden mit vielen Gästen diverse Aspekte des fantastischen Films diskutiert.

Um den Geburtstagsabend des 8. Juli 2010 zu krönen, organisiert das NIFFF eine Spezialvorführung mit der bekannten Schweizer Rockband Young Gods. Sie vertonen live «Swissmade 2069» von Fredi M. Murer, einen SF-Film, in dem ein Alien die Schweiz der Zukunft entdeckt.

Gras Dur! Fantastische Filme aus Quebec

Die auf internationaler Ebene lange verkannten Filmemacher aus Quebec präsentieren heute ein sensationelles Genrekino zwischen Mut und Wirkungskraft. Dieses Schaffen wird dokumentiert mit 5 Vorpremieren («5150 rue des Ormes» von Eric Tessier, «Détour» von Sylvain Guy, «Grande Ourse – La clé des possibles» von Patrice Sauvé, «Les 7 jours du Talion» von Daniel Grou und «Truffe» von Kim Nguyen) und einem Kurzfilmprogramm.

Spezialanlässe und Spezialvorführungen

Neben den offiziellen Kategorien organisiert das NIFFF 6 Special Screenings. Als Vorpremieren zu entdecken gibt es «Primal» von Josh Reed, einen raren Slasher aus Australien, den beunruhigenden Thriller «Shelter» von Mans Marlind & Bjorn Stein (mit beeindruckendem Cast: Julianne Moore und Jonathan Rhys-Meyers), den Gefängnisfilm «Dog Pound» des Franzosen Kim Chapiron, «The Killer Inside Me» von Michael Winterbottom mit der charmanten Jessica Alba, den beängstigenden «The House of the Devil» des Amerikaners Ti West und das zweiteilige SF-Opus «The Inhabited Island» des Russen Fyodor Bondarchuk. Für die Kinder läuft «Drôle de grenier» des Tschechen Jirí Barta in Zusammenarbeit mit der Zauberlaterne, und eine Carte Blanche für Polymanga umfasst zwei bahnbrechende Serien aus der Welt der Japanimation.

Im Rahmen der Spezialanlässe präsentiert das NIFFF gemeinsam mit dem Maison d’Ailleurs «New Worlds of Fantasy», eine Begegnung mit aufstrebenden und renommierten Schriftstellern, die der fantastischen Literatur neuen Antrieb verschaffen. In Zusammenarbeit mit dem Théâtre du Passage, das ebenfalls 10-jährig wird, zeigt das NIFFF ausserdem «Dernier thé à Baden-Baden, Monologe eines Doppelagenten» von und mit und Plonk & Replonk, Regie: Andrea Novicov. Die Aufführung macht es sich zur Aufgabe, die Postkartenwelt, mit der sich das Kollektiv aus La-Chaux-de-Fonds einen Namen gemacht hat, mit der Dreidimensionalität der Theaterbühne zu verbinden. Ein kreativer Wirbelsturm aus Poesie und Virtuosität.

Actual Fears

Das CAN (Centre d’Art von Neuchâtel) präsentiert im Rahmen des NIFFF das Programm «Mixed Gaps & Vertigo». Eine Reihe von neuen Performances und Videoinstallationen von modernen Künstlern aus der Schweiz und aus dem Ausland hinterfragt die subtilen Verzerrungseffekte, die im fantastische Genre gerne eingesetzt werden.

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