Ich will nicht, dass sie auf mich steht.
Unerwartete Überraschungen sind meist die angenehmsten. Die habe ich am 5. Zurich Film Festival im Deutschsprachigen Spielfilmwettbewerb in der Form der Komödie «13 Semester» erlebt. Angesehen habe ich mir den Film wegen Hauptdarsteller Max Riemelt («Die Welle», «Tausend Ozeane») und weil er vom Studium handelt. Gefallen hat er mir, weil er unbeschwert von einer Figur erzählt, in der ich mich in vieler Hinsicht wiedererkennen konnte.
Moritz (Riemelt) will raus aus dem Kaff Wusterhausen. Deshalb entscheidet er sich für ein Studium der Wirtschaftsmathematik und bricht mit seinem Freund Dirk (Robert Gwisdek) an die Universität auf. Dort teilt ihnen der Professor gleich in der ersten Vorlesung mit, dass es statistisch gesehen der rechte und linke Nachbar nicht bis an die Schlussprüfung schaffen. Während Dirk schnell eine Bleibe findet, ist Moritz das erste Semester erst einmal damit beschäftigt, eine Wohnung zu finden. Ob die Wohngemeinschaft mit Bernd (Alexander Fehling) dann wirklich funktionieren wird, ist noch eine ganz andere Frage.
Auch die restlichen Semester kann sich Moritz nicht immer uneingeschränkt auf das Studium konzentrieren. So wird er kurz vor dem Zwischendiplom aus der Lerngruppe von Dirk geschmissen und findet dafür im Inder Aswin (Amit Shah) den perfekten Lernpartner. Aswin bringt Moritz die Lerninhalte bei, Moritz führt Aswin in das Nachtleben ein. Dann ist da aber auch noch die hübsche Kerstin (Claudia Eisinger), auf die Moritz seit dem 2. Semester ein Auge geworfen hat. Doch die Annäherung funktioniert lange Zeit nicht so richtig. Zwischendurch schiebt Moritz auch noch ein Auslandsemester in Sydney ein.
Mein Studium hat nicht nur zwölf, sondern stolze zwanzig Semester gedauert (Auslandaufenthalte nicht mit eingerechnet). Ich habe auch nicht ein nützliches Studium wie Wirtschaftsmathematik absolviert. Stattdessen habe ich mich in Literatur, Film, Geschichte und Latein verloren. Auch sonst gibt es viele Unterschiede, doch das Gefühl, das Regisseur Frieder Wittich in seinem Spielfilmdebüt einfängt, entspricht auch meiner Erfahrung des Studiums. Irgendwie orientierungslos und doch die schönste Zeit des Lebens. Vermutlich habe ich mir auch deshalb zwölf Jahre Zeit dafür gelassen.
Die Geschichten in «13 Semester» sind sicherlich nicht neu, die Konstellationen der Figuren nicht weiter überraschend. Doch Wittich erzählt und inszeniert frisch und unbeschwert. Er hat seinen Film mit viel skurrilem Humor, zärtlichen Aufnahmen der Unsicherheit und einer angemessenen Portion Wehmut und Melancholie ausgestattet. Stilsicher und variantenreich zeigt sich Wittich auch in der visuellen Umsetzung der Szenen, die durch zerbrechliche und verführerische Einstellungen und verspielten Einfällen die Gefühlswelt der Hauptfigur noch stärker zum Ausdruck bringen.
Wittich wiedersteht auch der Unmode, jeden Gedanken auszuformulieren. Das ist auch gar nicht nötig, da es Max Riemelt gelingt, die Emotionen seiner Figur mit stillen Blicken zu vermitteln. Besonders gelungen ist eine Szene im Büro des Professors, dem Moritz seine Leistungen während dem Auslandsemester ausschmückt. Als der Professor die Scheine seiner australischen Kollegen akzeptiert, huscht ein Grinsen über das Gesicht von Moritz, dass ihn sofort verraten sollte. Doch der Professor hat diesen Gesichtsausdruck vermutlich schon so häufig gesehen, dass er nicht Verräterisches daran entdecken kann.
Fazit: «13 Semester» ist eine erfrischende Komödie, die mit viel Schwung und frechem Witz unerhält.
Bewertung:
(Bilder: ©2009 Fox)
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