«Star Trek»: 20 Minuten mit Simon Pegg

Simon Pegg in «Star Trek»

Von den drei Schauspielern, mit denen ich in Berlin an den Gruppeninterviews sprechen durfte, hat sich ganz bestimmt Simon Pegg am meisten über seine Rolle in «Star Trek» gefreut (John Cho hätte ihm vielleicht noch Konkurrenz gemacht). Pegg spielt den legendären Ingenieur Montgomery Scott. An der Pressekonferenz machte er noch fleissig Witze, im Gruppeninterview zeigte er sich dann aber von seiner seriösen Seite und liess sich nicht lange auf Fragen nach deutschem Bier ein.

Wie fühlt es sich nun an, ein Teil des «Star Trek»-Universums zu sein?
Wunderbar. Es ist unglaublich aufregend und schwer in Worte zu fassen. Ich fühle mich sehr privilegiert, diese Gelegenheit erhalten zu haben. Es ist fantastisch.

Obschon du erst in der letzten halben Stunde auftauchst?
Es gibt immer noch die nächste Folge.

Für wie viele Folgen hast du dich verpflichtet?
Für drei. Das ist für gewöhnlich der Standard für eine Serie.

Was erhoffst du dir für die nächsten Folgen?
Ich möchte, dass er in einen Kampf gerät, seine Aufgabe erfüllt, ein wenig mehr im Maschinenraum ist, vielleicht auf eine Mission geht und das Schiff rettet.

Hast du wegen deinen übrigen Projekten gezögert, als du das Angebot erhalten hast?
Ein wenig spielte das auch eine Rolle. Aber in erster Linie war es einfach ein derart riesiges Angebot. Ich musste nicht vorsprechen. Ich habe einfach ein E-Mail von J.J. erhalten, in dem er mich fragte: «Möchtest du Scotty spielen?» Ich wusste nicht, was ich mit dieser Information anfange soll: «Was! Ich kann nicht einfach Ja sagen.» Ich hatte das Gefühl, dass ich ein für ein paar Tage zögern musste. Das machte ich auch. Dann sagte ich zu.

Wie fühlte es sich an, als Brite den Schotten auf der Enterprise zu spielen?
Die «Enterprise» ist aus Tradition ein ethnisch reich durchmischter Ort. Ich liebe die Tatsache, dass Scotty der Chefingenieur an Bord ist, denn Schotten waren für so viele technologische Erfindungen verantwortlich, nicht zuletzt fürs Fernsehen. Die Figur und die Herkunft von Scotty fühlte sich daher passend an. Ein Teil meiner Familie und meine Frau ist aus Schottland. Ich habe mich daher an ihnen orientiert und einige Sachen speziell für das schottische Publikum eingefügt. Das wird hier natürlich nicht verstanden, weil der Film synchronisiert wird.

Wie stark fühlst du dich mit der Mythologie von «Star Trek» vertraut?
Ich bin ziemlich gut verbunden. Ich war Fan der Serie und den anschliessenden Fortsetzungen. Ich habe viel darüber gewusst, als ich mich darauf eingelassen habe.

Und auch auf was du dich einlässt.
Ja, genau. Auch weil J.J. dahinter steht. Ich finde ihn erstaunlich finde. Er hat eine verblüffende Vision und erstaunlichen Enthusiasmus. J.J. ist auch keine zynische Person. Er hätte das Projekt niemals übernommen, wenn er der Ansicht gewesen wäre, dass es nur ums Geld verdienen geht. Es entstehen viele Remakes, weil sich Marketing-Leute denken, das Publikum fühlt sich wegen der Vertrautheit von ihnen angesprochen und sieht sie sich an. Obschon ursprünglich vielleicht einmal ein Manager den Vorschlag gemacht hat, eine neue Folge von «Star Trek» drehen, bedeutete die Beteiligung von J.J., dass es gut werden und mit Liebe behandelt wird.

