Do you leave the lights on after bedtime? Cause I get a little scared in the dark sometime.
Für seine zweite Regiearbeit nach «The Shawshank Redemption» verschlug es Frank Darabont schon wieder in ein Gefängnis. Wieder zu einem unschuldig Verurteilten. Wieder zu einer Geschichte von Stephen King. Damit sind die Ähnlichkeiten aber bereits mehr oder weniger erschöpft. Gemeinsam mit Tom Hanks als Gefängniswärter bewundert Darabont in «The Green Mile» die heilsamen Kräfte eines zum Tode verurteilten Häftlings.
«Green Mile» ist die Bezeichnung für den Todestrakt eines Gefängnisses in South Carolina. Der einfache Grund: der Gang auf dem die Verurteilten ihre letzten Schritte zurücklegen ist grün beschichtet. Leiter der Wachabteilung ist Paul Edgecomb (Tom Hanks, «Forrest Gump», «Angels & Demons»), der mit seinen Assistenten «Brutal» (David Morse), Dean (Barry Pepper) und Harry (Jeffrey DeMunn) darum bemüht ist, die Gefangenen respektvoll zu behandeln. Neben den Problemen mit dem menschenverachtenden Unteraufseher Percy (Doug Hutchison) quält ihn vor allem seine Prostata.
Da trifft ein besonderer Verbrecher im Zellblock ein, der über 2.20 Meter grosse John Coffey (Michael Clarke Duncan, «Armaggedon»), der trotz seiner Kraft und Grösse überaus friedfertig scheint. Als kurz darauf Paul von Coffey auf wundersame Weise von seinen Prostatabeschwerden befreit wird, beginnt er an der Schuld des kindhaften Hünen zu Zweifeln. Nach und nach beginnen auch Pauls Arbeitskollegen daran zu zweifeln, dass Coffey zwei junge Mädchen ermordet haben soll. Doch lässt sich am Urteil der Justiz etwas ändern? Wer einmal eine Zelle an der Green Mile bezogen hat, verlässt sie eigentlich nur noch über den Umweg über den elektrischen Stuhl.
Für seine zweite Regiearbeit konnte Regisseur und Drehbuchautor Frank Darabont wieder ein nicht nur namhaftes, sondern auch überzeugendes Ensemble zusammenstellen. In wichtigen Nebenrollen sind auch noch Sam Rockwell («Moon»), Harry Dean Stanton, James Cromwell («Surrogates»), Patricia Clarkson («Shutter Island»), Bonnie Hunt («Cars»), Michael Jeter und Graham Greene zu sehen. Allerdings stehen weniger die schauspielerischen Leistungen, als vielmehr die wundersame Handlung und Heilungen im Vordergrund. Obschon die Geschichte wie schon für «The Shawshank Redemption» wieder von Horrormeister Stephen King stammt, könnte das Wesen der Geschichte – abgesehen vom Schauplatz und von einer tüchtigen Prise Nostalgie – nicht unterschiedlicher sein. Drehte sich die Handlung in «The Shawshank Redemption» um die Widerstandskraft einer einzelnen Person, so konzentriert sich King im in mehreren Teilen erschienenen Fortsetzungsroman «The Green Mile» auf Übersinnliches.
Darabont und King rücken die Verurteilung der Todesstrafe nicht direkt in den Vordergrund (wie dies etwa Tim Robbins in «Dead Man Walking» tat). Stattdessen ergründen sie allgemeingültige Verhaltensmuster der menschlichen Natur. John Coffey spürt die gebündelte Kraft der menschlichen Niederträchtigkeit, die sich ihm in zahlreichen Schattierungen manifestiert. Seine Heilkräfte sind mit denen von Jesus Christus zu vergleichen. Die Initalen J.C. sind daher wohl kaum ein Zufall, und die Hinrichtung erweist sich dadurch als unausweichlich. Die Parallelen zum Leben von Jesus sind etwas gar banal. Trotzdem vermag der Film durch seine kraftvolle Erzählweise, die eindringlichen Schauspieler und die elegante Inszenierung zu fesseln.
Die wunderbar ausgeleuchtete Kameraarbeit von David Tattersall kommt auf der Blu-ray-Disc ebenso gut zur Geltung wie die anmutige Musik von Thomas Newman. Bild- und Tonqualität sind tadellos. Vorzüglich ist das Bonusmaterial, das erst einmal aus einem regulären Drehbericht (25 Minuten), zusätzlichen, ausführlicheren Beiträgen (102 Minuten) über einzelne Aspekte wie die Vorlage von King, die Ausstattung oder die Dressur der Mäuse, zwei entfallenen Szenen (3 Minuten) und Make-up-Tests für Tom Hanks und Michael Clarke Duncan besteht.
Dann ist da auch noch der Audiokommentar mit Frank Darabont. Er beweist sich auf dieser Tonspur nicht nur als enthusiastischer Geschichtenerzähler, sondern auch als kundiger Filmfan. Er unterhält mit technischen Details, Anekdoten, Telefonanrufen und vielen Verweisen auf andere Filme. Er beschreibt zwar auch ein wenig zu oft, ob es sich nun gerade um eine Aufnahme an einem echten Schauplatz oder in einer Kulisse handelt. Doch er berichtet auch, wie er bei Drehortbesichtigung für «The Shawshank Redemption» beim Aufenthalt im Gefängnis, das er später in «The Green Mile» verwendete, auf Regisseur John Frankenheimer getroffen ist und bezeichnet diese Begegnung als «my brush with greatness.» Entsteht zunächst der Eindruck, dass Darabont unheimlich gut vorbereitet ist, lüftet er später das Geheimnis, dass die Tonspur über mehrere Monate entstanden ist und einfach geschickt nachbearbeitet wurde.
Bewertung:
Bild-/Tonqualität (Blu-ray):
Bonusmaterial (Blu-ray):
(Bilder: © Warner Home Entertainment)
Telefonanrufe im Audiokommentar?! Hat er jemanden angerufen oder wurde er “überraschend” unterbrochen?
Hast du das Filmstöckchen so früh gestartet, dass du den Beitrag hier veröffentlichen konntest?
Da der Audiokommentar zusammengeschnitten wurde, hat Darabont die Telefonanrufe absichtlich geführt. Er erkundigte sich beispielsweise bei Cutter Richard Francis-Bruce über eine Szene mit seltsamer Zeitlupe.
Den Beitrag habe ich während dem Filmstöckchen verfasst.