You must pay for everything in this world, one way and another. There is nothing free except the grace of God.
Einen erstklassigen Neo-Western haben die Brüder Joel Coen und Ethan Coen bereits mit «No Country for Old Men» abgeliefert. Die packende Umsetzung von «True Grit» ist ihr erster lupenreiner Western. Im Gegensatz zur Version mit John Wayne bleiben die Coens der Vorlage von Charles Portis bis zum nüchternen Ende treu, obschon sie zwischendurch die Handlung ein wenig abgeändert haben.
Mattie Ross (Hailee Steinfeld) ist erst 14 Jahre alt, als ihr Vater in Fort Smith von Tom Chaney (Josh Brolin, «No Country for Old Men», «American Gangster») erschossen wird. Der feige Mörder flieht, ohne verfolgt zu werden. Das lässt sich Mattie nicht gefallen. Sie erkundigt sich in Fort Smith nach dem tüchtigsten Marshall und erfährt das Rooster Cogburn (Jeff Bridges, «Tron: Legacy») der draufgängerischste Verbrecherjäger sei. Obschon die fromme Cumberland-Presbyterianerin nicht gerade von der Lebensweise des Vieltrinkers Cogburn begeistert ist, heuert sie ihn für 100 Dollar an, um im Indianerreservat den Mörder ihres Vaters zu finden, der sich dort der Bande von «Lucky» Ned Pepper (Barry Pepper, «The Green Mile») angeschlossen haben soll.
Derweil ist der Texas Ranger LaBoeuf (Matt Damon, «The Informant!», «Invictus») in Fort Smith aufgetaucht. Er ist ebenfalls auf der Jagd nach Tom Chaney, auf dessen Festnahme in Texas wegen der Ermordung eines Gouverneurs eine hohe Belohnung von insgesamt 2000 Dollar ausgeschrieben wurde. Während sich Cogburn über zusätzliche Einnahmen und teilweise auch über die Unterstützung eines Gesetzeshüters aus Texas freut, kann sich Mattie überhaupt nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass der Mörder ihres Vaters in einem anderen Staat für ein anderes Verbrechen verurteilt werden könnte. Trotz unterschiedlichen Auffassungen machen sich die drei ungleichen Personen auf die Verfolgung von Tom Chaney.
Bleibt das ungewöhnliche Trio in der Vorlage von Charles Portis die ganze Zeit zusammen, schicken die Regisseure und Drehbuchautoren Joel Coen und Ethan Coen die Gefährten zwischendurch auf getrennte Wege. Ausserdem kürzen sie die Geschichte auf die wichtigsten Stationen zusammen und fügen eine bizarre Begegnung mit einem Arzt ein. Ansonsten ist ihre Verfilmung aber von der Stimmung her noch viel näher am Roman als die Version von Henry Hathaway und ist vor allem ganz dem Titel entsprechend so körnig und zäh wie die unnachgiebigen Hauptfiguren. Dazu tragen auch die Bilder von Kameramann Roger Deakins («Kundun», «The Shawshank Redemption») bei, der vorzüglich das frostige Klima und die karge Landschaft einfangen hat, die trotz ihrer Weite das Gefühl von einer gewissen Einengung vermittelt.
Die Dialoge sind weitgehend unverändert aus dem grossartigen Roman übernommen. An den Anfang stellen die Coen-Brüder das von Mattie verwendete Bibelzitat «The wicked flee when none pursueth» aus Proverbs 28:1 und geben damit gleich einmal den Ton an. Deutlich arbeiten die Coens zudem den Unterschied zwischen den Figuren heraus, auf der einen Seite das fromme und klug verhandelnde Mädchen, das ihre Taten ganz in den Dienst der Rache oder aus ihrer Sicht des gerechten Urteils stellt, auf der anderen Seite die beiden Gesetzeshüter, die für ihren Einsatz eine weltliche Entlöhnung verlangen. Am Ende kehrt dann doch noch ein wenig die Melancholie nach vergangenen Zeiten ein, als Mattie – sich an LaBoeuf erinnernd – zum Schluss kommt: «Time just gets away from us.»
Ist das auffallendste Element an vielen bisherigen Filmen von Joel und Ethan Coen der schonungslos makabere Humor, so halten sie sich in «True Grit» angesichts der bereits in der Vorlage vorgegebenen Gewalt schon fast ein wenig zurück. In dieser Hinsicht ist einzig die Szene nach einem relativ unblutig inszenierten Schusswechsel mit der Bande von Pepper auffällig, in der der hübsche LaBoeuf im Gesicht ein wenig malträtiert wurde. Cogburn macht sich anschliessend einen Spass daraus, das beschädigte Gebiss von LaBoeuf zu gründlich inspizieren und unterbreitet ihm den Vorschlag, die angebissene Zunge abzutrennen. Dagegen protestiert LaBoeuf allerdings heftig. Sonstiger auflockernder Humor ist dezent eingestreut und wird hauptsächlich durch das Verhalten der Figuren generiert, etwa den seltsamen Sprechrhythmus des Arztes, das ruppige Auftreten von Cogburn oder das geckenhafte Auftreten von LaBoeuf.
Fazit: «True Grit» ist ein stimmungsvoller Western, eine nachdenklich stimmende Parabel über den Drang nach Rache.
Bewertung:
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