Wie siehst du dir als Trekkie den Film an?
Ich freue mich sehr auf den Filmstart, damit ihn die Fans endlich sehen können. Es wurde viel darüber geredet, wie streng sich der neue Film an die Regeln der Serie hält. Dabei funktioniert die Handlung sehr geschickt, so dass das bisherige Werk in seiner Vollständigkeit erhalten bleibt und uns trotzdem einen Neustart erlaubt – einfach entlang einer neuen Zeitlinie. Dieses ganze Konzept hat bei «Star Trek» eine lange Tradition. In der Folge «Mirror, Mirror» der ursprünglichen Serie ist eine vollkommen alternative Besatzung zu sehen. Kein «Star Trek»-Fan würde behaupten, dass diese Besatzung nicht ihre eigene Geschichte und Abenteuer hat. Es macht also Sinn, dass man einer Zeitlinie zu einem gewissen Punkt folgt, dann aber zurückspringt und sich einer neuen Zeitlinie anschliesst. Es sind die gleichen Personen, aber in einer anderen Situation. Es ist eine sehr, sehr kluge Methode, die Serie neu zu starten.

Wie hat sich das beim Lesen des Drehbuchs angefühlt?
Ich war wirklich beeindruckt. Es war ein vollständiges Werk, ein sehr, sehr kluges Drehbuch.

Wie erklärst du dir den Fortbestand von «Star Trek»?
Das entspringt dem andauernden Beliebtheit der ursprünglichen Serie und den Fans, die daraus entstanden sind. Diese Fans haben einen Schwung ausgelöst, der die Serie und die nachfolgenden Filme am Leben erhalten hat. Am Ursprung steht sicher der in der Serie enthaltene, unsterbliche Optimismus. Diese Botschaft, dass wir alle in Einklang miteinander leben können, findet grossen Anklang. Nicht nur mit unserer eigenen Rasse, sondern auch mit anderen. In einer Welt voller Vorurteile und Abschottung ist diese wunderbare Idee einer vereinten Welt äusserst attraktiv.

Einige der anderen Darsteller konnten ihre Vorgänger treffen. James Doohan ist allerdings schon 2005 gestorben. Hast du dir als Vorbereitung viele Folgen mit ihm angeschaut?
Ich war einmal im selben Raum wie er, 2005 an einer Preisverleihung. Ich habe mich erst vor kurzem daran erinnert. Es war kurz vor seinem Tod. Ich stand sehr nahe bei ihm und ich wundere mich heute, ob ich mich ihm vorgestellt hätte, wenn ich das Wissen von heute gehabt hätte. Ich habe seinen Sohn Chris getroffen. Ich habe versucht, die Familie zu treffen, um ihnen zu versichern, dass ich die Rolle mit der selben Lebensfreude wie James in Angriff nehmen werde. Chris hat mir dann geschrieben und wir wurden E-Mail-Freunde. Er war dann sogar im Film: Er spielt meinen Assistenten. Er hat mir Geschichten über James und sein Leben erzählt. Ich fühlte mich mit der Figur schon sehr vertraut, weil ich die Serie so gut kannte. Ich kannte Scotty. Aber so wie Chris nicht William Shatner studieren wollte, hatte ich nicht die Absicht, den Schauspieler zu imitieren. Ich wollte die Figur von Grund auf gestalten. Das war die beste Möglichkeit, um James Doohan meine Ehre und meinen Respekt zu erweisen.

War diese Rolle schwieriger für dich als die von dir selbst gestalteten Figuren in «Shaun of the Dead» oder «Hot Fuzz»?
Wie ich schon gesagt habe, ist es immer einfach, mit Leuten zusammenzuarbeiten, denen man vertraut. Und ich vertraue und bewundere J.J. und habe für ihn schon in «Mission: Impossible III» mitgespielt. Es war daher keine schwere Entscheidung, wieder mit ihm zusammenzuarbeiten. Manchmal ist es auch angenehm, nicht der Autor zu sein. Das ist eine Belastung, ohne die es sich leben lässt.

