Locarno 07: «Slipstream» von Anthony Hopkins

Lisa Pepper und Anthony Hopkins in «Slipstream»

[Erschienen am 3. August 2007, 20.25] Bei der internationalen Premiere seines Werks «Slipstream», das im Internationalen Wettbewerb läuft, wurde Regisseur und Drehbuchautor Anthony Hopkins heute Nachmittag im Fevi mit ekstatischem Applaus begrüsst. Der Schlussapplaus fiel dann weniger euphorisch aus. Hopkins hat dem Publikum einen anstrengenden Film vorgesetzt, der eine wahre Bilderflut über die Betrachter einbrechen lässt. Nicht wenige waren davon überfordert.

Hopkins spielt die Rolle des Drehbuchautoren Felix Bonhoeffer. Eine seiner Geschichten wird gerade verfilmt oder so scheint es wenigstens. Die Handlung wird nur schleppend vorangetrieben und mehrfach überlappende Einschübe enthalten Referenzen an die Welt des Films und der Politik. Irgendwann wird schliesslich klar: Wir befinden uns in den Gedanken des Autors, der in seine Fiktion eingetaucht ist.

Lisa Pepper und Anthony Hopkins in «Slipstream»

«Slipstream» als komplexen Film zu bezeichnen wäre eine masslose Untertreibung. Die Referenzen sind zahllos und manchmal nur für Sekundenbruchteile auf der Leinwand zu sehen. Daher gilt: Blinzeln verboten! Da dient James Dean als Symbol für den tödlichen Ruhm Hollywoods, «The Invasion of the Body Snatchers», dessen Hauptdarsteller Kevin McCarthy in «Slipstream» auftaucht, für die einengende Vereinheitlichung der Unterhaltungsindustrie.

Hopkins, der auch das Drehbuch geschrieben und die Musik komponiert hat, feuert nämlich genüsslich mit allen Kanonen gegen die Branche, die ihn selber zum Star gemacht hat. Machthungrige Produzenten werden ebenso lächerlich gemacht wie schlappe Regisseure, die keine Kontrolle über ihre Schauspieler haben. So liest sich «Slipstream» als der Alptraum eines jeden Filmemachers. Daneben taucht auch die politische Komponente auf, die durch Bilder von Richard Nixon, Vietnam, Hitler oder dem Irakkrieg allgegenwärtig ist.

Deuten lässt sich die Handlung also einerseits ganz oberflächlich als Blick in den Geist eines psychisch kranken Drehbuchautoren. Darunter öffnen sich aber so viele Ebenen, das eine einzige Interpretation niemals alle Schichten dieses rutschenden Stromes aufdecken könnte. «Slipstream» wird noch vielen Filmstudenten als Spielwiese für verwegene Thesen dienen.

Fazit: «Slipstream» ist ein inhaltlich auch als formal anstrengendes, aber durchaus lohnenswertes Werk, das am besten in halber Geschwindigkeit genossen wird.

Bewertung: 5 Sterne

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