Knowing what you’ve got,
Knowing what you need,
Knowing what you can do without –
that’s inventory control.
Die Ehe ist die Hölle. Zumindest im Roman «Revolutionary Road» von Richard Yates. Der britische Regisseur Sam Mendes hat die Geschichte letztes Jahr umwerfend schonungslos verfilmt. In den Rollen der an ihren eigenen Ansprüchen nach Freiheit scheiternden Eheleute glänzen Kate Winslet und Leonardo DiCaprio.
Früher war alles besser. Da gingen die Männer noch arbeiten, und die Frau sorgten sich fleissig um Haus und Kinder. So sieht auch die Ehe der Wheelers aus, die in den 50er-Jahren in einer Vorstadt von New York leben. Frank (DiCaprio) nimmt jeden Morgen den Zug, um in einem Grossraumbüro zu vergammeln, während April (Winslet) in der öden Einsamkeit der verstaubten Retortenstadt beinahe wahnsinnig wird. Wie ist es bloss so weit gekommen?
Kurz nach dem Krieg haben sich Frank und April kennen gelernt. Er schwärmte von seinem Aufenthalt in Paris, sie träumte von einer Karriere als Schauspielerin. Nun sind sie mit zwei Kindern in einem Familienhaus an der «Revolutionary Road» gelandet. Die Revolution steht ihnen erst noch bevor. April macht den Vorschlag, nach Paris zu fliehen, wo sie im diplomatischen Dienst Geld verdienen möchte, damit Frank sich persönlich finden kann.
Frank ist von der Idee zwar nicht unbedingt begeistert, willigt aber dennoch ein. Doch dann erhält er plötzlich ein Angebot für eine bessere Stelle. Und dann ist da noch die Affäre mit der jungen Sekretärin Maureen (Zoe Kazan). Derweil sorgen an der Revolutionary Road die Besuche der aufdringlichen Nachbarin Helen Givings (Kathy Bates) und vor allem von ihrem verletzend ehrlichen Sohn John (Michael Shannon) für Unruhe.
Gut zehn Jahre nach «Titanic» treffen Rose und Jack nun also wieder aufeinander. Das durch den Untergang des Luxusdampfers auseinander gerissene Traumpaar sieht sich mit ganz anderen Herausforderungen als sozialen Schranken und bedrohlichen Eisbergen konfrontiert. Ausreichend Gesellschaftskritik ist in «Revolutionary Road» enthalten. Hier wird ein bedrückendes Bild von einer unterdrückten Gesellschaft gezeichnet. Ist das in den 50er-Jahren angesiedelte Drama aber überhaupt noch aktuell?
«Revolutionary Road» handelt natürlich nicht lediglich von den Zwängen einer in das Korsett der Ehe gezwängten Liebe. Vielmehr ist es der unfruchtbare Alltag, der hier die Träume und Wünsche der Hauptfiguren erdrückt. Ist ein Ausbruch aus diesen einengenden Normen heute einfacher möglich als vor 50 Jahren? Diese Frage lässt sich zwar vereinfachend mit Ja beantworten. Aber irgendwie entsteht bei der Betrachtung von «Revolutionary Road» doch der Eindruck, als ob sich in mancher Hinsicht nicht so viel verändert hat.
Wer in einer Partnerschaft lebt, ist für gewöhnlich einem gewissen Druck der Anpassung ausgesetzt. So schmerzen die Sticheleien der Wheelers immer stärker. Als ihr Frank einmal wütend Vorwürfe macht, fragt sie ihn höhnisch: «You’ll leave me? Is that a threat or a promise?» Und am Schluss konstatiert April entkräftet: «No one forgets the truth, Frank. They just get better at lying.» Die Freiheit liegt ganz klar in der Wahrheit, die in der Ehe von Frank und April längst keinen Platz mehr hat.
Welche Aussage auch immer im Film vermittelt werden soll, «Revolutionary Road» ist in erster Linie ein hervorragend gespieltes und ausgezeichnet geschriebenes Drama, das auch nicht an zynischen Kommentaren spart. Die Inszenierung von Regisseur Sam Mendes, dem Ehemann von Winslet, ist hauptsächlich zweckdienlich und drängt sich nicht durch formale Verspieltheiten auf. Dadurch kommen die Leistungen der Darsteller natürlich noch besser zur Geltung.
Einzig der Einstieg in die eigentliche Handlung ist ein wenig abrupt ausgefallen. Das lässt sich vermutlich durch Kürzungen erklären: im Trailer sind nämlich noch zusätzliche Szenen enthalten, etwa von der Hausbesichtigung, die in der Kinofassung aber fehlen. Trotzdem ist «Revolutionary Road» ein eindrückliches Drama, das durch exzellente Schauspieler und ein packendes Drehbuch auftrumpft.
Die erstklassige Blu-ray-Disc enthält einen Drehbericht, die angesprochenen entfallenen Szenen sowie einen Audiokommentar, auf dem Sam Mendes und Drehbuchautor Justin Haythe intelligent auf die Umsetzung der Geschichte eingehen und die Feinheiten von Struktur und Dialogen erläutern. Mendes geht auch auf den speziellen Umstand ein, dass seine Frau und Mutter seiner Kinder eine ziemlich entnervte Mutter spielt. Und er wünscht sich, dass die Zuhörer das Buch von Yates lesen: «If you haven’t, I hope you do.»
Exklusiv auf der Blu-ray-Disc führt ein erschütternder 26-minütiger Beitrag durch das Leben von Richard Yates. Darin schildern auch seine Töchter die Erfahrungen mit ihrem leidenden Vater, der sowohl in der Figur von Frank als auch von April zu erkennen ist. Alle Extras liegen in High Definition vor. Die Bildqualität ist makellos, auf der Tonspur kommt vor allem die eindringliche Musik von Thomas Newman wunderbar zur Geltung.
Bewertung:
Bild-/Tonqualität (Blu-ray):
Bonusmaterial (Blu-ray):
(Bilder: ©Paramount)