«The Descendants» von Alexander Payne

Paradise can go fuck itself.

Im Leben liegen komische und tragische Momente manchmal sehr nahe beieinander. Regisseur und Drehbuchautor Alexander Payne («Election», «About Schmidt», «Sideways») ist ein Filmemacher, der in seinen Filmen die schmale Grenze zwischen Komödie und Tragödie meisterlich auflöst. In «The Descendants» lässt er ein Vater gegen den Verlust seiner Familie und für die Bewahrung seines Erbes kämpfen. George Clooney führt in der berührenden und heiteren Tragikomödie ein grossartiges Ensemble an.

Matt King (George Clooney, «The American», «Up in the Air») ist nicht zu beneiden. Einerseits lastet die Verantwortung der Vergangenheit auf ihm, andererseits quält ihn die Ungewissheit der Gegenwart. Als Nachfahre der Königsfamilie von Hawaii und reichen Missionaren verwaltet er ein riesiges unberührtes Grundstück auf der Insel Kaua’i. Zusammen mit seinen zahlreichen Cousins muss er entscheiden, ob die Naturlandschaft an eine Firma verkauft werden soll, die darauf Hotels und einen Golfplatz errichten will. Gleichzeitig liegt seine Frau Elizabeth nach einem Unfall im Koma, und Matt muss sich plötzlich um die 10-jährige Tochter Scottie (Amara Miller) kümmern.

Als Matt erfährt, dass seine Frau nicht mehr aufwachen wird und die lebenserhaltenden Massnahmen eingestellt werden, holt er seine 17-jährige Tochter Alex (Shailene Woodley) aus dem Internat. Sie soll ihm helfen, die Verwandten und Bekannten über den Zustand von Elizabeth zu informieren. Alex hat verständlicherweise nicht besonders viel Freude an dieser Aufgabe und bringt ihren Freund Sid (Nick Krause) zur Unterstützung mit. Der hat die wenig sensible Fähigkeit, immer im unpassenden Moment einen falschen Kommentar abzugeben. Ausserdem berichtet Alex ihrem Vater, dass Elizabeth eine Affäre hatte. Diese Enthüllung sorgt für zusätzliche Anspannung bei Matt.

Im tropischen Paradies auf den Hawaii-Inseln müsste das Leben eigentlich völlig sorgenfrei sein. Doch die Hauptfigur in «The Descendants» zerstört diese Illusion gleich in ihrem ersten Monolog. Wenn das Leben nicht nach den eigenen Wünschen verläuft, dann ist es auch in der wunderbarsten Landschaft schwer zu ertragen. Und auf dem Surfbrett ist Matt sowieso schon seit einer Ewigkeit nicht mehr gewesen. Wie schon in «Sideways» spielt Regisseur Alexander Payne auch in «The Descendants» vorzüglich mit den Kontrasten zwischen verlockenden Genüssen und bitterer Realität.

Die Geschichte nach dem gleichnamigen Roman von Kaui Hart Hemmings beinhaltet eigentlich alle Zutaten für einen zutiefst deprimierenden Film. Doch Payne und seine beiden Co-Drehbuchautoren Nat Faxon und Jim Rash lockern selbst tragischste Szenen mit witzigen Einschüben auf. Das liegt zunächst einmal an der Hauptfigur. Der Familienvater, der seine Frau und Töchter vernachlässigt hat, ist von der Situation völlig überfordert und stellt sich kritische Fragen zu seiner neuen Rolle. Dann ist da eben auch noch der Freund der Tochter, der nicht wirklich zu realisieren scheint, wie bedrückend die Situation eigentlich ist, und daher völlig locker für unangebrachte Äusserungen verantwortlich ist. Dafür erhält er schockierte Blicke, sondern auch einmal ein blaues Auge.

Aber obschon Payne viel Wert auf eine meist heitere Inszenierung legt, vernachlässigt er auch die tragischen Augenblicke nicht. «The Descendants» handelt nicht zuletzt von der Verarbeitung eines schmerzvollen Verlusts. Davon ist nicht nur die Hauptfigur betroffen, sondern sein gesamtes Umfeld. Clooney ist zwar eindeutig das Zentrum des Films. Doch schauspielerisch kann vor allem auch die junge Darstellerin Shailene Woodley auffallen. Als leicht rebellierende Tochter schwankt sie zwischen den Schmerzen über den Verlust und zugleich unkontrollierbarem Zorn auf die untreue Mutter. In bedeutenden Nebenrollen treten zudem Beau Bridges (als Cousin), Robert Forster (als Vater von Elizabeth), Matthew Lillard (als Liebhaber von Elizabeth) und Judy Greer (als dessen Frau) auf.

Fazit: «The Descendants» ist eine meisterhafte Mischung zwischen fröhlicher Komödie und einfühlsamer Tragödie.

Bewertung: 6 Sterne

(Bilder: © 2012 Twentieth Century Fox Film Corporation. All Rights Reserved.)

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