You cannot doubt the existence of hell. You live in it. It is a place without love.
In seinem Debütfilm «Control» beschäftigte sich Regisseur Anton Corbijn mit einem Aussenseiter, der seinen Platz in der Gesellschaft nicht wirklich findet. Ein ähnliches Problem hat die Hauptfigur in seinem zweiten Spielfilm «The American», allerdings in einem ganz anderen Kontext. Der Amerikaner ist ein Auftragskiller und Waffenbauer, der sich zwar nach einer Beziehung sehnt, wegen seiner Arbeit aber an der Aufrichtigkeit seiner Kontakte zweifeln muss.
Nur kurz dauert das Glück von Jack (George Clooney, «Up in the Air») in seinem Liebesnest in Schweden. Nachdem seine Bettgefährtin Ingrid (Irina Björklund) zuschauen musste, wie er einen Mann erschiesst, jagt er auch ihr eine Kugel durch den Kopf. Jack flüchtet nach Rom, wo er von Pavel (Johan Leysen) einen Auftrag und einen Ratschlag erhält: «Don’t talk to anyone and above all, don’t make any friends, Jack. You used to know that.» Im abgelegenen Ort Castel del Monte in den Abruzzen macht sich an die Arbeit und bastelt ein Gewehr nach den Anforderungen von Mathilde (Thekla Reuten).
Zur Ruhe kommt Jack nicht wirklich. Einerseits sucht er Befriedigung bei der Prostituierten Clara (Violante Placido) und ist sich schon bald nicht mehr sicher, ob sich die beruflichen Treffen in eine intimere Beziehung entwickelt haben. Andererseits sucht Pfarrer Benedetto (Paolo Bonacelli) das Gespräch mit dem «Americano», obschon ihm dieser gleich beichtet: «I don’t think God’s very interested in me, Father.» Ausserdem hat Jack nach dem Vorfall in Schweden gute Gründe für ein wenig Paranoia. Mehr als eine Person versucht nämlich Jack aus dem Leben zu befördern.
«The American» ist ein Thriller über Auftragskiller, in dem auch tatsächlich ab und zu geschossen wird und sogar die eine oder andere Actionszene enthalten ist. Treffender ist der Film jedoch als Charakterstudie zu bezeichnen. Eindringlich wird das Gefühlsleben der Titelfigur seziert. Der Amerikaner leidet unter der Einsamkeit und sucht nach Erlösung. Die erhofft er sich weniger durch seine Unterhaltungen mit dem Pfarrer und einer Annäherung an Gott, als vielmehr durch die stark vermisste körperliche und emotionale Nähe einer anderen Person zu erlangen.
Anton Corbijn zelebriert geradezu die Isoliertheit seiner Hauptfigur. Regelmässig wird darauf hingewiesen, dass der Amerikaner ein Fremdkörper in der Gesellschaft ist, ob er nun in einer Bar sitzt, in der im Fernseher «C’era una volta il West» läuft (ein klassischer Western, der aber von einem italienischen Regisseur gedreht wurde), oder ihm ein Kellner unbedingt die englische Speisekarte aufdrängen will. Diese Ausgrenzung verstärkt zusätzlich die unertägliche Anspannung, die den Waffenbauer langsam erdrückt.
Das Drehbuch von Rowan Joffe, das auf den Roman «A Very Private Gentleman» von Martin Booth basiert, schildert ziemlich lakonisch die scheinbar aussichtlose Situation des Amerikaners, streut aber auch diverse amüsante Momente ein. Besonders die trockenen Kommentare des Pfarrers sorgen für heitere Ablenkung. Letztlich lebt der präzise Thriller aber vor allem vom allmählich immer intensiveren Spiel von George Clooney und von der stilvollen Kameraarbeit von Martin Ruhe, der die verwinkelten Gassen von Castel del Monte, die Landschaften in der Umgebung und die Schauspieler verlockend einfängt.
Fazit: «The American» ist ein meist sehr beschaulicher, dadurch aber keineswegs weniger packender Thriller.
Bewertung:
(Bilder: © Ascot Elite AG)