Die 9. Ausgabe des Neuenburger Internationalen Festivals des Fantastischen Films findet dieses Jahr vom 30. Juni bis 5. Juli statt. Am 30. Juni werde ich noch im Stade de Suisse sein, danach zieht es mich aber ganz klar weiter an die Ufer des Lac de Neuchâtel. Schon bevor am 12. Juni das vollständige Programm veröffentlicht wird, wurden heute drei Sonderreihen angekündigt: eine Retrospektive zu Ehren des erfinderischen US-Produzenten William Castle, eine Hommage an die skandalumwitterte Category III in Hongkong und ein Spezialprogramm zur aktuellen Entwicklung des skandinavischen Genrefilms. Anschliessend die wichtigsten Informationen aus der Pressemitteilung.
Der umtriebige William Castle interpretierte, produzierte und/oder inszenierte im Verlauf seiner Karriere rund 50 Filme, aber seinen legendären Status verdankt er vor allem seinen Bemühungen, die Zuschauer im Kinosaal das Fürchten zu lehren. Um sich von der Konkurrenz des Fernsehens abzuheben und den Erfolg seiner B-Movies zu sichern, entwickelte er ab Ende der 50er einige der originellsten Werbestrategien der Filmgeschichte und verwandelte die Kinosäle in Jahrmarktattraktionen.
Brillen mit Zaubereffekt («13 Ghosts», 1960), vibrierende Sitze («The Tingler», 1959) oder ein Publikumsvoting über das Schicksal der Hauptfigur («Mr. Sardonicus», 1961) gehörten zu seinen Werkzeugen. Mit einem Programm, das einige dieser sensationellen Effekte neu aufleben lässt, entführt das NIFFF sein Publikum zurück in eine Zeit, in der sich das Filmspektakel noch sowohl auf der Leinwand wie im Saal abspielte, und bietet die Gelegenheit, die grössten Erfolge dieses geschickten Promoters zu entdecken, der nebenbei auch den Weg für Kultphänomene wie «The Rocky Horror Picture Show» ebnete.
Die skandalumwitterte Category III – sie entspricht unserer Altersfreigabe ab 18 Jahren – wurde 1988 in Hongkong eingeführt, um die Verbreitung von Werken mit strittigem Inhalt (Gewalt, Sex, Politik) zu ermöglichen, die zuvor schlicht der Zensur zum Opfer fielen. Mit der Einrichtung der neuen Kategorie entwickelte sich rasch eine gegen alle Regeln und Konventionen verstossende Filmkultur, die sich weder an Genres noch an ästhetische Normen hielt und mit Übertreibungen dem Leben in Hongkong Ende des 20. Jahrhunderts Ausdruck verlieh. Vom wilden «Riki-Oh: The Story of Ricky» von Ngai Kai Lam (1991) bis zum anstössigen «Electrical Girls» von Bowie Lau (2001) präsentiert das NIFFF einige der prägendsten Cat-III-Filme: explosive Mischungen aus Erotik, Brutalität und Humor.
Wer die Renaissance des fantastischen Films in Europa allein auf das Wirken einiger inspirierter Spanier zurückführt, vergisst zweifellos etwas schnell, dass dem Genre in den letzten Jahren auch von Skandinavien her ein frischer Wind entgegenwehte. «The Bothersome Man» von Jens Lien, «You, the Living» von Roy Andersson oder auch «Let the Right One In» von Tomas Alfredson, die allesamt an den letzten drei Ausgaben des NIFFF prämiert wurden, zeugen von der zurzeit erstaunlichen Vitalität des nordischen Filmschaffens, das in den letzten Jahren einige der weltweit originellsten Filme hervorgebracht hat.
Mit einer Reihe von exklusiven Filmen wie dem hypnotischen «Sauna» des finnischen Regisseurs Antti-Jussi Annila, dem packenden Film Noir «Just Another Love Story» des dänischen Wunderkinds Ole Bornedal oder auch «Dead Snow», einer blutigen und verschneiten Farce von Tommy Wirkola, lädt das NIFFF ein zu einer Reise ins Herz der Aktualität des immer noch zu verkannten skandinavischen Genrefilms.