«The Departed» von Martin Scorsese (Blu-ray)

Matt Damon und Leonardo DiCaprio in «The Departed»

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Am Sonntag habe ich mir einen derart schlechten Polizeifilm angeschaut (mehr dazu später), dass ich anschliessend «The Departed» als Antidot eingesetzt habe. Martin Scorsese treibt die Handlung seines blutigen Kriminaldramas mit seiner fast schon unnachahmlichen Eleganz voran und erzeugt dadurch einen äusserst angenehmen Erzählfluss.

In South Boston erklärt die Polizei dem organisierten Verbrechen den Krieg. Der junge Undercover-Cop Billy Costigan (Leonardo DiCaprio) ist in diesem Viertel aufgewachsen. Er bekommt den Auftrag, sich in das Syndikat des Unterweltbosses Costello (Jack Nicholson) einzuschleusen. Umgekehrt hat sich der hartgesottene junge Kriminelle Colin Sullivan (Matt Damon), der ebenfalls aus South Boston stammt, seinerseits bei der Polizei eingeschleust, um für Costello zu spionieren.

Sullivan erarbeitet sich in der Ermittlungsspezialeinheit eine Machtposition und gehört zu der Hand voll Elite-Cops, die Costello dingfest machen sollen. Doch sowohl die Gangster als auch die Cops merken, dass in ihren Reihen ein Maulwurf tätig ist, und plötzlich laufen Billy und Colin Gefahr, entdeckt und gefasst bzw. eliminiert zu werden. Verzweifelt versuchen beide, den anderen zu enttarnen, um selbst unerkannt zu bleiben.

Jack Nicholson und Matt Damon in «The Departed»

Die Handlung von «The Departed» entstammt dem Hongkong-Thriller «Infernal Affairs», in dem den Untertiteln nach zu schliessen bedeutend weniger geflucht wird und der auch sonst sehr steril wirkt. Die besten Elemente aus dem Drehbuch von William Monahan («Body of Lies») zu «The Departed» entstammen aber dennoch ziemlich exakt aus der Hongkonger Vorlage. Im Remake von Martin Scorsese ist dafür der Kamera- und Schnittstil um einiges hektischer, dem düsteren Thema angepasst, und intensiviert dadurch das Erlebnis.

Untrennbar mit Regisseur Scorsese verbunden sind der virtuose deutsche Kameramann Michael Ballhaus und die Cutterin Thelma Schoonmaker. Gemeinsam sind sie für ein extrem dichte Abwicklung der Handlung verantwortlich, die mit einigen Ecken und Kanten die hässliche Welt von korrupten Polizisten und nervlich belasteten Undercover-Polizisten spiegelt. Die Geschichte wird derart kompakt erzählt, dass kaum Momente zum Luftholen bleiben.

Dann sind da noch die grossartigen Schauspieler, die ihre Arbeit nicht einfach als Beruf, sondern als Berufung ansehen und ihn mit viel handwerklicher Sorgfalt ausüben. Neben DiCaprio, Damon und Nicholson sind auch noch Martin Sheen, Alec Baldwin, Mark Wahlberg, Ray Winstone und zahlreiche vorzügliche Nebendarsteller zu bewundern. Und Vera Farmiga («Joshua») in der einzigen wichtigeren Frauenrolle ist eine Offenbarung.

Über Ton- und Bildqualität der Blu-ray-Disc lässt sich nicht viel sagen, da beide Elemente einfach makellos sind. Als Bonusmaterial sind entfallene oder, wie Scorsese in der Einführung sagt, «weggeschmolzene» Szenen enthalten, die durchaus sehenswert sind, sowie zwei 20-minütige Berichte. In «Stranger Than Fiction: The Story of the Boston Mob» wird von Whitey Bulger erzählt, der als Vorlage für Costello diente. «Crossing Criminal Cultures» untersucht, wie Scorsese durch sein Kindheit und die klassischen Hollywood-Filme geprägt worden ist.

Film: 6 Sterne
Bild-/Tonqualität (Blu-ray): 6 Sterne
Bonusmaterial (Blu-ray):
3 Sterne

(Bilder: ©Warner Home Video)

2 comments

  1. “Martin Scorsese treibt die Handlung seines blutigen Kriminaldramas mit seiner fast schon unnachahmlichen Eleganz voran und erzeugt dadurch einen äusserst angenehmen Erzählfluss.”

    Das ist doch erstaunlich, wenn man bedenkt, was Michael Ballhaus dazu sagt:

    [ Scorsese ] hatte eine ungeheure Hochachtung vor Nicholson. Er sagte: «Das ist der grösste Schauspieler Amerikas, der hat drei Oscars. Ich kann dem gar nichts sagen.» Scorsese hat es also nicht fertig gebracht, diesen Schauspieler zu inszenieren. Jack hat nach kurzer Zeit erkannt, dass er hier machen kann, was er will. (…) als Scorsese in den Schneideraum ging, sagte er zur Cutterin Thelma Schoonmaker: «Das ist mein schlechtester Film, wahrscheinlich ruiniert er meine Karriere. Wir müssen ihn so schnell schneiden, dass die Leute nicht merken, wie schlecht er ist.»

    Quelle: Tagesanzeiger

  2. Was soll daran erstaunlich sein? Das ich mir von Regisseuren oder ihren Kameramännern nicht vorschreiben lasse, wie ich ihren Film zu beurteilen habe??? Da zitiere ich doch gleich dich selbst: «Aber es kommt nicht darauf an, was man glaubt, weil das Stück dem Publikum gefallen muss und nicht dem Regisseur.» Eine hübsche Seite hast du übrigens.

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