«Il gattopardo» von Luchino Visconti (Blu-ray)

Burt Lancaster in «Il gattopardo»

Se vogliamo che tutto rimanga com’è, bisogna che tutto cambi.

Wenn gerade in mehreren Ländern die Regierungen wanken, ist wieder einmal ein Blick auf die Revolutionen in Europa lohnenswert. Besonders im 19. Jahrhundert war es auf diesem Kontinent auch nicht besonders angenehm für die Herrschenden. Manche konnten sich allerdings mit den Aufständischen besser arrangieren als andere. Passend zu den Unruhen in Nordafrika ist «Il gattopardo» erscheinen. Im monumentalen Werk beleuchtet Luchino Visconti die Auswirkungen des Risorgimento auf eine Adelsfamilie in Sizilien.

Das Epos konzentriert sich auf die Jahre 1860/61. Am 11. Mai 1860 landete der Freiheitskämpfer Giuseppe Garibaldi mit einer Truppe von Freiwilligen auf Sizilien und ernannte sich zum Diktator. Nach diversen Kämpfen beschloss Sizilien in einer Volksabstimmung am 21. Oktober 1860 den Anschluss ans Königreich Sardinien-Piemont. Am 17. März 1861 wurde schliesslich in Turin die neue italienische Monarchie unter König Viktor Emanuel II. ausgerufen. Diese historischen Ereignisse bilden allerdings nur den Hintergrund für die melancholischen Betrachtungen von Don Fabrizio, Principe di Salina (Burt Lancaster als Erhabenheit in Person).

Don Fabrizio ist das Oberhaupt einer traditionellen sizilianischen Adelsfamilie. Er vergleich sich an einer Stelle mit einem Serval («gattopardo») und lässt sich nicht wirklich von den Aufständen beunruhigen, auch wenn tote Soldaten auf seinem Anwesen nicht besonders angenehm sind. Doch solange er seine grosse Sippe um sich hat, sein Sommeraufenthalt in Donnafugata nicht gefährdet ist und er sich bei Prostituierten vergnügen kann, hört er sich geduldig die Schelte des Familienpriesters Padre Pirrone (Romolo Valli) an, der sich um die Zukunft der Religion im neuen Staat sorgt.

Don Fabrizios Neffe Tancredi (Alain Delon) schliesst sich derweil den Freiwilligen von Giuseppe Garibaldi an. Er hat die Zeichen der Zeit erkannt und erklärt seinem Onkel, dass sich alles ändern muss, wenn alles gleich bleiben soll. Obschon der verarmte Tancredi eigentlich schon so gut wie sicher mit Concetta (Lucilla Morlacchi), der Tochter von Don Fabrizio, verlobt ist, ehelicht er schliesslich Angelica Sedara (Claudia Cardinale), die Tochter eines neureichen und vorlauten Bürgermeisters (Paolo Stoppa). Am Ende feiert die neue alte Elite ausgelassen einen Ball. Wirklich verändert hat sich wenig.

Alain Delon, Mario Girotti und Giuliano Gemma in «Il gattopardo»

Das Meisterwerk von Luchino Visconti besticht einerseits durch die opulente Ausstattung, die durch die ruhige Kameraarbeit von Giuseppe Rotunno («The Adventures of Baron Munchausen») prächtig in Szene gesetzt wird. Andererseits begeistert «Il gattopardo» aber vor allem durch die präzise und unaufgeregte Analyse der Revolution. Obschon der Film gute drei Stunden dauert, ist er eigentlich ziemlich handlungsarm und besteht – abgesehen von der etwas hektischen Eroberung von Palermo – mehr oder weniger aus einer Aneinanderreihung von wunderschönen Szenen, in denen aufschlussreich über die Folgen der Revolution und die Situation in Sizilien diskutiert wird.

Die Korruption der neuen Elite wird etwa durch eine Szene zwischen Don Fabrizio und einem einfachen Bürger veranschaulicht. Nach der Volksabstimmung geht Don Fabrizio mit Don Francisco Ciccio Tumeo (Serge Reggiani), dem Organisten der Kirche von Donnafugata, auf die Jagd und erkundigt sich nach dessen Votum bei der Volksbefragung, obschon der Bürgermeister zuvor verkündete, das im Dorf einstimmig die Vereinigung beschlossen wurde. Aufgebracht erklärt Don Francisco, dass er dagegen gestimmt hat. Wie in dieser Szene agiert Don Fabrizio oftmals als ruhiger Beobachter eines absurden Theaters, der anschliessend seine treffenden Kommentare abgibt.

Dem Cavaliere Chevally (Leslie French), einem piemontesischen Abgeordneten, der Don Fabrizio für den neuen Senat gewinnen möchte, erteilt der Fürst eine Absage. Er könne Sizilien nicht in der neuen Regierung vertreten, da er sich zu stark dem alten Sizilien verbunden fühle, dessen Eitelkeit immer stärker sein werde als dessen Leid. Als am Schluss der fröhliche Ball gefeiert wird, sieht sich Don Fabrizio auch noch die versammelte Jugend der Adligen an und bemerkt trocken, dass die ständige Inzucht nicht gerade der Schönheit förderlich ist. Das ist nicht der einzige Grund, weshalb er glücklich ist, dass seine Tochter nicht seinen Neffen geheiratet hat.

Wer sich übrigens wundern sollte, wieso zwischendurch ein Schauspieler auftaucht, der genauso aussieht wie Terence Hill, kann seinen Augen durchaus trauen. Der damals noch als Mario Girotti auftretende Blonde spielt Conte Cavriaghi, einen Waffenbruder von Tancredi. Nachdem sich Tancredi für Angelica entschieden hat, bemüht sich der Graf um die Gunst von Concetta. Doch wer einmal in einen so hübschen Mann wie Alain Delon verliebt war, gibt sich offensichtlich nicht mit einem Gedichte vortragenden Grafen ab, obschon der eigentlich doch auch gar nicht so schlecht aussieht.

Claudia Cardinale und Burt Lancaster in «Il gattopardo»

Die Bildqualiät der Blu-ray-Disc ist beeindruckend. Zwar wirken die Aussenszenen meist ein wenig blass, doch das liegt vermutlich vor allem an den eintönigen, hauptsächlich hellbeigen Landschaften auf Sizilien. Dafür strahlen die Innenszenen umso kräftiger. Die Stereo-Tonspur in DTS HD Master Audio 2.0 ist solide. Als Bonusmaterial ist ein 19-minütiges Interview mit Goffredo Lombardo enthalten, der ein wenig von der ungewöhnlichen Entstehung des Produktion erzählt, sowie zwei kurze Nachrichtenbeiträge (3 Minuten) von der Premiere des Films.

Bewertung: 6 Sterne
Bildqualität (Blu-ray): 6 Sterne
Tonqualität (Blu-ray): 5 Sterne
Bonusmaterial (Blu-ray):
2 Sterne

(Bilder: © Koch Media)

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