You’re not an asshole, Mark. You’re just trying so hard to be.
Kein anderes soziales Netzwerk ist von der Massenwirkung her auch nur annähernd so erfolgreich wie Facebook. Alleine in der Schweiz sollen 2,3 Millionen Personen ein Konto haben, weltweit seien 500 Millionen Nutzer registriert. Wie die Plattform für Freundschaften entstanden ist, schildern Regisseur David Fincher («The Curious Case of Benjamin Button», «Zodiac») und Drehbuchautor Aaron Sorkin («Charlie Wilson’s War») in «The Social Network». Das Meisterwerk ist witzig, mitreissend und erhellend.
Harvard 2003. Im Thirsty Scholar Pup führen Mark Zuckerberg (Jesse Eisenberg, «Zombieland») und seine Freundin Erica (Rooney Mara) ein Gespräch. Sie fordern sich gegenseitig durch parallel geführte Konversationen heraus. Doch irgendwann wird es Erica zu anstrengend: «Dating you is like dating a StairMaster.» Ausserdem fühlt sie sich beleidigt und beendet die Beziehung. Er solle sich nicht wundern, wenn er keine Freundin findet, erklärt sie ihm noch. Das liege nicht daran, dass er ein langweiliger Streber ist. Der Grund dafür sei, dass er ein Arschloch ist.
Zurück in seinem Studentenwohnheim schreibt sich Mark seinen Frust von der Seele und beginnt ein kleines Projekt. Auf Facemash vergleicht er je zwei Fotos von Mitstudentinnen miteinander und fordert seine Kollegen auf, die attraktivere auszuwählen. In der gleichen Nacht wird die Seite so haufig besucht, dass das Computer-Netzwerk von Harvard zusammenbricht. Wenig später wird Mark von Cameron Winklevoss (Armie Hammer), Tyler Winklevoss (Josh Pence) und Divya Narendra (Max Minghella) aufgefordert, für sie eine Plattform für ein soziales Netzwerk für Mitstudenten zu programmieren. Doch stattdessen treibt Mark mit finanzieller Unterstützung von seinem Freund Eduardo Saverin (Andrew Garfield, «The Imaginarium of Doctor Parnassus») ein eigenes Projekt voran: Thefacebook.
Basierend auf das Buch «The Accidental Billionaires» von Ben Mezrich schildert Drehbuchautor Aaron Sorkin einerseits, wie Mark Zuckerberg in den nachfolgenden Jahren die Plattform aufgebaut und entwickelt hat, und andererseits, wie er sich mit den Zwillingen Vinklevoss, Narendra und Saverin in den Verhandlungszimmern von Anwälten um die Rechte an dieser Erfindung gestritten hat. Eine weitere wichtige Figur in diesem Konflikt ist auch der von Justin Timberlake gespielte Sean Parker. Der Entwickler von Napster diente Zuckerberg als Berater. Er soll angeblich vorgeschlagen, dass «The» wegzulassen, sorgte aber auch für Missstimmung zwischen den Geschäftspartnern Zuckerberg und Saverin.
Inwiefern die in «The Social Network» gezeigten Ereignisse der Wirklichkeit entsprechen, sei dahingestellt. Die Eckpunkte sind auf jeden Fall verbürgt. Aber Sorkin und Regissuer David Fincher zeigen nicht eine möglichst exakte historische Studie einer Firmenentstehung, sondern liefern vielmehr eine aufschlussreiche Charakterstudie ab, die gleichzeitig einen tüchtige Portion Zeitgeist einfängt. Frei interpretiert sind teilweise sicher die Charaktereigenschaften der Hauptfiguren. Zuckerberg mag zwar – wie er einmal beschimpft wird – ein «pretentious douchebag» (ein überheblicher Trottel) sein, aber seine Figur ist auch ein Sinnbild für eine Gesellschaft mit Drang nach Nähe durch Statusmeldungen, Beziehungsstatus und Aktivitäten und gleichzeitig Distanz durch eine trotz aller Offenheit ziemlich anonyme Schnittstelle.
«The Social Network» vermischt alle Elemente um die Entstehung von Facebook auf packende Weise und entblösst auch ein wenig das menschliche Verlangen nach Anerkennung. Zuckerberg wird zwar als überheblich, arrogant und herablassend gezeichnet, aber irgendwie ist seine Überzeugung und die daraus resultierende kompromisslose Vorgehensweise auch faszinierend. Bedeutend negativer fällt das Bild von den aufgeblasenen Zwillingen Vinklevoss aus, die in einer köstlichen Szene beim Dekan von Harvard regelrecht demontiert werden. Obschon sich der Film primär um Ideen und Unterhaltungen dreht, gelingt es Fincher und seinem Kameramann Jeff Cronenweth das Werk auch visuell reizvoll zu gestalten. Ein besonderer Leckerbissen ist in dieser Hinsicht die Inszenierung der Henley Royal Regatta, in der die Brüder Vinklevoss im Achter von Harvard gegen des hölländische Team verlieren.
Fazit: «The Social Network» ist eine schwungvolle, ebenso aufschlussreiche wie vergnügliche Studie über die Entstehung von Facebook.
Bewertung:
(Bilder: © 2010 Sony Pictures Releasing GmbH)