For who could ever learn to love a beast?
Nach einer langen Flaute gelang den Walt Disney Studios Ende der 1980er-Jahre unter der Leitung von Jeffrey Katzenberg die fulminante Wiederbelebung der eigenen Animationsabteilung. Erste Höhepunkte konnten mit «Who Framed Roger Rabbit» und «The Little Mermaid» gefeiert werden. Aufsehen erregte dann aber vor allem 1991 das Märchen «Beauty and the Beast», das als erster Animationsfilm überhaupt eine Oscar-Nomination in der Kategorie «Best Film» erhielt.
In der Version von Drehbuchautorin Linda Woolverton («Alice in Wonderland») und den Regisseuren Gary Trousdale und Kirk Wise ist das Biest aus «Beauty and the Beast» ein verwöhnter, eigensinniger Prinz, der eines Nachts eine schutzsuchende alte Frau abweist. Die gibt sich als wunderschöne Zauberin zu erkennen, die den Prinzen als Strafe in ein hässliches Monster und alle Schlossbewohner in Möbel und andere Gegenstände verwandelt. Wenn es dem Prinzen bis zu seinem 21. Geburtstag gelingt, eine Frau zu lieben und dadurch ihre Liebe zu gewinnen, wird er seine ursprüngliche Gestalt zurückerlangen. Doch wer verliebt sich schon in ein Biest?
Schnitt auf ein kleines Haus am Rande eines idyllischen Dorfs. Die bezaubernde Belle (Stimme von Paige O’Hara) macht sich auf den Weg zum Buchhändler, wo sie ihre Leidenschaft nach romantischen Geschichten stillen kann. Sie träumt von einem Märchenprinzen und mehr als einem provinziellen Leben. Auf sie abgesehen hat es hingegen der ruppige und eingebildete Dorfschönling Gaston (Richard White), der jedoch überhaupt nicht ihrer Vorstellung von einem Partner entspricht. Da macht sich der Vater von Belle, ein leicht zerstreuter Erfinder, auf den Weg in die Stadt, um seine neuesten Entwicklungen vorzustellen. Doch im Wald verirrt er sich und rettet sich vor Wölfen ins Schloss des Biests.
Das Biest wirft den unerwünschten Eindringling in ein dunkles Verlies. Nachdem das Pferd des Vaters wieder im Dorf auftaucht, macht sich Belle auf die Suche nach ihrem Vater. Schliesslich findet sie ihn im verwunschenen Schloss. Als sich ihr das Biest in den Weg stellt, bietet sich Belle als Ersatz für den geschwächten Vater an. Das Biest geht auf den Handel ein. Darüber freuen sich besonders der Staubwedel Kerzenleuchter Lumiere (Jerry Orbach), die Standuhr Cogsworth (David Ogden Stiers) und der Teetopf Mrs. Potts (Angela Lansbury), die bereits an die Erlösung vom Zauber denken. Doch wie soll das Biest mit seinen mangelhaften Manieren bloss die Zuneigung des hübschen jungen Frau erlangen?
Die Filmemacher erzählen die Geschichte vom Prinzen, der in ein hässliches Monster verwandelt wurde, und der hübschen Belle, die ihn erlösen kann, als romantisches Musical mit reichlich Humor. Die Animation der Figuren ist relativ einfach gestaltet, aber dennoch bezaubernd. Manche Szenen sind zwar durch die Farbgebung ein wenig gar kitschig, doch zwischendurch lassen die Zeichner durch einfühlsame und stimmungsvolle Schattenspiele das Erbe von Disney erkennen, und sie können durch die eindrucksvollen Hintergründe ihre wahre Meisterschaft in der Gestaltung von Bildkompositionen beweisen.
Überragend sind vor allem die Lieder von Texter Howard Ashman und Komponist Alan Menken. Durch die verspielten Melodien wird schwungvoll die Geschichte vorangetrieben und die Texte formulieren treffend die Emotionen zwischen den Figuren und ihre Wünsche. Die Gesangseinlagen bieten auch eine ideale Plattform für einige visuell äusserst opulente Inszenierungen, sei es nun eine dynamische Parade von kulinarischen Köstlichkeiten im Stil der Musical-Choreografien von Busby Berkeley («Be Our Guest») oder der zentrale Tanz über das Parkett im glanzvollen Ballsaal («Beauty and the Beast»).
Nachdem in den letzten 15 Jahren die bedeutend vielschichtigeren und überraschenderen Animationsfilme aus den Pixar Studios («WALL•E», «Up», «Monsters, Inc.») die Wahrnehmung geprägt haben, wirken die Erzählung und die Figuren in «Beauty and the Beast» aus heutiger Perspektive etwas gar simpel. Aber einerseits sorgt eben die Musik dafür, dass die zwischendurch ziemlich naiv geschilderte Handlung mit den manchmal etwas gar einfältigen Scherzen trotzdem eine äusserst sympathische Wirkung entfaltet. Andererseits strahlt der Film durch die einfache Struktur der Geschichte und die leicht nachvollziehbaren Emotionen eine reizvolle, unvergängliche Unschuld aus.
Auf der umfangreich ausgestatteten Blu-ray-Disc ist der Film in erster Linie in zwei Versionen vorhanden. Zunächst ist natürlich die Kinofassung vorhanden, dann aber auch noch eine verlängerte Version, in der das von den verzauberten Gegenständen im Schloss gesungene Lied «Human Again» eingefügt ist. Zusätzlich ist auch die im September 1991 am New York Film Festival gezeigte Rohfassung vorhanden, allerdings nur in einer völlig unbrauchbaren Form. Wurde diese Rohfassung auf der amerikanischen «Platinum Edition»-DVD von 2002 vorbildlich im Vollbildmodus präsentiert, lässt sie sich auf der Blu-ray-Disc nur im Bild-in-Bild-Modus betrachten, so dass selbst bei einem grossen Bildschirm oder einer Leinwand nur wenig davon zu erkennen ist. Diese Verunstaltung ist einer «Diamond Edition» unwürdig.
Umfangreiche Informationen zur Entstehung von «Beauty and the Beast» bietet die neue Dokumentation «Beyond Beauty», in der die beteiligten Personen einen Blick zurück auf die Produktion und die turbulente Phase in den 80er-Jahren werfen, als die Zeichenabteilung vom Studiogelände verbannt wurde. Dieser Beitrag kann bei der Betrachtung an bestimmten Stellen durch zusätzliche kurze Ergänzungen ausgebaut werden.
Bewertung:
Bild-/Tonqualität (Blu-ray):
Bonusmaterial (Blu-ray):
(Bilder: © Walt Disney Studios Home Entertainment)
guter artikel, doch lumiere ist kein staubwedel, sondern ein kerzenleuchter, der dem stubenmädchen (dem staubwedel) nachstellt. lumiere, auf englisch das licht, ist nebenbei eine hommage an die gebrüder lumiere, pioniere der farbfotografie und auch des kinos. das ganze würde als staubwedel nicht viel sinn ergeben :p