Just use your imagination!
Gegenwärtig ist schon eine ordentliche Portion Optimismus notwendig, wenn man der Menschheit eine glänzende Zukunft voraussagen möchte. Stattdessen dominieren durch den Klimawandel verursachte Naturkatastrophen, Anschläge durch Terroristen und riesige Flüchtlingsströme wegen Kriegen und Armut die Nachrichten. Aber kann es sein, dass diese negativen Eindrücke nicht wirklich den wahren Zustand der Welt wiedergeben, sondern vielmehr als selbsterfüllende Prophezeiung zum Untergang der Menschheit führen? Von diesem Szenario geht der Science-Fiction-Thriller «Tomorrowland» von Regisseur Brad Bird («Ratatouille») aus.
Der Rahmen für die Handlung bilden die Erzählstimmen von Frank Walker (George Clooney, «The Descendants», «The American») und Casey Newton (Britt Robertson). Er warnt vor einer düsteren Zukunft. Sie rät ihm zu einer Rückblende auf eine Zeit, in der er noch optimistischer in die Zukunft geblickt hat. So sehen wir ihn als etwa 10-jährigen Jungen an der Weltausstellung von 1964 in New York. An einem Wettbewerb stellt er seine Erfindung vor: einen Raketenrucksack, mit dem er fliegen kann. Der Preisrichter Nix (Hugh Laurie) ist nicht sonderlich begeistert davon, dessen Tochter Athena (Raffey Cassidy) hingegen schon. Sie schenkt Frank einen Pin, der ihm Zugang zum Tomorrowland gewährt, einer glitzernden und sorgenfreien Welt in einer anderen Dimension, in der alle Erfindungen und Visionen für eine bessere Zukunft verwirklicht werden.
Doch die Freude über die unbegrenzten Möglichkeiten von Tomorrowland währt nur kurz. Weil Frank wieder pessimistisch wird, übernimmt Casey die Erzählung. Sie ist die Tochter eines NASA-Ingenieurs, die einmal in den Weltraum reisen möchte. Da aber 2015 die Startrampen im John F. Kennedy Space Center abgerissen werden sollen, sieht sie ihren Traum in Gefahr. Deshalb begibt sie sich nachts auf das Gelände und demoliert die Abbruchmaschinen. Doch dabei wird sie erwischt und muss von ihrem Vater im Gefängnis abgeholt werden. Da befindet sich bei den persönlichen Gegenständen plötzlich ein Pin, der sie bei Berührung eine futuristische Stadt erblicken lässt. Über Umwege trifft Casey auf eine immer noch jugendliche Athena, die sie mit Frank zusammenbringt. Gemeinsam müssen sie vor bedrohlichen Gestalten fliehen, die eine Rückkehr von Frank nach Tomorrowland verhindern mööchten.
Der eigentliche Grund für die Ereignisse in «Tomorrowland» bleibt ziemlich lange im Dunkeln. Die Drehbuchautoren Brad Bird und Damon Lindelof («Lost») machen zwar viele Andeutungen, doch mehr als ein dominierendes Motiv wird lange Zeit nicht erkennbar. Casey wird in der Schule von apokalyptischen Botschaften erdrückt und erhält auf die Frage «How can we fix it?» keine Antwort. Ständig wiederholt sie, dass sie eine Person ist, die schnell versteht, wie Gegenstände funktionieren. Auf die pessimistischen Prognosen von Frank antwortet Casey kritisch: «Don’t we, like, make our own destiny, and stuff?» Und dann ist da natürlich noch die Figur des jugendlichen Genies Frank, das mit seinen Erfindungen die Welt verbessern möchte. Doch bis es soweit kommen kann, müssen Frank und Casey vor Robotern mit bösen Absichten flüchten und auf die Hilfe von Gustave Eiffel, Jules Verne, Nikola Tesla und Thomas Alva Edison vertrauen.
