«Boogie Nights» von Paul Thomas Anderson (Blu-ray)

Mark Wahlberg und Julianne Moore in «Boogie Nights»

Your cock is so beautiful.

Talent lässt sich selten wirklich messen. Im Fall der Hauptfigur aus «Boogie Nights» gibt es dennoch eine Zahl dazu: stolze 13 Inches (33 cm) lang ist der begehrte Penis von Eddie Adams. Sein Glied steht im Porno-Epos von Regisseur und Drehbuchautor Paul Thomas Anderson zwar mehrmals im Mittelpunkt und wird am Ende sogar ins Bild gerückt. Doch der wiederholte Höhepunkt wird anders erreicht. Viel wichtiger sind nämlich die schillernden Figuren und ihre oftmals verzweifelte Suche nach Glück und Erfüllung.

Als der ambitionierte Produzent Jack Horner (Burt Reynolds) das lange Glied des jungen Eddie Adams (Mark Wahlberg, «The Departed», «The Happening») entdeckt, kann sich dieser seinen Traum erfüllen und aus seinem öden Leben ausbrechen. Schnell hat er seinen Namen auf Dirk Diggler geändert und vor der Kamera versetzt er nicht nur seine Sexpartnerinnen, sondern auch die Männer hinter der Kamera in Erstaunen. Das Filmdebüt ist ein durchschlagender Erfolg. An den Preisverleihungen für die besten Pornodarsteller heimst Diggler gleich mehrere Preise ein. Zudem fühlt er sich bei seiner neugefundenen Familie mit der Vaterfigur Jack Horner sichtlich wohl. Doch der Erfolg steigt dem Sexstar bald in den Kopf. Er verliert sich in seinem Grössenwahn und in Drogen.

Auch die übrigen Gefährten bekunden Mühe mit ihrem Leben. Jack Horner sieht seinen Traum von Pornos als Kunstform durch die aufkommende Produktion auf Video bedroht. Der Regieassistent Little Bill (William H. Macy) muss ständig zusehen, wie seine Frau andere Männer vögelt. Die Hauptdarstellerin Amber Waves (Julianne Moore, «Chloe») kämpft um das Sorgerecht für ihr Kind. Buck Swope (Don Cheadle, «Traffic», «Traitor») und Jessie St. Vincent (Melora Walters) bemühen sich vergeblich um einen Kredit für ein Geschäft. Und The Colonel James (Robert Ridgely), der Geldgeber im Hintergund, hat gewisse illegale Vorlieben. Dann sind da auch noch Rollergirl (Heather Graham), der zaubernde Porno-Star Reed Rothchild (John C. Reilly), der Nachtclub-Besitzer Maurice (Luis Guzmán) und der etwas unbeholfene Scotty J. (Philip Seymour Hoffman).

William H. Macy, Burt Reynolds und Ricky Jay in «Boogie Nights»

Bevor sich Filmemacher Paul Thomas Anderson mit «Magnolia», «Punch-Drunk Love» und «There Will Be Blood» endgültig als einer der herausragendsten jungen Regisseure in Hollywood bewährte, liess er bereits mit «Boogie Nights» (1997) sein Talent aufblitzen. Das lässt sich nicht messen wie das Glied des Hauptdarstellers, dafür aber lobend beschreiben. Mit visueller Opulenz und musikalischem Schwung wirft Anderson einen Blick auf die Welt der Pornoindustrie Anfang der 80er-Jahre. Als Hommage an Pornos lässt sich «Boogie Nights» dennoch nicht bezeichnen. Dazu sind die Figuren eindeutig zu zwiespältig. Und obschon auch ein paar explizite Szenen enthalten sind, konzentriert sich Anderson vor allem vorzüglich auf das Innenleben der Figuren und die Schilderung des sozialen Umfelds.

Durch das riesige Figurenkabinett drohen zwischendurch einzelne Geschichten ein wenig unterzugehen. Doch die leichte Überfülle an Handlungssträngen wird durch die virtuose Inszenierung aufgewogen. Formal ist «Boogie Nights» ein immer wieder erstaunliches Wunderwerk. In sicherem Rhythmus mischt Anderson lange Kamerafahrten mit schnellen Schnitten und glitzernden Aufnahmen. Und während die Kamera in Sexfilmen immer auf die grösste Erregung gerichtet ist, lässt Anderson seinen Kameramann Robert Elswit den Blick gelegentlich vom Hauptreiz abschweifen. Martin Scorsese, François Truffaut und Max Ophüls seien häufig als Vorbilder genannt worden, meint Paul Thomas Anderson auf dem Audiokommentar. Dabei habe er sich hauptsächlich an den Filmen von Jonathan Demme orientiert.

Mark Wahlberg und Julianne Moore in «Boogie Nights»

Auf der Blu-ray-Disc glitzert die Sonne von Kalifornien wunderbar und die verführerische Musik erklingt einwandfrei. Als Bonusmaterial ist neben dem Audiokommentar von Anderson, der viel flucht und sehr selbstkritisch analysiert, auch einer mit den Darstellern Mark Wahlberg, John C. Reilly, Don Cheadle, William H. Macy und Heather Graham enthalten. Umfangreich sind die entfallenen Szenen und das zusätzliche Filmmaterial zu John C. Reilly. Das von Anderson inszenierte Musikvideo «Try» von Michael Penn rundet das Bonusmaterial ab.

Bewertung: 5 Sterne
Bild-/Tonqualität (Blu-ray): 5 Sterne
Bonusmaterial (Blu-ray):
5 Sterne

(Bilder: © Warner Home Video)

1 comment

  1. Sehr toller Film. Hab den letztes Jahr lange gesucht und viel Geld für ausgegeben und jetzt wurde der scheinbar neu herausgebracht, lange Zeit gab es den nirgends.

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