Da diese Woche schon die Woche der strauchelnden Superhelden ist, «Watchmen» und Clint Eastwood in «Gran Torino», dann darf auch noch Hancock erwähnt werden. In den Schweizer Kinos hat Will Smith 2008 gleich doppelt abgeräumt. Zuerst lockte er in «I Am Legend» 235’696 Besucher in einen Science-Fiction-Thriller, dann beflügelte er als Superheld «Hancock» die Besucherzahlen. 344’618 Eintritte verzeichnete der chaotische Superheld, der fliegen kann, Superkräfte hat, unverwundbar ist und Verbrecher bekämpft. So weit, so banal. Aber wo der häufig angetrunkene Hancock für Ordnung sorgt, herrscht für gewöhnlich erst nach seinem Eingreifen das Chaos.
Die zerstörerische Ausübung seiner Fähigkeiten werden gleich in der ersten Szene ersichtlich. Die Polizei ist auf der Verfolgung von wild um sich schiessenden Asiaten. Nach dem Eingreifen von Hancock ist der Highway unbenutzbar und die Verbrecher hängt er in ihrem Auto auf ein Wahrzeichen von Los Angeles. Wenig später rettet er den Werbeberater Ray Embrey (Jason Bateman, «Juno») vor einem herannahenden Zug und erzürnt durch den dabei entstandenen Schaden wieder den Ärger der Bevölkerung. Nur Ray ist dankbar und will das Ansehen des Superhelden aufpolieren.
Hancock soll freiwillig ins Gefängnis, damit die Menschen in Los Angeles feststellen können, wie stark sie ihn vermissen. In der Strafanstalt soll der frustrierte und orientierungslose Übermensch auch seine persönlichen Probleme bewältigen. Hancock ist nämlich vor knapp 80 Jahren – genauer 1931 nach einer Vorführung von «Frankenstein» – in Florida mit einem Schädelbruch aufgewacht und kann sich nicht mehr an die Zeit davor erinnern. Nun fühlt er sich einsam und ohne Bestimmung. Als Hancock wieder auf Verbrecherjagd gehen darf, kommt es plötzlich zu einer bedeutenden Enthüllung.
Der Film über den nicht ganz alltäglichen Superhelden kann trotz einigen leicht misslungenen Elementen überzeugen. Regisseur Peter Berg («The Kingdom») ist kein Künstler, sondern wie Jon Favreau («Iron Man») ein Auftragsarbeiter. Er stellt sich und die technischen Mittel ganz in den Dienst der Geschichte und der Figur. Das wirkt zwischendurch ein wenig uninspiriert, lenkt aber auch nicht vom Wesentlichen ab. Berg vertraut auf das Drehbuch von Vincent Ngo und Vince Gilligan und konzentriert sich neben einigen Actionsequenzen vor allem auf das Innenleben der Figuren. So trägt vor allem Will Smith als emotional zerrissener Superheld die Handlung.
«Hancock» ist nicht ganz so knackig inszeniert wie zuvor «The Kingdom». Berg setzt vielfach auf den Einsatz von Handkameras, mit denen er den Figuren ganz nahe rückt. Im Kino hat mich das wenig gestört, die Bildqualität der Blu-ray-Disc wird dadurch aber beeinträchtig. Da die Kamera selten ruht, verschwimmen bei den rasanten Bewegungen auch die Bildpunkte. Die Bildbearbeitung ist bestimmt tadellos, nur ist das durch die wilde Kameraführung nur selten zu erkennen.
Humor ist ebenso wichtig wie die visuellen Effekte. Durch den schiefen Blick auf das Genre rückt «Hancock» wiederholt in die Nähe einer Parodie. Diese delikate Grenze wird trotzdem nie überschritten. «Hancock» entpuppt sich, wie könnte es auch anders sein, als eine Art Ursprungsmythos eines Superhelden. Wie in letzter Zeit immer häufiger sind jedoch ausgerechnet die visuellen Effekte etwas enttäuschend. Vor lauter Explosionen und Erschütterungen geht zwischendurch die Orientierung verloren, und auch die Flüge von Hancock sehen oftmals lieblos und zu künstlich aus. Die fliegende Blechbüchse aus «Iron Man» bewegte sich in der Luft deutlich eleganter.
Berg muss sich immerhin nicht vorwerfen lassen, dass sein Film zu lange ist. Nach gerade einmal 90 Minuten ist das Abenteuer vorbei. Dadurch wird die Handlung manchmal ein wenig überhastet vorangetrieben. Besonders die Reformation von Hancock wird nicht gerade sehr schlüssig erzählt. Auf der Blu-ray-Disc ist nun eine zehn Minuten längere Fassung enthalten. Das ändert aber wenig am Rhythmus oder der Qualität der Erzählung. Auffälligste Ergänzung ist zu Beginn eine erotische Begegnung von Hancock mit einer Frau, die ihn bewundert. Dabei wird klar, wieso Superhelden so selten Sex haben.
Anstatt einem Audiokommentar lässt sich auf der Blu-ray-Disc ein Videotagebuch von den Dreharbeiten zuschalten, das Eindrücke vom Set vermittelt, aber nur geringen Mehrwert bietet. Sechs um die 10 Minuten lange Dokumentation befassen sich mit der Entwicklung, visuellen Effekten und den Stunts. Besonders faszinierend war der Beitrag über das Haus von Embrey, das extra für den Film gebaut und sorgfältig ausgestattet wurde. Wie viel Mühe für die Innendekoration betrieben wurde, lässt sich erst so erkennen. Zudem zeigt sich Peter Berg im kurzen Beitrag «Dirty Pete» von seiner selbstironischen Seite.
Film:
Bild-/Tonqualität (Blu-ray):
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