Hast du deine Ideen einbringen können?
Manchmal gab es gewisse Stellen im Dialog, die ich vorgeschlagen habe oder die wir gemeinsam diskutiert haben. Aber grundsätzlich war es ein solides Drehbuch. Als Drehbuchautor respektiere ich das und wollte es auch nicht untergraben. Es gibt einzelne Teile schottischen Dialekts, die ich eingefügt habe, die ich von meiner Familie kannte. Um die Figur authentischer zu gestalten. Einer der ersten Sätze ist einer, den ich im Film nicht vervollständige, weil sich dadurch offensichtlich die Altersfreigabe verändert hätte: «Get thee fuck!» Das ist ein bekannter Ausdruck aus Glasgow, der einfach sagen soll: «Verschwinde, halt das Maul.» Als ich also genervt werde, sage ich einfach «Get thee…», und alle im schottischen Publikum wissen, was ich sagen möchte. Das ist mein Gruss an sie.

Habt ihr diskutiert, wie viel Humor für die Figur angebracht ist?
Scotty treffen wir in einem komischen Dilemma an. Er hat einen trockenen Humor und seine Lebenseinstellung ist ziemlich humorvoll, obgleich manchmal an Zynismus grenzend. Aber er hat einen guten Sinn für Humor. So wollte ich es spielen. Ich wollte ihn nicht als komische Figur spielen, als eine Figur, über die man lacht. Man lacht mit Scotty, weil er diese Art von Person ist.

Gibt es einen speziellen Film, der dich für das Filmgeschäft begeistert hat?
Ich sah mir als Kind die Filme von Spielberg und Lucas an. Dann kamen Coppola und Scorsese. Als Kind haben mich Filme wie «Star Wars», «Raiders of the Lost Ark» und «E.T.» inspiriert und dadurch habe ich dann ernsthaftere Werke entdeckt. Ich liebe die Filme der Coen Brothers.

Kannst du dir vorstellen, einen Film wie «Star Trek» in der Art von «Shaun of the Dead» oder «Hot Fuzz»?
Diese Filme werden oftmals Parodien genannt und das sind sie nicht. «Shaun of the Dead» war eine Zombiefilm und auch eine Komödie. In «Hot Fuzz» haben wir einige der Konventionen von Actionfilmen benutzt, und sie lustig gemacht, in dem wir sie in einen anderen Zusammenhang stellten. Aber es war ein Liebesbrief ans Actionkino. Wir haben uns nicht darüber lustig gemacht. Bei Science-Fiction bin ich mir nicht sicher. Es müsste eine Komödie sein, die einfach im Weltall spielt. «Paul» enthält solche Elemente, der neue Film von Nick Frost und mir.

Nick Frost und du in der Wüste?
Genau. Mit einem Ausserirdischen. Im gleichen Auto. Das war eine Idee die wir bei den Dreharbeiten zu «Shaun of the Dead» hatten. Unsere Produzentin Nira Park fragte uns, was wir als nächstes mache wollen. Wir erfanden einfach die verrückteste Handlung: zwei Kerle in der Wüste und ein Ausserirdischer. Nun machen wir es tatsächlich. Die Dreharbeiten beginnen am 8. Juni.

Wie stehst du nun als Teil von «Star Trek» zu «Star Wars»?
Als Kind habe ich «Star Wars» bevorzugt. Der Film war glänzend und spektakulär. Die neuen Folgen mag ich aber einfach nicht. Ich kann keine Liebe dafür aufbringen, und es kümmert mich nicht mehr wirklich. Es ist eine Schande. «Star Wars: The Clone Wars» habe ich mir nicht angesehen. Ich habe mir ein Konzert der London Philharmonic Orchestra mit der Musik von «Star Wars» angehört. Es war wunderbar und brachte viele Gefühle zurück. Es ist interessant, dass «Star Wars» eine Schlacht gewonnen hat, aber nicht den Krieg.