Eigentlich sind in «Tomorrowland» also viele Ansätze zu philosophischen Diskussionen über den Zustand der Zivilisation enthalten. Doch vor lauter Verfolgungsjagden mit Schiessereien und schnellen Ortswechseln mit Autos und Teleportation geht aber zwischendurch die eigentliche Ursache für die leicht unübersichtliche Handlung verloren. Das liegt auch daran, dass Bird und Lindelof erst fast ganz am Ende aufklären, wodurch die Welt überhaupt bedroht wird. Stattdessen konzentrieren sie sich auf verlockende Visualisierungen einer technologisch glänzenden Zukunft und knallige Effekte in der bedrohten Gegenwart. Doch viel Neues gibt es dabei nicht wirklich zu entdecken. Denn die Geschichte über eine junge Frau mit besonderen Begabungen, die die Welt retten muss, wurde in letzter Zeit mindestens auch schon in «Jupiter Ascending» sowie vermutlich in unzähligen weiteren Teenager-Abenteuern erzählt.
Um das Urteil über «Tomorrowland» zu erklären, muss jedoch zuerst mit Spoiler-Warnung das Haupthandlungselement des Untergangs der Zivilisation erklärt werden. Der wird nämlich durch eine Maschine in Tomorrowland verursacht, die von Frank erfunden wurde: Eine Maschine, die es durch die Verwendung von Tachyonen erlaubt, Bilder aus der Vergangenheit und der Zukunft zu zeigen. Doch diese Maschine soll eine Schlaufe in den Zeitfluss eingefügt haben, durch die die negativen Bilder und die Auswirkungen davon noch verstärkt werden. Daraus ergibt sich die eingangs erwähnte selbsterfüllende Prophezeiung. Das Hauptmotiv ist also die Kraft des Individuums, das durch seine Handlungen eine entscheidende Auswirkung auf das kollektive Schicksal der Menschheit hat.
Die Botschaft, dass wir letztlich selbst für die Gestaltung der Zukunft verantwortlich sind, ist am Ende unmissverständlich in den Film verpackt. Doch die Verpackung trägt eher zur Zerstreuung des Publikums als zur Aktivierung der potentiellen Weltverbesserer bei. Oder wie Frank es an einer Stelle ausdrückt: «Do I have to explain everything? Can’t you just be amazed and move on?» Das wiederum ist dann irgendwie einer der Vorzüge des durchaus kurzweiligen Science-Fiction-Thrillers, der eben zahlreiche vergnügliche Spezialeffekte und packend inszenierte Konfrontationen zu bieten hat. Ausserdem zeigt sich George Clooney als missmutiger Wissenschaftler von seiner komischen Seite und trägt dadurch ebenfalls zum Reiz des Spektakels bei. «Tomorrowland» rettet also sicher nicht die Menschheit vor dem Untergang und erfüllt auch die eigenen Ansprüche nicht, macht aber durchwegs Spass.
«Tomorrowland» beinhaltet übrigens auch unzählige Referenzen an den Schöpfungsgeist von Walt Disney, dessen Unternehmen an der Weltausstellung in New York mit der Attraktion « It’s a Small World» und anderen Projekten zu fortschrittlicher Technologie vertreten war. «Tomorrowland» ist zudem eine Themenwelt in weltweit fünf Disney-Vergnüngungsparks. So ist «Tomorrowland» zwar im Gegensatz zu «Pirates oft he Caribbean» nicht direkt eine Verfilmung einer Vergnügungsparkattraktion, sondern vielmehr die formal unterhaltsame, inhaltlich aber leicht missglückte Umsetzung eines von Walt Disney geförderten Konzepts.
Auf der technisch vorzüglichen Blu-ray-Disc sind zahlreiche kurze Extras enthalten, die etwa die Motivation des Regisseurs erläutern, die Auswahl der Schauspieler beleuchten, einen Einblick in die Einspielung der Musik mit Michael Giacchino und der Disney-Legende Richard M. Sherman erlauben oder noch ein wenig die Welt des Films erweitern. Ausserdem sind auch noch drei kurze entfallene Szenen vorhanden.
Bewertung:
Bild-/Tonqualität (Blu-ray):
Bonusmaterial (Blu-ray):
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