«Manderlay» von Lars von Trier

Bryce Dallas Howard in «Manderlay»

Manche mögen ihm Überheblichkeit und Antiamerikanismus vorwerfen, andere können mit seinen experimentell inszenierten Filmen sowieso nichts anfangen. Lars von Trier polarisiert und damit hat er sein Ziel erreicht. In «Manderlay» hält der Regisseur dem Land der unbegrenzten Freiheit wieder einmal den Spiegel vor. Der Film ist der zweite Teil einer Trilogie, die mit «Dogville» eröffnet wurde («Wasington» ist noch «in Planung»).

Behandelte «Dogville» das Thema der Armut, konzentriert sich «Manderlay» auf die Sklaverei. Nachdem Grace (Bryce Dallas Howard) im Städtchen Dogville vergewaltigt und von ihrem Vater (Willem Dafoe) gerächt wurde, reist die Gangsterbande nun zurück nach Texas. Doch dort haben sich unterdessen schon andere Verbrecher festgesetzt und zwingen Grace und ihren Vater zur Weiterreise. Während einer kurzen Rast stösst eine junge schwarze Frau zu der Gruppe und bittet Grace um Hilfe.

Auf einem Anwesen neben der Strasse soll ein schwarzer Mann ausgepeitscht werden. Wie sich herausstellt hält die Besitzerin (Lauren Bacall) auch noch 70 Jahre nach der Abschaffung der Sklaverei schwarze Leibeigene. Grace schreitet vehement ein und übernimmt mit Hilfe ihres Vaters die Kontrolle über die Baumwollplantage. Die Sklaven werden zu Besitzern, die ehemaligen Herren müssen ihre Schuld abarbeiten. Doch bald muss Grace feststellen, dass ihr Rettungsversuch zu scheitern droht.

Wie in «Dogville» spielt auch die Handlung von «Manderlay» auf einer fast leeren Bühne, einige Gebäude sind teilweise errichtet, andere sind nur auf dem Boden markiert. Unterteilt ist der Film in acht Kapitel. Begleitet wird die Handlung von der meisterhaften Erzählstimme von John Hurt, der die Ereignisse wunderbar ironisch bricht. Aus Termingründen musste Nicole Kidman durch Bryce Dallas Howard ersetzt werden. Doch auch die Jungdarstellerin (Tochter von Regisseur Ron Howard) vermag in der Rolle der Grace zu überzeugen. Die von Kidman hervorragend gespielte Arglosigkeit der Figur scheint Howard angeboren zu sein.

Brillant ist wieder das Drehbuch. Gleich zu Beginn stellt Grace den Leitsatz auf: «Free men eat, when the’re hungry.» Doch nicht alle demokratischen Grundsätze sind einfach so auf das menschliche Verhalten anwendbar. Die neuen Rechte der Sklaven werden spätestens dann ad absurdum geführt, als die Versammlung darüber abstimmt, ob es nun acht Minuten oder fünf Minuten vor zwei Uhr ist. Unterdessen dreht der Esel in Luzifers Brunnen munter seine Runden – bis er von den hungernden Neo-Farmern geschlachtet wird.

Messerscharf zeichnet von Trier das Bild einer Gesellschaft, die nicht einmal nach ihren eigenen moralischen Richtlinien leben kann. Die Handlung spielt zwar wieder in den Zwischenkriegsjahren, doch die Aussage ist auf die heutige Situation gemünzt, was von Trier mit den Bildern über dem Abspann verdeutlicht.

Die vor drei Jahren veröffentlichte und mittlerweile nicht mehr erhältliche DVD ist, besonders im Vergleich zu den bisherigen von-Trier-DVDs, ziemlich mager ausgefallen. Gerade einmal ein Audiokommentar des Regisseurs und seines Kameramanns lässt sich als Bonusmaterial finden. So artikuliert wie seine Figuren drückt sich von Trier allerdings nicht aus. Auf der unten verlinkten DVD hat es gar kein Bonusmaterial, aber das ist nicht weiter schlimm.

Bewertung: 6 Sterne
Bild-/Tonqualität: 5 Sterne
Bonusmaterial:
2 Sterne

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