«The Lovely Bones» von Peter Jackson

Saoirse Ronan in «The Lovely Bones»

He’s trapped in a perfect world.

In «The Lord of the Rings» liess Regisseur Peter Jackson Fantasy-Gestalten einen Kampf zwischen Gut und Böse austragen. In seinem Fantasy-Drama «The Lovely Bones» sind Menschen in einem solchen Konflikt gefangen. Ein getötetes Mädchen schaut aus einer Zwischenwelt auf ihre trauernde und wütende Familie und ihren Mörder zurück.

14 Jahre alt ist sie gewesen, als sie am 6. Dezember 1973 ermordet wurde. Das erzählt uns Susie Salmon (Saoirse Ronan) die Hauptfigur aus «The Lovely Bones». Jetzt ist sie unterwegs in den Himmel. Doch den Weg dorthin kann sie noch nicht finden, weil sie sich nicht von den Menschen aus ihrem Leben lösen kann. Ein unscheinbarer Nachbar (Stanley Tucci) war es, der sie auf dem Weg nach Hause in eine Falle gelockt und getötet hatte. Ihre Leiche wurde aber nicht gefunden, und die Polizei tappt im Dunkeln.

Doch Susie ist vor allem besorgt, weil ihre Familie unter dem Unglück zu zerbrechen droht. Ihr Vater Jack (Mark Wahlberg) stellt seine eigenen Nachforschungen an und liefert der Polizei dauernd Hinweise auf verdächtige Personen. Ihre Mutter Abigail (Rachel Weisz) würde es hingegen bevorzugen, wenn sich die Familie mit den zwei anderen Kindern wieder auf das Leben konzentrieren könnte. Als schliesslich Grossmutter Lynn (Susan Sarandon) im Haus für Ordnung sorgen soll, hält es Abigail nicht mehr aus.

Stanley Tucci in «The Lovely Bones»

Gleich mehrere Handlungselemente werden in «The Lovely Bones» zu einer eigenartigen Kombination vermischt. Die Verarbeitung der Trauer (Drama), die Reise durchs Jenseits (Fantasy) und die Aufklärung des Mordes (Thriller) erhalten in etwa den gleichen Stellenwert. Dabei behandelt die Geschichte ein heikles Thema, das eigentlich gar nicht befriedigend aufgelöst werden kann. Obschon das Loslassen das zentrale Motiv darstellt, wird auf eine Bestrafung des Mörders gewartet. Gleichzeitig sorgen die Drehbuchautoren Fran Walsh, Philippa Boyens und Peter Jackson auch immer wieder für heitere Momente, beispielsweise als Susan Sarandon als kettenrauchende Alkoholikerin die Familie unterstützen soll, aber mehr für Chaos sorgt. Peter Jackson gelingt es nicht immer, für ein Gleichgewicht zwischen diesen manchmal widersprüchlichen Emotionen zu sorgen.

Filmisch ist die Inszenierung zwar technisch nahezu perfekt, aber trotzdem nicht immer über alle Zweifel erhaben. Viel Dynamik wird dem Film durch eine rastlose Kamera verliehen. Die Szenen in der bunten Zwischenwelt sind je nach Empfindung berührend schön oder einfach nur weit jenseits von Kitsch. Die Reise ist gleichsam beklemmend wie tröstend. Die Beurteilung hängt vermutlich auch mit den eigenen Vorstellungen von einer Welt nach dem Tod zusammen – aber auch mit den ästhetischen Ansprüchen an visuelle Effekte. Die Möglichkeiten der Bildverfremdung werden wie auch schon in «The Imaginarium of Doctor Parnassus» teilweise stark überreizt. Ich störe mich weniger daran, dass hier eine Überzeugung illustriert wird, an die ich nicht glaube, sondern eher an den grellen Farben und den schrägen Grössenverhältnissen.

Mark Wahlberg in «The Lovely Bones»

Bleiben noch einige Bemerkungen zur Grundeinstellung des Films und die Momente, die ihn für mich beinahe zerstörten. «It was still back when people believed things like that didn’t happen,» ist ein Satz aus dem Roman von Alice Sebold, der auch in diesem Sinn im Film verwendet wird. Selbstverständlich ist dieser Gedanke eine Illusion, das Schlüsselwort «believed». Ich bezweifle sogar sehr stark, dass es jemals eine Zeit gab, in der die Menschen hauptsächlich an das gute im Menschen glaubten. Heute wird einfach durch die Medien die Aufmerksamkeit auf alle möglichen Perversionen und Abscheulichkeiten gelenkt. Die waren aber eben schon 1973 mehr als nur selten vorhanden. Ich bin mir nicht sicher, ob dieser Widerspruch aus dem Film hervorgeht. Etwas fragwürdig ist auch die tröstende Erklärung des Titels. Der Mord habe für «liebliche Knochen» gesorgt, die die Hinterbliebenen umgeben haben. Da knirsche ich ein wenig mit den Zähnen.

Dann sind Jackson bei der Inszenierung gegen Ende zwei unheimliche Schnitzer unterlaufen. Für gewöhnlich achte ich mich nicht sonderlich auf solche Unstimmigkeiten. Wenn sie aber so schmerzhaft offensichtlich sind wie hier, dann stören sie sogar mich. Da ist zunächst die eher nebensächliche Sache mit dem Gras, auf das eine Figur fällt. Als später die Polizei auftaucht, liegt Schnee auf dem Boden, der nicht besonders frisch aussieht. Soll dadurch angedeutet werden, dass die Polizei mehrere Tage benötigte, um auf die Meldung zu reagieren? Dann steht noch ein Tresor im Keller einer Figur, den er wenig später sehr mühevoll mit der Hilfe eines anderen Mannes entsorgt. Ich habe keine Ahnung, wie schwer der Tresor wirklich ist. Ich bin mir aber ganz sicher, dass mindestens zwei sehr starke Personen nötig gewesen wären, um ihn aus dem Haus zu transportieren.

Fazit: Durch alle diese Faktoren ist «The Lovely Bones» ein sehr zwiespältiger Film, der irritiert, verzaubert, aufwühlt oder gleich alle Gemütszustände zusammen auslöst.

Bewertung: 4 Sterne

(Bilder: © 2009 Paramount Pictures. All Rights Reserved.)

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