Live life abundantly.
In den USA kam das ambitionierte Drama «Seven Pounds» ziemlich unter die Räder der Kritik. Auf «metacritic.com» kommt der Film von Gabriele Muccino gerade einmal auf 36 von 100 Punkten. In der Bewertung der Benutzer der IMDb erhält das Drama derzeit hingegen 7,6 von 10 Punkten. So weit liegen die Einschätzungen selten auseinander. Ich schlage mich auf die Seite der Mehrheit. Ohne die unglückliche letzte Szene würde ich das intensive Drama sogar als Meisterwerk bezeichnen.
Obschon es beinahe nicht zu vermeiden ist, versuche ich Spoiler zu vermeiden. Die grösste Enthüllung erfolgt sowieso gleich in der ersten Minute des Films durch die Hauptfigur selbst: Ein verzweifelter Mann (Will Smith) kündigt dem Notruf seinen Selbstmord an. Da stellen sich augenblicklich zwei Fragen: Wieso will der Mann sein Leben beenden? Und wird er seine Absicht auch umsetzen?
Die Gründe für die Tat werden in der Folge natürlich aufgedeckt – langsam und häppchenweise. Die Filmemacher setzen mehr auf Stimmung als auf Handlung. Auf den Telefonanruf folgt ein Sprung in die Vergangenheit. Der Mann, der sich als Steueragent Ben Thomas ausgibt, hat eine Liste mit sieben Namen vor sich. Dahinter verstecken sich neben einem blinden Mann (Woody Harrelson), einer leberkranken Sozialarbeitern und einem an Leukämie erkrankten Jungen auch die an einer Herzstörung leidende Emily (Rosario Dawson).
Wieso Ben mit diesen Menschen in Kontakt tritt wird nicht gleich verraten. Aber offenbar ist etwa vorgefallen, das Ben schwer auf der Seele lastet. Nun versucht er den leidenden Menschen zu helfen. Dabei kommt er vor allem Emily näher, als ihm lieb ist. Dem Schicksal der lebensfrohen Gestalterin kann sich der introvertierte Ben einfach nicht entziehen. So treffen sie sich immer häufiger und verlieben sich trotz der unsicheren Zukunft ineinander. Dadurch lässt sich Ben erst recht nicht von seinem Plan abhalten.
Nach «The Pursuit of Happyness» ist «Seven Pounds» nun bereits die zweite Zusammenarbeit von Regisseur Gabriele Muccino und Will Smith. Der italienische Regisseur hat die Geschichte konsequent und stilsicher inszeniert – und bei weitem nicht so trost- und hoffnungslos wie die Handlung vermuten lässt. Überragend ist vor allem der zwischen Schuld und Sühne zerrissene Smith. Er lässt das Publikum an seinen Emotionen mitleiden. Wer sich an «The Pursuit of Happyness» erfreut hat, wird vermutlich auch an «Seven Pounds» Gefallen finden.
«Seven Pounds» ist genau betrachtet ein Rührstück, das sich dem Übel der Welt verweigert und die positive Kraft der Menschheit zelebriert – mit aller Konsezquenz und Widersprüchlichkeit. Besonders die zwiespältige Auflösung ist gleichsam niederschmetternd wie erhebend. Etwas gar übertrieben und unangenehm unheimlich ist einzig die letzte Szene ausgefallen. Eines ist aber schon vorher sowieso klar: das ist ganz bestimmt kein Film für Zyniker.
«Seven Pounds» erinnert stark an «21 Grams». Im Drama von Alejandro González Iñárritu wird ebenfalls die Last einer unwiderruflichen Tat ins Zentrum gestellt und zudem Form und Struktur der Erzählung in den Vordergrund gerückt. In beiden Fällen stellt sich die Frage, ob die verschachtelte Struktur des Films die Wirkung nicht eher einschränkt als verstärkt. Bei «21 Grams» ist das für mich ganz bestimmt der Fall. Die künstliche Zusammenführung der Figuren erscheint arg erzwungen.
«Seven Pounds» arbeitet hingegen weniger mit einer zersplitterten Zeitlinie. Stattdessen werden dezent eingestreute Rückblenden eingesetzt, die den Informationsfluss steuern und die Spannung steigern sollen. Das gelingt aber ebenfalls nur bedingt. Schnell wird die Absicht von Ben durchschaut. Der durch schwebende Kameraarbeit erzeugten Stimmung ist das aber trotzdem nicht wirklich abträglich. Muccino setzt zudem voll auf Emotionen und kann durch diese Zielsicherheit punkten.
Bild- und Tonqualität der Blu-ray-Disc sind makellos. Besonders die beunruhigenden, brüchigen Kompositionen von Angelo Milli klingen wunderbar. Das Bonusmaterial bietet hauptsächlich kleine, meist leicht bekömmliche Häppchen. Zwischen 2 bis 6 Minuten lang sind die sieben Berichte über Autor, Produzent, Regisseur, Drehortsucher, Designer, Cutter und Komponist. Auch die Qualle und die Druckerpresse erhalten ihren Bericht.
Die vier entfallenen Szenen sind für eine Erwähnung fast schon zu kurz. Spannend sind sie trotzdem, dass sie durchaus die Tonart des Films hätten verändern können. Über die Entscheidungen beim Schnitt spricht auch Muccino auf dem Audiokommentar. Hauptsächlich überhäuft er allerdings seine Schauspieler unn Mitarbeiter mit Lob und beschreibt zu häufig einfach die Handlung.
Bewertung:
Bild-/Tonqualität (Blu-ray):
Bonusmaterial (Blu-ray):
(Bilder: ©Sony)
Ich fand den Film bewegend. Ein tolles Juwel der Filmindustrie.