Und Jesus sprach zu ihm: Wenn du könntest glauben, alle Dinge sind möglich, dem der da glaubt.
Filmstudenten haben es nicht einfach. Einerseits werden sie beneidet, weil beim Stichwort Film schnell die Verbindung mit der Traumfabrik Hollywood hergestellt wird. Andererseits müssen sie zum Abschluss des Studiums ihre Kreativität unter Beweis stellen und einen Film abliefern. Das kann schon ganz schön anstrengend sein. Oder einfach als Idee für einen solchen Abschlussfilm dienen. So zeigt Johannes Bachmann in seinem eigenwilligen Kurzfilm «Der Film vom Propellermann» wie sich die Entstehung eines Abschlussfilms gestalten könnte.
Protagonist ist Josef (Julian Boine), ein Träumer und Tunichtgut, der zu Beginn des Films zusammen mit seinem Bruder Egon (Roger Bonjour), dem Antagonisten, bei der Beerdigung ihrer Mutter gezeigt wird. Bei der Räumung der Wohnung der Verstorbenen stösst Josef auf die Propellermütze seines Grossvaters, die er sofort ausprobiert und perfektionieren möchte. Gleichzeitig wird von der schwierigen Entstehung des Films erzählt: Johannes Bachmann spielt als Claudius einen Studenten an der Zürcher Hochschule der Künste, der mit seinem Abschlussprojekt nicht wirklich vorankommt. Sehr zum Kummer seines Mentors (Max Rüdlinger).
Gleich zu Beginn des Films durchbricht Bachmann die vierte Wand zwischen Publikum und der Filmhandlung. Zuerst ist nur seine Stimme zu hören: «Du sitzt vielleicht gerade in einem grossen Kino in einem bequemen Sessel, du lehnst dich zurück und freust dich auf die spannende Geschichte, die dir gleich erzählt wird. Du hast keine Ahnung, worum es geht. Eigentlich wie bei Netflix. Nur, dass das da ein Studentenfilm ist.» Dann fordert er auf, sich ein Bild von einer Beerdigung im Regen zu machen. Um die daraus entstandene Szene dann gleich wieder abzubrechen. So geht das in der Filmproduktion, die immer nur Stückwerk ist.
Regisseur Johannes Bachmann präsentiert mit «Der Film vom Propellermann» ein cleveres Schelmenstück, in dem er die intellektuelle Selbstverliebtheit eines Woody Allen und die verträumte Fantasie eines Tim Burton vermischt. Bachmann schildert die Schwierigkeiten bei der Entstehung eines Spielfilms und wirkt dabei gleichzeitig als erster Kritiker der von ihm entworfenen Geschichte, deren Dramaturgie nicht bei allen Mitarbeitern auf Begeisterung stösst und die er selber auch nicht konsequent verteidigen kann.
Die Mischung zwischen Komödie und melancholischem Drama entwickelt dabei schon fast die Wirkung eines Thrillers. Auf der einen Seite fiebert man mit dem Propellermann mit und fragt sich, ob seine Flugkünste nur Einbildung sind. Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, ob der strauchelnde Jungregisseur Claudius die Hindernisse bei den Dreharbeiten mit dem knappen zeitlichen und finanziellen Budget überwinden kann. Besonders reizvoll an diesem gewagten Hybrid sind die Kontraste zwischen den beiden Scheinwelten, die dazu anregen, die Entscheidungen des Filmemachers zu hinterfragen.
Charmant und verspielt karikiert Bachmann dadurch die Erwartungen an einen Studentenfilm. Als er gegen Ende nach einer Vorführung des Films im Film gefragt wird, was den die Aussage seines Films ist, kann er nur mit einem betretenen Schweigen antworten. Darauf folgt die vielsagende Frage: «Oder ist es einfach eine Komödie?» Das Kunststück von Bachmann ist es, dass sein Abschlussfilm mehr als einfach eine Komödie ist.
Bewertung:
(Bilder: 2020 Zürcher Hochschule der Künste)