Forgiveness liberates the soul. It removes fear. That is why it is such a powerful weapon.
In «Gran Torino» spielte Clint Eastwood einen alten Mann, der seine Vorurteile abstreift und seinen eigenen Rassismus überwinden lernt. In «Invictus» erzählt der Regisseur nun, wie Südafrika unter der Führung von Nelson Mandela den Weg zur Vergebung fand. Der Altmeister legt damit ein nicht ganz makelloses, aber sehr berührendes Meisterwerk vor.
Am 11. Februar 1990 wurde Nelson Mandela nach 27 Jahren Haft aus dem Gefängnis entlassen. Von den schwarzen Einwohnern Südafrikas wurde er als Held gefeiert und verehrt, von den weissen Einwohnern als Terrorist gefürchtet und verabscheut. Am 27. April 1994 wurde Mandela an den ersten freien Wahlen nach der Abschaffung der Apartheid zum Präsidenten von Südafrika gewählt. Er setzte es sich zum Ziel, die immer noch getrennten und sich misstrauenden Bevölkerungsteile zu versöhnen. Dazu kamen ihm die 1995 in Südafrika ausgetragenen Rugby-Weltmeisterschaften gerade recht.
Die Nationalmannschaft, die Springboks, bestand mit einer Ausnahme ausschliesslich aus weissen Spielern, die zudem in den Farben und einem Symbol der Apartheid spielten. Die Identifikation dieses Teams mit der früheren Unterdrückung führte dazu, dass bei den Nationalspielen die schwarzen Besucher jeweils die Gastmannschaften anfeuerten. Doch für Mandela war klar, dass ein Triumph der Rugby-Spieler an den Weltmeisterschaften ein wichtiges Element auf dem Weg zu einer friedlichen Zusammenleben von weiss und schwarz sein kann. Aus diesem Grund suchte er auch Kontakt zu François Pienaar, dem Captain der Springboks.
Die beiden wichtigsten Protagonisten in «Invictus» werden von Morgan Freeman («The Shawshank Redemption») und Matt Damon («Gerry», «The Informant!») meisterhaft verkörpert. Doch das Drama ist viel mehr als nur eine Bühne für die beiden Ausnahmetalente. Wie schon in «Gran Torino» erzählt Regisseur Clint Eastwood hier eine Geschichte über die Kraft der Vergebung. Sein Mandela ist ein strahlendes Vorbild, nicht nur für Politiker, sondern für jeden Menschen. Immer wieder erinnert er seine Wegbegleiter, dass sie über ihre eigenen Gefühle hinwegsehen müssen, wenn sie eine fruchtbare Zukunft erreichen wollen.
Eindrücklich zeigt «Invictus», wie Sport als politisches Instrument eingesetzt werden kann. Obschon Mandela an einer Stelle betont, dass er nicht aus reiner politischer, sondern vor allem aus menschlicher Berechnung handle. Den Nationalstolz über die Erfolge der Rugby-Mannschaft verwandelte er geschickt in ein Gefühl der nationalen Einheit. Die zentrale Frage von Mandela lautet dabei: «How do we inspire ourselves to greatness when nothing else will do?» Durch viele kleine Episoden zeigt Eastwood in «Invictus», wie Mandela seinen Mitmenschen als Beispiel diente.
Was für ein Mensch der Präsident sei, fragt Peinaar einen weissen Leibwächter vor dem ersten treffen mit Mandela. Unter dem früheren Präsidenten De Klerk seien die Sicherheitsleute unsichtbar gewesen, meint der Leibwächter. Mandela habe sich hingegen daran erinnert, dass er gerne Toffees habe und hat ihm aus England eine Schachtel mitgebracht: «With him, no one is invisible.» Diese Botschaft wird dann auch bei den Spielen der Mannschaft deutlich, wenn etwa Peinaar erklärt, dass sie nicht nur die Unterstützung der 62’000 im Stadion anwesenden Menschen, sondern den Rückhalt aller 43 Millionen Südafrikaner gespürt haben.
Aber die Vorbildfunktion alleine reicht nicht immer aus. Daher suchte Mandela auch immer die richtigen Wörter, um seine Mitbürger wenn nötig durch seine Rhetorik zu überzeugen. So überzeugt er den nationalen Sportverband, das Symbol des Springboks nicht abzuschaffen, da sich dadurch höchstens die Spirale der Furcht noch schneller dreht. In «Invictus» steht ganz klar die inspirierende Aussage von der Überwindung von Hass und Rache im Zentrum. Die wurde von Eastwood sehr bewegend in zweckdienliche Szenen verpackt. Da wird ihm auch verziehen, dass er sich gegen Ende ein wenig in den (packend inszenierten) Rugby-Kämpfen verliert und die visuellen Effekte (Menschenmassen im Stadion, Flugzeuge) eher etwas dürftig ausgefallen sind.
Fazit: «Invictus» ist ein nachhaltig aufwühlendes Drama über die Unbesiegbarkeit der menschlichen Würde, das auch eine auflockernde Prise Humor enthält.
Bewertung:
(Bilder: © 2010 Warner Bros. Ent. All Rights Reserved.)
Der Titel des Films ist einem Gedicht von William Ernest Henley entlehnt, das mehrmals zitiert wird:
Out of the night that covers me,
Black as the pit from pole to pole,
I thank whatever gods may be
For my unconquerable soul.In the fell clutch of circumstance
I have not winced nor cried aloud.
Under the bludgeonings of chance
My head is bloody, but unbowed.Beyond this place of wrath and tears
Looms but the Horror of the shade,
And yet the menace of the years
Finds and shall find me unafraid.It matters not how strait the gate,
How charged with punishments the scroll,
I am the master of my fate:
I am the captain of my soul.
Sechs Sterne sind etwas zu grosszügig. Die Story ist toll und Freeman ist als Mandela eine Wucht, aber filmisch erreicht Eastwood nicht ganz das gewohnte Niveau. Wobei man natürlich anfügen muss, dass der grosse alte Mann die Messlatte inzwischen sehr, sehr hoch gehängt hat.
Bei manchen Filmen bin ich gerne grosszügig.
Ja, Großzügigigkeit hat der Film verdient. Es ist das Geheimnis wirklich großer Menschen, JEDEM das Gefühl zu geben, er habe ein Gegenüber. Das hat mich tief bewegt. Die Menschen mit gerichteter Aufmerksamkeit aus dieser Unsichtbarkeit raus zu holen ist eine Gabe sondergleichen. Wer immer je in Verlegenheit war, 100 oder mehr Leuten am Stück die Hand schütteln zu müssen und dabei ALLEN das Gefühl zu geben, sie seien tatsächlich gemeint, der weiss, dass das Normalos schier unmoeglich ist. Mandela konnte das ganz offensichtlich, und das hat der Film hervorragend transportiert.