Du spielst auch noch in der Neuauflage einer anderen legendären Serie mit, der britischen Sendung «Dr. Who». War das auch ein Kindheitstraum?
Ja, ich habe «Dr. Who» als Kind geschaut. Ich war ein grosser Fan der Serie. Jetzt darin mitzuspielen ist die Erfüllung eines Wunsches. Aber in «Dr. Who» war ich sozusagen der Bösewicht der Woche, in «Star Trek» darf ich Scotty spielen, was schon eine grössere Sache ist.

Googelst du dich?
Ab und zu muss man. Man ist sich nun bewusst, dass irgendwo auf der Welt irgendjemand über dich redet und du kannst zuhören. Manchmal muss man. Aber dann bereust du es immer, weil dich jemand nicht mag. Es ist ein düsterer Pfad.

Was war das beste oder das schlechteste, das du über dich gelesen hast?
Die Reaktionen auf meine Besetzung als Scotty waren gemischt. Einigen hat es gefallen, anderen nicht. Einige dachten, ich würde mich über die Rolle lustig machen. Aber ich verstehe das. «Star Trek» ist kostbar. Die Fans sorgen sich darum und wollen es mit Respekt behandelt haben. Ich verstehe, dass Leute zurückhaltend auf meine Verpflichtung reagiert haben. Aber ich bin als Fan zum Film gestossen und wollte auf keinen Fall, dass er auf irgendeine Weise eine Parodie wird. Wir achteten sorgfältig darauf, keine ironischen Verweise rein zu bringen.

An der Pressekonferenz hast du viele Witze gemacht, und jetzt bist du sehr ernst. Woran liegt das?
Das Bier verliert seine Wirkung.

Benötigst du ein gewisses Publikum, um Witze zu machen?
Die Pressekonferenz bot eine Umgebung, in der Witze angebracht waren. Hier in diesem Gespräch  möchte ich nicht einfach Witze machen, sondern die Wahrheit vermitteln und meine Meinung sagen. Und ausserdem bin ich wirklich müde.

Was war das tollste Ereignis, seit die Promotion für «Star Trek» begonnen hat?
Es war wirklich angenehm, wieder die Besatzung zu treffen. Wir vermissen Anton, der nicht hier sein kann. Ein Teil dieser Besatzung zu sein, fühlt sich cool an. All diese tollen Schauspieler zu sehen, die alle jünger sind als ich. Ich fühle mich ein wenig onkelhaft.

Du bist der einzige Star in diesem Ensemble.
Relativ. Nicht wirklich. Vielleicht auf eine kultige Art. Dieser Aspekt erinnert an die erste Episode von «Star Wars», in dem hauptsächlich unbekannte Schauspieler mitspielten und einige ehrwürdige ältere Schauspieler. Dieser Film hat viele Ähnlichkeiten. Wage ich es zu sagen: Das ist das  «Star Wars»-Prequel, das sich viele erhofft hatten. Aber es ist «Star Trek». Wer hätte das geahnt.

Stört dich dein Kultstatus?
Nein, überhaupt nicht. Ich bin lieber kultig als berühmt. Ruhm interessiert mich nicht besonders. Es ist nicht wirklich ein positiver Aspekt des Berufs. Es ist ein Produkt meiner Arbeit. Was ich wirklich gerne mache, ist arbeiten, schreiben und schauspielen. Das macht Spass. Der ganze Rest ist das Resultat davon, ein Nebenprodukt.

Wenn du hättest auswählen dürfen, welche Rolle du spielst, wäre es sowieso Scotty gewesen?
Sowieso. Ganz klar. Ich kann mich nur als Scotty vorstellen. Das ist das positive an diesem Film, dass alle in ihre Rolle passen.

(Bild: ©Paramount Pictures)

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