«Jersey Boys» von Clint Eastwood (Blu-ray)

There were three ways out of the neighborhood: You join the Army, maybe you get killed. You get mobbed up, you might get killed that way. Or you get famous. For us, it was two out of three.

In den 60er-Jahren hielt die moderne Popmusik Einzug in den amerikanischen Hitparaden. Insbesondere die immer noch ungemein populären Beatles belegten Spitzenplätze in den US-Charts. Zuvor waren es jedoch vor allem die heute dem Namen nicht mehr so bekannten The Four Seasons aus New Jersey, welche die Herzen des jungen Musikpublikums in den USA begeisterten. Nachdem ihre Geschichte bereits auf der Bühne erzählt wurde, blickt auch Clint Eastwood in «Jersey Boys» auf die wechselhafte Karriere der unkonventionellen Boygroup mit ihren Ohrwürmern.

Gemäss Tommy DeVito (Vincent Piazza) gibt es drei Möglichkeiten, um der kriminellen Gegend, in der er aufgewachsen ist, zu entkommen. Der Eintritt in die Armee ist für ihn keine Option. Stattdessen verfolgt er die beiden anderen Wege. Einerseits landet in seinem Keller immer wieder Material, das «von einem Lastwagen gefallen ist.» Aus diesem Grund landet er immer wieder im Gefängnis. Andererseits versucht er die musikalische Flucht. Zusammen mit seinem Bruder Nick (Johnny Cannizzaro), Nick Massi (Michael Lomenda) und Frankie Valli (John Lloyd Young) bemüht er sich auf kleinen Bühnen. Aber erst als der Bruder durch den talentierten Songwriter Bob Gaudio (Erich Bergen) ersetzt wird, beginnt die sich nun The Four Seasons nennende Gruppe auch einige Erfolge zu haben.

Die ersten Schritte bei einem Musikstudio sind allerdings noch wenig aussichtsreich. Die Gruppe wird von Manager Bob Crewe (Mike Doyle) lediglich als Hintergrundsänger eingesetzt. Als sie dann das Geld auftreiben, um endlich eine eigene Single aufzunehmen, landen sie mit «Sherry» gleich einen riesigen Hit. Auch mit «Big Girls Don’t Cry» und «Walk Like a Man» erobern sie die Spitze der Hitparaden. Doch innerhalb der Gruppe gibt es zahlreiche Spannungen und Grabenkämpfe; Tommy sieht sich als uneingeschränkten Bandleader, der nur ungern seine Macht abgibt, aber gleichzeitig durch seinen lockeren Umgang mit Geld das Überleben der Musiker aufs Spiel setzt.

Regisseur Clint Eastwood («Gran Torino», «Invictus») erweitert mit «Jersey Boys» das bis anhin schon weite Spektrum der Genres in seinen Filmen. Zwar hat er bereits mit «Bird» eine Musikerbiografie abgeliefert, doch «Jersey Boys» lässt sich nur mit Einschränkungen in diese Kategorie einteilen. Vielmehr nimmt sich der auf das gleichnamige Theaterstück/Musical basierende Film bewusst viele erzählerische Freiheiten mit den Fakten. Grundsätzlich folgt das Drehbuch von Marshall Brickman und Rick Elice der Karriere der Musiker, doch als Kunstgriff wird für jeden Abschnitt die Erzählstimme eines Protagonisten verwendet, der jeweils aus der eigenen Perspektive auf die Ereignisse blickt. So wird die Geschichte zum subjektiven Rückblick. Die Wirklichkeit lässt sich in einer Biografie der Four Seasons sowieso nur schwer rekonstruieren, denn durch die Kontakte mit Mafia-Vertretern lässt sich nicht klar festlegen, welche Vorfälle tatsächlich stattgefunden haben.

«Jersey Boys» ist zwar auch ein wenig Mafia- und Familiendrama. Diese Elemente dienen allerdings mehr als stimmungsvolle Umrahmung der musikalischen Geschichte. Die Hits der Four Seasons stehen ganz klar im Zentrum und dienen als Aufhänger für die einzelnen Episoden. So lässt sich auch erklären, wieso die ergänzenden Motive teilweise eher dürftig ausformuliert wurden. Insbesondere die Beziehung von Frankie Valli zu seiner Frau Mary (Renée Marino) wird sehr lückenhaft erzählt: Nach dem ersten Date folgt gleich die Hochzeit, dann ist plötzlich eine Tochter anwesend, bei der nächsten Familienszene sind es bereits drei. Dementsprechend ist auch die Charakterisierung der vier Musiker ziemlich eindimensional: Tommy ist der egoistische Unruhestifter mit einem Hang zu kriminellen Taten, Nick ist der treue Mitläufer ohne eigene Meinung, Bob der ambitionierte Liederschreiber mit Talent, Frankie der begabte Sänger, der sich schlecht durchsetzen kann. Diese erzählerischen Mängel werden durch den Schwung der musikalischen Einlagen mehrheitlich aufgewogen.

Filmisch lässt sich «Jersey Boys» als lockere Fingerübung für Clint Eastwood einordnen. Der Filmemacher arbeitete dabei mit seinen gewohnten Kollegen zusammen, beispielsweise hinter der Kamera (Tom Stern), am Schneidetisch (Joel Cox, Gary Roach) und bei der Ausstattung (James J. Murakami). Die Blu-ray-Disc präsentiert den musikalischen Ausflug von Eastwood in satten Farben und überzeugendem Ton. Das solide produzierte Bonusmaterial ist vom Umfang her eher mager ausgefallen. Der längste Beitrag, «From Broadway to the Big Screen» (22 Min.), informiert über die Entwicklung der Geschichte von der Bühne bis zum fertigen Film, zwei kürzere Beiträge «Too Good to Be True» und «‹Oh, What a Night› to Remember» (je 5 Min.), beleuchten andere Aspekte.

Bewertung: 4 Sterne
Bild-/Tonqualität (Blu-ray): 5 Sterne
Bonusmaterial (Blu-ray): 3 Sterne

(Bilder: © Warner Home Video)

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