Seit 1971 gibt es an den Solothurner Filmtagen einen Wettbewerb für Schweizer Animationsfilme. Da am Animationsfilmfestival Fantoche 2009 ebenfalls ein Wettbewerb für Schweizer Trickfilme eingeführt würde, könnte vermutet werden, dass dadurch die Sondervorführung an den Solothurner Filmtagen an Stellenwert verloren hat. Doch zumindest beim Publikum ist das Interesse immer noch riesig. So war die Reithalle dieses Jahr zwar nicht bis auf den letzten Platz, aber doch sehr gut gefüllt. 562 gültige Stimmzettel wurden abgegeben – 2010 waren es lediglich 392.
Die ersten drei, mit 5000, 3000 und 2000 Franken dotierten Plätze des von SSA/Suissimage gestifteten Publikumspreises gingen an drei Filme, die 2011 auch schon im Schweizer Wettbewerb am Fantoche zu sehen waren. An erster Stelle lagen jedoch nicht «Bon Voyage» von Fabio Friedli oder «Borderline» von Dustin Rees, die Publikumsgewinner von Baden, sondern «Gypaetus Helveticus» von Marcel Barelli. Auf dem 4. Platz folgt «Romance» von Georges Schwizgebel.
Konnte sich «Borderline» im Schweizer Wettbewerb von Fantoche in der Gunst des Publikums noch durchsetzen, wurde das Werk nun in Solothurn von «Gypaetus Helveticus» und «Bon Voyage» klar hinter sich gelassen. Das kann natürlich daran liegen, dass das Publikum einfach ein wenig Abwechslung mag und die Stimme nicht immer an die gleichen Filme vergibt. Auffällig ist aber, dass sowohl «Gypaetus Helveticus» als auch «Bon Voyage» sich mit einem politischen Thema auseinandersetzen, dass in den letzten Monaten vermehrt in der Öffentlichkeit diskutiert wurde. Da eine in Solothurn präsentierte Studie über das Publikum der Schweizer Filmfestivals feststellte, dass die Gäste der Festivals überdurchschnittlich gebildet, kaufkräftig und gesellschaftlich engagiert sind, ist das Resultat wenig erstaunlich.
Meine Stimme habe ich ebenfalls einem Beitrag mit klarer politischer Aussage gegeben. «Flou Flou» von Jonas Raeber erreichte jedoch trotz deutlicher Stellungsnahme nur den 12. Platz. Die Geschichte handelt von einem Hundebesitzer, der sich über die seiner Ansicht nach zu strengen Gesetze ärgert. Weil das Schweizer Stimmvolk bei der Abstimmung zur eidgenössischen Volksinitative «Für den Schutz vor Waffengewalt» mehr auf angebliche Freiheit als auf Sicherheit legte, ist er zu einer drastischen Reaktion fähig. Für das Publikum war der Film wohl einerseits wegen der Konzentration auf den Hundekot leicht zu derb und andererseits politisch zu wenig aktuell. Der Beitrag von Raeber lässt sich hier anschauen:
Die vollständigen Resultate der Publikumsbefragung:
1. «Gypaetus Helveticus» von Marcel Barelli (141 Stimmen)
2. «Bon Voyage» von Fabio Friedli (129)
3. «Borderline» von Dustin Rees (75)
4. «Romance» von Georges Schwizgebel (37)
5. «De Roni» von Andrea Schneider (33)
6. «Chantons Ensemble» von Nils Hedinger, Martin Waespe (22)
6. «Partition» von Shami Lang-Rinderspacher, Eleonora Berra, Delia Hess (22)
8. «La vuelta» von Marius Portmann (18)
8. «Meditation & Mind» von Luc Gut (18)
10. «Brüderchen Winter» von Charlotte Waltert (16)
10. «Not About Us» von Michael Frei (16)
12. «Flou Flou» von Jonas Raeber (15)
13. «Zmitzt drin» von Cécile Brun (14)
14. «About Time» von Yadi Kawasaki, Rosetta Martini (6)