You really believe in ghosts, don’t you?
Nur sehr wenige Filme, die im Rahmen des Neuchâtel International Fantastic Film Festival (NIFFF) zu sehen sind, würde ich vorbehaltlos meiner Mutter zeigen. Eine der seltenen Ausnahmen ist das vergnügliche irische Drama «The Eclipse» von Regisseur und Drehbuchautor Conor McPherson, das zwar auch einige ordentliche Schockmomente enthält, sich aber in erster Linie auf die entspannte und einfühlsame Zeichnung der Figuren konzentriert. Für mich die grösste und angenehmste Überraschung an der 10. Ausgabe des NIFFF.
In der idyllischen irischen Küstenstadt Cobh findet gerade ein Literaturfestival statt. Als freiwilliger Helfer ist daran auch der Lehrer Michael Farr (Ciarán Hinds) beteiligt, der seit dem Tod seiner Frau vor zwei Jahren alleinerziehender Vater eines 14-jährigen Mädchens und eines 11-jährigen Jungen ist. Seit einiger Zeit sieht er den Geister, darunter auch den seines noch nicht verstorbenen Schwiegervaters. Da trifft es sich gerade gut, dass die am Festival anwesende Schriftstellerin Lena Morelle (Iben Hjejle, «High Fidelity», «The Boss of It All») hauptsächlich Geistergeschichten schreibt.
Doch so richtig ins Gespräch kommen die Schriftstellerin und ihr Fahrer nur selten. Um die Aufmerksamkeit von Lena bemüht sich nämlich auch der aufdringliche Stargast Nicholas Holden (Aidan Quinn), der gerne damit kokettiert, dass seine Bücher mit Ralph Fiennes und anderen berühmten Schauspielern verfilmt werden. Der verheiratete Schriftsteller verbrachte vor einer Weile eine Liebesnacht mit Lena und bildet sich nun ein, dass sie füreinander bestimmt sind. Lena hat hingegen eine ganz andere Ansicht und lässt den eitlen Nicholas immer wieder abblitzen.
Mit viel Gespür für die Innenleben der Figuren und erfreulich wenig Rücksicht auf die üblichen Genregrenzen hat Conor McPherson die auf die Kurzgeschichte «Table Manners» von Billy Roche basierende Erzählung für die Leinwand adaptiert. Es wäre fast ein wenig übertrieben, «The Eclipse» als Geistergeschichte zu bezeichnen. Die Erscheinungen bilden zwar den Antriebsmotor für die Handlung, sind aber schon beinahe nebensächlich eingestreut. Dafür sind sie umso schockierender. Denn eigentlich ist «The Eclipse» ein geruhsamer Liebesfilm oder vielmehr eine gefühlvolle Charakterstudie.
Der leidende Familienvater steht im Zentrum der behutsamen Erzählung, die durch viele scharf beobachtete Details den auf ihm lastenden Druck spürbar macht. Der Sohn rebelliert ein wenig, die Tochter bemerkt leicht beunruhigt, wie der Vater durch das Leben belästigt wird. Meist sehr zurückhaltend werden diese Beobachtungen umgesetzt. Wenn der Sohn spätabends noch einen unerlaubten Ausflug zur Tankstelle macht, dann folgt zunächst zwar noch eine schmerzhafte Zurechtweisung der Tochter, doch anschliessend wird nicht mehr viel Lärm um diesen Vertrauensbruch gemacht. Das Leiden und die Ungewissheit ist stets im Gesicht des Vaters zu erkennen.
Ciarán Hinds sorgt für die lebensnahe und natürliche Verkörperung dieser Hauptfigur. In umgibt eine einnehmende, faszinierende Ausstrahlung. So ernsthaft die Beziehung innerhalb der Familie geschildert wird, so schalkhaft wird die Dreiecksgeschichte zwischen Michael, Lena und Nicholas erzählt. Besonders Adian Quinn schwelgt genüsslich in seiner Rolle des versnobten, eingebildeten und arroganten Schriftstellers, der sich seines rücksichtslosen Verhaltens gar nicht wirklich bewusst ist und dadurch trotz seiner Egozentrik ziemlich sympathisch wirkt. Die unkonventionelle und lockere Mischung dieser Elemente macht aus «The Eclipse» einen erfrischenden Film.
Bewertung:
(Bilder: © 2010 Magnolia Pictures. All Rights Reserved)