Der erste Schweizer Film auf Blu-ray-Disc ist…? Jawohl, der Überflieger der letzten Jahre, die Komödie «Die Herbstzeitlosen». Im Kino hat sie knapp 600’000 Besucher anlocken können, im Fernsehen haben sie sich noch viel mehr Personen angesehen. Da frage ich mich ehrlich gesagt, wer sich auch noch die Blu-ray-Disc kauft?
Ganz nach dem Motto «Das Publikum hat immer recht» von Roger Crotti sollte ich natürlich zu einer Lobeshymne auf den Schweizer Publikumshit anstimmen. Mache ich aber nicht. Auch bei der zweiten Betrachtung wirkt die Geschichte extrem bieder erzählt, teilweise extrem steif inszeniert und die Nachsynchronisation von einigen Szenen ist geradezu unbeschreiblich schlecht. Dennoch hat die Komödie auch ihre rührenden Momente. Vor allem die vier Hauptdarstellerinnen vermögen zu überzeugen.
Nach dem Tod von ihrem Mann möchte Martha (Stephanie Glaser) wieder etwas mit ihrem Leben anfangen und eröffnet kurzerhand, nach Ermunterung durch eine ihrer Freundinnen, eine Lingerie-Boutique mit selbstgefertigten Modellen. Das Dorf ist entsetzt, allen voran der Präsident der lokalen Land- und Leute-Partei. Auch der Dorfpfarrer (Hanspeter Müller-Drossaart), der Sohn von Martha, kann seine Mutter nicht mehr verstehen. Langsam werden aber einige Geheimnisse aufgedeckt, die das Dorf noch mehr durcheinander bringen.
In der Landkomödie werden Klischees vom Dorfleben bemüht, die immer leicht widersprüchlich wirken. «Die Herbstzeitlosen» verliert sich manchmal in den zahlreichen Nebenhandlungen und die vielen gutgemeinten Botschaften sind teilweise wenig konsequent umgesetzt. So ist es eher merkwürdig, dass am Schluss die Dorfjugend in der Unterwäsche über die Dorfbühne stolziert und nicht die aufmüpfig alternden Herbstzeitlosen ihre seidig verhüllten Vorzüge präsentieren dürfen. Dennoch versprüht die Komödie einen herben Charme und versteht es, die Sensibiltäten von Land und Stadt zu befriedigen.
Die Produktion des Schweizer Fernsehens kann für die DVD und Blu-ray-Disc von zahlreichen Sendungen des Nationalsenders profitieren. «Glanz & Gloria» betrachtete die Dreharbeiten in Bern, die «Tagesschau» berichtete von der Verleihung des Ehren-Leoparden an Glaser in Locarno, «Schweiz aktuell» porträtiert Karl Rechsteiner von der Stubemusig Rechsteiner und aus «Quer» stammt ein Interview mit Glaser. Ein paar verpatzte Szenen sind auch noch enthalten, zudem unterhalten sich auf der DVD Glaser und Regisseurin Bettina Oberli auf dem Audiokommentar sehr sympathisch über die Dreharbeiten. Oberli weist dabei ehrlich auf die Nachteile einer Fernsehproduktion hin und auch auf manche unvermeidbare Fehler.
Wer sich ausgiebig mit den Pressereaktionen auseinandersetzen möchte, kann durch das 174 Seiten lange PDF-Dokument blättern, in das sich irgendwie auch Beiträge zu «Love Made Easy» und «Steinschlag» eingeschlichen haben. Trotzdem wird wohl jede Frage über Glaser und Oberli beantwortet. Neben viel Lob tauchen auch Beschreibungen wie «bieder», «angestaubt», «fast schon seicht», «etwas biederen Ästhetik und dem doch berechenbaren Drehbuch» oder auch folgender Satz auf: «Ein wenig schade ist dass ‘Die Herbstzeitlosen’ ursprünglich bloss fürs Fernsehen gedacht auf der kinematografischen Ebene etwas hinkt». Dem muss nichts mehr zugefügt werden.
Film:
Bild-/Tonqualität (Blu-ray-Disc/DVD):
Bonusmaterial (Blu-ray-Disc/DVD):